Pfaffenhofen
Die Politik in Zeiten der Pandemie

Kommunen im Landkreis Pfaffenhofen handhaben ihre Sitzungen während der Coronakrise völlig unterschiedlich

13.01.2021 | Stand 17.01.2021, 3:33 Uhr
Maskenpflicht und Abstand heißt es auch im Pfaffenhofener Kreistag. −Foto: Straßer, Archiv

Pfaffenhofen - Kein Shopping, kein Essengehen, kein Kino, kein Hobby. Der Lockdown legt das gesellschaftliche Leben lahm, nur das Arbeiten ist weiterhin erlaubt und Politiker dürfen sich zu ihren Sitzungen treffen. Davon machen viele Gemeinden auch in den aktuellen Wochen voller Einschränkungen Gebrauch. So mancher Bürgermeister sieht das aber auch kritisch und versucht diese Treffen zu minimieren.

In einem Schreiben des Innenministeriums an die Kommunen heißt es, dass die Gemeinde-, Kreis oder Stadträte als Teil der staatlichen Exekutive grundsätzlich weiter tagen dürfen. Während es beispielsweise in Baden-Württemberg mittlerweile die Möglichkeit gibt, Gemeinderats- und Kreistagssitzungen auch per Videokonferenz abzuhalten, sind in Bayern virtuelle Sitzungen mit dem Sitzungszwang und dem Grundsatz der Sitzungsöffentlichkeit unvereinbar. Angeraten vom Innenministerium wird unter anderem die Bildung eines Ferienausschusses, um bei steigenden Infektionszahlen gegensteuern zu können.

Derartige Überlegungen spielen in einigen kleineren Gemeinden aktuell noch keine Rolle. Gerade einmal zwei Tagesordnungspunkte stehen neben Formalitäten wie der Genehmigung der Niederschrift auf der Sitzung des Gemeinderats Hettenshausen vom 18. Januar. Darunter: Ein Startgespräch zur Dorfmitte Hettenshausen und die siebte Änderung eines Flächennutzungsplans. "Auch wenn das nicht total dringlich ist, es ist durchaus richtig und wichtig", sagt Bürgermeister Wolfgang Hagl von der Unabhängigen Wählergemeinschaft (UWG). "Man muss die Dinge aufs Gleis stellen." Würde man nun alles verschieben, hätte man im Mai Sitzungen, die fünf bis sechs Stunden dauerten. "Wir wollen schließlich auch diskutieren", so Hagl, das sei ja der Sinn eines Gemeinderats. Zumal die Sitzungen unter Wahrung des Abstands und mit Masken "sicherer als in jedem Supermarkt" seien.

In Pörnbach werden die Sitzungen auch zu Coronazeiten im üblichen Turnus abgehalten, so Bürgermeister Helmut Bergwinkel von der Fortschrittlichen Unabhängigen Wählergemeinschaft (FUW). Allerdings: "Wenn es keine Tagesordnungspunkte gebe, die dringlich sind, würden wir die Sitzung verschieben." Auf der Sitzung in der Turnhalle am 12. Januar wurde beispielsweise das Gewerbegebiet Einzelhandel behandelt. "Da geht es um Fristen, alle Verträge im Hintergrund haben bestimmte Fristen." Würde man das jetzt beispielsweise in den Frühsommer schieben, "wäre das ungut". Bei den Bauanträgen gehe es um die Genehmigungsfiktion. Die besagt, dass ein Bauantrag automatisch als genehmigt gilt, wenn nach einer Frist von drei Monaten - so steht es im Verwaltungsverfahrensgesetz - nichts beschlossen wurde. "Letztlich kommt es zum Stillstand, wenn wir nichts weiter bearbeiten."

Zu den Sitzungen dürfen außerdem zehn bis 15 Zuschauer nach Anmeldung kommen, "diese Grenze wurde aber bisher nicht erreicht". Ein Videostream statt der persönlichen Präsenz der Bürger hält Bergwinkel für keine Alternative: "Da müsste erstmal wegen dem Datenschutz der gesamte Gemeinderat zustimmen." Und dann müsste das auch noch entsprechend umgesetzt werden.

Zuschauer sind auch in Ilmmünster erlaubt, kommuniziert habe man da im Vorfeld nichts, sagt Bürgermeister Georg Ott (CSU). "Wenn zu viele gekommen wären, hätten wir aber interveniert." Platz sei in der Turnhalle genug, und bisher seien auch nur drei bis fünf Zuschauer gekommen. Generell sei die Abhaltung von Sitzungen natürlich "ein Spagat", so Ott. "Wir halten die Tagesordnung schmal, sodass wir nicht zu lange zusammenkommen müssen." Auf besagter Tagesordnung steht zum Beispiel auch der Antrag zur Aufstockung eines Dachstuhls sowie einer Dachgaube. Das erscheine auf den ersten Blick vielleicht nicht so relevant, so Ott, "doch die Bürger haben daran ein großes Interesse". Es gehe ihm auch ganz grundsätzlich darum zu zeigen: "Wir funktionieren als Gemeinde auch während der Pandemie."

