Pörnbach
Ärger wegen Bauschutt-Verfüllungen

Im Gewerbegebiet Pörnbach haben Bauherren Material verwendet, das nicht im Bebauungsplan steht

20.07.2018 | Stand 23.09.2023, 4:10 Uhr
Darf es liegen bleiben? Im Pörnbacher Gewerbegebiet haben zwei Bauherren ihre Flächen mit Recycling-Material verfüllt, das nicht im Bebauungsplan vorgesehen ist. −Foto: Foto: Brenner

Pörnbach (PK) Sogar ein Baustopp wurde verhängt: Im neuen Pörnbacher Gewerbegebiet gibt es derzeit Ärger, weil zwei Grundstückseigner ihre Flächen mit preislich günstigerem Recycling-Material gefüllt haben, was im Bebauungsplan anders angeordnet ist. Der Bund Naturschutz fürchtet nun eine Gefahr für das Grundwasser. Werden die Vorgaben eingehalten, ist dies für die Umwelt unbedenklich, sagt hingegen das Wasserwirtschaftsamt. Am Dienstag entscheidet der Pörnbacher Gemeinderat, ob er nun nachträglich den Bebauungsplan ändern will.

Der Grund für das Problem liegt im Betonbruch oder anderem Bauschutt auf und in den Böden der betroffenen Bauherren - laut Landratsamt Recycling-Material und nicht das im Bebauungsplan vorgeschriebene "Z0-Material". Recycling-Material ist "geprüftes Material, das unter bestimmten Voraussetzungen anstatt von Z0-Material verwendet werden darf", so Landratsamtsprecherin Alice Köstler-Hösl. Für das Pörnbacher Gebiet hatte aber das Wasserwirtschaftsamt ursprünglich empfohlen, grundsätzlich nur unbelastetes Z0-Material vorzuschreiben. Und so steht es nun im Bebauungsplan.

Eine der Firmen, die mit Recycling-Material verfüllt haben, ist die Firma Schön. Das Landratsamt hat sie aufgefordert, das Material zu entfernen, nun wurde aber ein Aufschub gewährt, bis die Gemeinde Pörnbach eine Entscheidung getroffen hat. Faktisch ist das ein Baustopp, da ja auf dem Gelände nichts auf dem Material gebaut werden kann, solange nicht klar ist, ob es wieder weg muss, so Geschäftsführer Siegfried Schön. Warum er das Recycling-Material verwendet hat, "Ja, es ist günstiger als das Z0-Material", sagt er. "Aber man tut damit auch der Natur etwas Gutes." Hier werde eben Bauschutt zertifiziert und wiederverwendet - Schön verweist auf ein unserer Zeitung vorliegendes Prüfzeugnis eines Instituts für Materialprüfung, das den Bauschutt als so genanntes RW1-Material einstuft. Seine Frau Sylvia Schön, die derzeit die Geschäfte leitet, findet ihre Situation ganz und gar nicht komisch. "Man wird als Verbrecher hingestellt", sagt sie. Es handele sich aber im Grunde nur um einen Formfehler. "Wir sind saubere Geschäftsleute."

Gegen einen Bauherrn hat das Landratsamt unter anderem wegen des Recycling-Materials einen offiziellen Baustopp verhängt. Für Bauleiter Anton Flammensbeck - er kümmert sich um das Grundstück, auf dem sein Sohn einen Garagenpark betreiben will - bedeutet jeder Tag, auf dem er nicht auf seiner Baustelle arbeiten kann, finanzielle Verluste. Denn auch bei ihm liegt Recycling-Material. "Man könnte meinen, wir hätten Atommüll vergraben", sagt er auf Anfrage. Doch auch er habe sein Material natürlich zertifizieren lassen. Jetzt bekomme er gerade ein Lieferproblem. "Wir haben vieles für den Bau vororganisiert." Die Lieferanten könnten die Materialien nicht ewig bei sich lagern.

Geschäftsleiterin Schön erklärt die Aufregung auch mit einem Nachbarschaftsstreit, der schon lange Zeit andauere. Dies bestätigen auch andere Quellen gegenüber unserer Zeitung. Demnach sollen die Kritiker der Recycling-Verfüllung auch mit einem von mehreren Bauherren befreundet sein, die bereits das teurere Z0-Material verfüllt haben.

