Geisenfeld
Etwas Schutz ist besser als gar keiner

Wie Brigitte Schmelzer und Denise Helfer haben sich etliche Frauen ans Nähen von Schutzmasken gemacht

26.03.2020 | Stand 02.12.2020, 11:39 Uhr
Aus kochfesten Stoffresten näht die Ernsgadenerin Brigitte Schmelzer solche Schutzmasken. −Foto: Huber

Geisenfeld/Ernsgaden - "So viel Hilfsbereitschaft habe ich noch nie erlebt.

 

" - Brigitte Schmelzer ist überwältigt von der Unterstützung, die sie derzeit erfährt. Die Ernsgadenerin gehört zu jenen, die die auferlegte Ausgangsbeschränkung zum Nähen von Schutzmasken nutzt. Inzwischen haben sich sechs weitere Frauen ans Werk gemacht und auch in Geisenfeld greift eine junge Mutter zu Nadel und Faden.

Schmelzer ist im Internet auf das Thema gestoßen. "Hebammen, Pflegedienste und Privatpersonen beklagen da den Mangel an Masken", so die 63-Jährige. Sie habe zunächst einfach mal experimentiert, ob sie so einen Mundschutz hinbekommt. Der "Prototyp" sei dann gar nicht so schlecht ausgefallen, und so habe sie die ersten vier Stück auf dem Spendenflohmarkt für "Notfellchen" versteigert. Der Erlös von sage und schreibe 30 Euro floss an die Nothilfe für Hundebesitzer.

Ermutigt von einer Bekannten, die in der Pflege arbeitet, vertieft sie sich zusammen mit einer Freundin in die Thematik, sucht nach geeigneten Schnittmustern und Stoffen. Und legt los. Entsetzt ist die Ernsgadenerin jedoch dann, als sie für ihre Bemühungen auf einer Plattform für Nachhaltigkeit einen regelrechten "Shitstorm" erntet - weil "die Dinger" doch angeblich eh nichts helfen. "Warum rufen dann Hilfskräfte so verzweifelt danach? ", fragt sich die aufgrund einer Vorerkrankung selbst zur Risikogruppe zählende Hausfrau, die sich nicht entmutigen lässt. Sie informiert sich und entwickelt auf der Basis von fachkundigen Ratschlägen zwei "Modelle" - beide jeweils mit je einer Tasche, in der ein zusätzlicher Filter eingebaut werden kann. Die können - da unterscheiden sich laut Schmelzer die Ärzte in ihrer Auffassung - "entweder mit einem Stück Kaffeefilterpapier, Zellstoff oder sonstigem Material gefüllt werden".

Ein Aufruf auf Facebook (Stichwort: "Corona Bürgerhilfe Ernsgaden") mit der Bitte um Materialspenden (kochfester Stoff, Hosengummi, Nähgarn und Ähnliches) "hat so eingeschlagen, dass ich direkt fassungslos bin", meint Schmelzer begeistert. "Stündlich war der Wäschekorb, den ich an den Gartenzaun gestellt habe, übervoll. " Und das nicht nur mit Material. Auch Bonbons, liebe Worte und der Wunsch um Gottes Segen waren dabei.

Als sie die Idee postete, Metallschablonen wären für den Dauergebrauch sinnvoller als solche aus Pappe, "war fünf Minuten später die Zusage von Unterstützern da, die aus Metallresten in der Garage welche fabrizieren wollten". Einen Tag später lagen die Schablonen vor. "Das ist einfach überwältigend, ich danke allen, die uns so toll unterstützen", meint Schmelzer.

Denise Helfer aus Nötting ist eine weitere ehrenamtliche Näherin. Angesichts einer Krisensituation, "die uns wohl alle durch das Gefühl der Hilflosigkeit und des Kontrollverlustes belastet", habe sie nach einer sinnvollen Aufgabe gesucht, um sich aus der depressiven Stimmung zu befreien. Im Internet stieß sie unter www. snaply. de auf eine Zusammenstellung von Schnittmustern für Mundschutz-Masken. "Auf der Seite findet sich auch eine Liste von Kliniken, an die man die Masken schicken kann", ergänzt sie. Viele weitere Plattformen bieten inzwischen ähnliche Tipps auch zur Art des zu verwendenden Materials (kochfest) und allgemeinen Hinweisen (von der Händedesinfektion bis zum Bügeln der Masken vorm Versand).

Die 31-Jährige hat jedoch zunächst zwanzig Exemplare im Gemeindebereich verteilt - an Personen, "die sonst ganz hinten anstehen bei der Verteilung". Darunter eine Mutter, deren Sohn herzkrank ist, sowie ein akut an Borreliose erkrankter Bekannter. Wie sie gibt es viele Menschen, die sich beim Einkauf vor einer Ansteckung fürchten und den zusätzlichen Schutz begrüßen. "Wer ein Exemplar braucht, kann sich über die Facebook-Gruppe ,Nachbarschaftliche Hilfe Geisenfeld' bei mir melden", so die zweifache Mutter.

Nicht nur im Landkreis gibt es solche ehrenamtlichen Näherinnen, die allesamt zum Nachahmen aufrufen. Und sie entgegnen Zweiflern mit diesen oder ähnlichen Worten: "Selbst wenn die Masken keinen hundertprozentigen Schutz garantieren und keine Spezialfilter enthalten, so schaden sie doch niemandem und sind sicher besser als überhaupt kein Schutz. " Alleine schon dadurch, dass man sich so nicht mehr unbedacht an Mund und Nase fassen kann. Und natürlich sollten die Masken nicht dazu verleiten, den empfohlenen Sicherheitsabstand zu reduzieren. Aber die Masken bieten noch einen kleinen psychologischen Nebeneffekt: Wenn Eltern und kleine Kinder sie spielerisch immer wieder mal zu Hause aufsetzen, können sie dem Nachwuchs die Angst vor maskierten Ärzten und Pflegekräften nehmen und so im Ernstfall panischen Reaktionen vorbeugen helfen.

GZ