Als Sprachrohr der Bürgermeister im Landkreis würde sich Martin Schmid (SPD) angesichts der gegenwärtigen Situation eine genaue Abwägung wünschen, ob eine Sitzung wirklich nötig sei oder nicht. "Ich will mich in die Angelegenheiten meiner Kollegen aber auch nicht einmischen. Das ist deren Sache", sagt der Vohburger. Er persönlich hat sich angesichts des Lockdowns dazu entschlossen, zunächst einmal die Bürgerversammlung abzusagen. "Sowas passt nicht in die Zeit", erklärt er. Die erste Vohburger Sitzung dieses Jahres findet nächste Woche statt - und zwar so knapp wie möglich. "Dazu treffe ich so viele Vergaben wie möglich per Eilentscheid", erklärt Schmid. Einige Bauanträge und unaufschiebbare Beschlüsse müsse das Gremium dennoch behandeln. "Wir haben alles gut vorbesprochen, sodass wir in einer halben Stunde mit allem durch sein sollten", hofft Schmid. Angesichts großer Abstände zwischen den einzelnen Räten und regelmäßigem Lüften sei das in seinen Augen noch vertretbar.

Der Landkreis Pfaffenhofen geht restriktiver vor. Der Kreistag wäre ohnehin erst am 8. Februar zusammengetreten. "Und diese Sitzung haben wir jetzt schon ersatzlos gestrichen", lässt Landrat Albert Gürtner (FW) über seinen Sprecher Christian Degen mitteilen. Bereits am 25. Januar tritt dafür eine Neuerung in Kraft, die das oberste Kreisgremium in der Jahresabschlusssitzung in die Wege geleitet hat: Der erheblich kleinere Kreisausschuss tritt dann als sogenannter Ferienausschuss an die Stelle des 60-köpfigen Kreistags, um unaufschiebbare Beschlüsse zu fällen. Unter anderem geht es dabei um den Neubau einer Regionalküche für den gesamten südlichen Landkreis. "Da die Kosten dafür bei rund 12 Millionen Euro liegen könnten, ist das eine Entscheidung von Tragweite", sagt Degen - und diese könne nicht ewig aufgeschoben werden.

Einer, der schon Erfahrungen mit einem Ferienausschuss gemacht hat, ist Reichertshofens Bürgermeister Michael Franken von der Jungen Wähler Union (JWU). Im Frühjahrslockdown nahmen anstatt 21 Personen somit nur noch neun Räte an den Sitzungen teil. Doch anstatt diese Praxis fortzuführen, schwenkt Franken jetzt sogar um. "Wir tagen jetzt in der Turnhalle, halten die Abstände super ein, lüften und tragen Masken - da braucht es das nicht mehr", meint er. Zudem seien alle Tagesordnungspunkte der Sitzung am 19. Januar per Videokonferenz ausgiebig vorbesprochen worden. "Wir sollten das also ganz schnell haben." Sein sehnlicher Appell an die Räte, sich mit politischen Statements zurückzuhalten und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, könnte aber ungehört verhallen, befürchtet er. "Das hat bisher nicht wirklich funktioniert. Denn auch wenn alles schon gesagt war, so lange nicht von jedem."

Sehr differenziert setzt sich Rohrbachs Bürgermeister Christian Keck (SPD) mit dem Thema auseinander. "Ich befürworte es generell, Sitzungen auf das notwendige Mindestmaß zu reduzieren. Deshalb finden derzeit auch keine Arbeitskreissitzungen statt", sagt er. Die geplante Gemeinderatssitzung am 13. Januar hat er mangels wichtiger Themen abgesagt. Die nächste Sitzung findet wohl am 3. Februar statt. "und damit hoffentlich außerhalb des Lockdowns", so Keck.

Abhängig vom Infektionsgeschehen kann dieser Termin eventuell um einige Tage verschoben werden. Grundsätzlich müsse im Februar aber eine Sitzung stattfinden, weil manche Tagesordnungspunkte (Planungen zum Baugebiet Schelmengrund, Sanierung alte Turnhalle, Kanalsanierung und Sanierungssatzung für den Ortskern) dringlich seien. Laut Gemeindeordnung sei auch das Einberufen eines Ferienausschusses mit den Mitgliedern des Haupt- und Finanzausschusses möglich. "Wenn sich im Februar die Infektionslage zuspitzt, werden wir über die Einberufung des Ferienausschusses beraten", so Keck. Der Bauausschuss und der Haupt- und Finanzausschuss tagen derweil im Januar mit neun Personen in großen Räumlichkeiten, mit Maske und zu ausschließlich notwendigen Tagesordnungspunkten. "Für Bauanträge sind zum Beispiel Fristen einzuhalten", erklärt der Rohrbacher Bürgermeister.

Die Stadt Pfaffenhofen ist sogar schon einen Schritt weiter. Hier wird die Sitzung am 21. Januar beispielsweise "wegen der akuten Coronalage" nur in Form des Ferienausschusses stattfinden, so Stadtjurist Florian Erdle. Für die Sitzung des Stadtrats und des Bauausschusses werden somit deutlich weniger Leute zusammenkommen.

PK