Letztere sind natürlich wenig begeistert darüber, dass andere entgegen der Bestimmungen des Bebauungsplans Recycling-Material verfüllt haben und sich so Kosten sparen. "Ein Schotter nach Z0 kostet so 12 bis 15 Euro pro Tonne, und man braucht teils tausende Tonnen zum Verfüllen", sagt ein Bauherr, der aufgrund der heiklen Stimmungslage lieber anonym bleiben möchte. Er hat das teurere Material bereits verfüllt - nachdem er bei der Gemeinde zum Zeitpunkt des Grundstückskaufs auf die Frage, ob er Recyclingmaterial der Kategorie RW1 verfüllen dürfe, eine Absage bekommen habe. "Ich finde, man muss sich da auch an die Vorgaben halten", so der Bauherr.

Mittlerweile hat sich auch der Bund Naturschutz der Sache angenommen. "Wir bitten Sie, dass etwaiges bereits verfülltes Material auf Kosten des Verfüllers wieder entfernt wird" so Christine Janicher-Buska, stellvertretende Kreisvorsitzende, in einem unserer Zeitung vorliegenden Brief an den Bürgermeister und alle Gemeinderäte. Mehrere Bürger hätten gegenüber dem BN ihre Sorgen wegen des in diesem Bereich hohen Grundwasserspiegels geäußert. Diese Sorge teile man.

Beim zuständigen Wasserwirtschaftsamt Ingolstadt hat man sich bereits mit der neuen Situation befasst. "Im Bebauungsplan stand damals, es sei eine Grabung bis 1,50 Meter in die Tiefe erlaubt", sagt der zuständige Fachmann, Werner Eidelsburger. "Da wäre man schon im Grundwasser." Man habe deshalb damals das unbelastete Z0-Material empfohlen. "Nun hat sich aber die Situation geändert, weil hier nicht in die Tiefe, sondern in die Fläche aufgefüllt wurde", so Eidelsburger. "Das hatten wir damals so nicht auf dem Schirm." Wenn das Recycling-Material der Kategorie RW1 nach Vorschrift zertifiziert werde und auch alle anderen Leitlinien beachtet werden, "dann gehen wir davon aus, dass es in Pörnbach nicht gefährlich ist", so Eidelsburger. Zu den Leitlinien gehöre unter anderem, dass auf einem Grundstück maximal 5000 Kubikmeter und im gesamten Gewerbegebiet maximal 10000 Kubikmeter verfüllt werden dürfen. Außerdem dürfe nur einen halben Meter in die Tiefe verfüllt werden. All diese Dinge sind jedoch in Pörnbach noch nicht überprüft. Das werde das Wasserwirtschaftsamt gegebenenfalls untersuchen, je nachdem, wie sich die Gemeinde Pörnbach grundsätzlich entscheide.

Denn im Gemeinderat steht am Dienstag eine Entscheidung zu dem Thema an, so Bürgermeister Helmut Bergwinkel (FUW) auf Anfrage. Konkret werde über eine Änderung des Bebauungsplans abgestimmt. Entscheidet sich das Gremium dafür, bedeutet das letztlich, dass es zumindest möglich wäre, dass die Recycling-Füllungen bleiben dürfen. Wie sich das Ergebnis dann auf die Firmen und ihren Bauschutt auswirken wird, dazu möchte sich der Bürgermeister nicht äußern und verweist auf das Landratsamt als Bauaufsichtsbehörde.

Laut Landratsamtsprecherin Köstler-Hösl könne die Gemeinde Pörnbach Ausnahmen durchaus zulassen, ebenso könne das Landratsamt in Abstimmung mit der Gemeinde eine Befreiung vom aktuellen Bebauungsplan erteilen - allerdings würde auf jeden Fall erneut das Wasserwirtschaftsamt beteiligt. Man werde dann überprüfen, ob alle Vorgaben eingehalten werden, erklärt Eidelsburger. Das dürfte auf jeden Fall noch etwas Zeit in Anspruch nehmen.

Desirée Brenner