Pfaffenhofen
Spendenaufruf für Postbote

Verurteilt wegen vergessenem Datum: Leser wollen Geldstrafe übernehmen

24.02.2020 | Stand 25.10.2023, 10:28 Uhr
Nach dem Urteil wollen einige PK-Leser spenden. −Foto: Weigel/dpa

Pfaffenhofen - Ein Herz für einen Briefträger: In den sozialen Netzwerken rufen Leser unserer Zeitung dazu auf, für einen Postzusteller zu spenden, der vom Pfaffenhofener Amtsgericht wegen Falschbeurkundung zu einer Geldstrafe von 1500 Euro verurteilt worden war. Ein User schreibt etwa auf Facebook: "Was meint ihr, bringen wir 150 Leute zusammen, die 10 Euro spenden, damit der arme Kerl seine Strafe zahlen kann?" "Ich bin dabei", schreiben andere. Und ein User zeigt sich besonders großzügig: "Hab mir eben das gleiche gedacht, 100 Euro von mir."

 

Wie berichtet, hatte der Postler Milan D. (Name geändert) im vergangenen Juni eine förmliche Zustellung des Amtsgericht ausgetragen, aber auf der Postzustellungsurkunde vergessen, das Zustelldatum einzutragen. Als das im Briefzentrum bekannt wurde, rieten ihm Kollegen, einfach fünf Tage zu dem Datum auf der Urkunde dazuzuzählen. Ungünstig für den Empfänger: Das Amtsgericht hatte ihm einen Strafbefehl geschickt und eine Einspruchsfrist gesetzt. Die war durch das falsche Datum abgelaufen.

Der 48-Jährige Briefträger beteuerte vor Gericht, nicht gewusst zu haben, dass er sich strafbar gemacht hat. Erst recht habe er nicht gewusst, dass er mit der gerichtlichen Zustellung eine Amtsperson ist, die eine hoheitliche Aufgabe übernommen hat. Einen Tag sei er im Briefzentrum geschult worden, auf seine sehr schlechten Deutschkenntnisse als Osteuropäer - das Gericht hatte für ihn einen Dolmetscher bestellt - sei wenig Rücksicht genommen worden. Anschließend sei er von einem Postler elf Tage lang beim Austragen begleitet worden. Aber da ging es vor allem um das Auffinden von Straßen und Hausnummern. Bei all dem alltäglichen Stress habe er vergessen, das Datum einzutragen. Welche Konsequenzen das haben kann, das sei ihm nicht bewusst gewesen.

Offenbar kommt das öfter vor. Im sozialen Netzwerk schreibt ein User: "Schon öfters erlebt: Statt der (geforderten) Unterschrift des Zustellers machen die Postboten lediglich ein Namenszeichen. Damit gilt aber die Zustellung juristisch nicht mehr als solche (mit entsprechender Verlängerung der Einspruchs-/Rechtsbehelfs-/Klagefrist). Ist aber der amtlichen Post scheinbar egal, Hauptsache, sie kann die erhöhten Zustellgebühren kassieren!" Dass die Qualität bei der Post mehr und mehr leide, das beklagte auch ein Betriebsrat, der als Zuschauer die Verhandlung verfolgt hatte.

Aber Unwissenheit schützt nicht vor Strafe. Das Gericht war der Überzeugung, dass Milan D. den Irrtum hätte vermeiden können, indem er etwa seinen Vorgesetzten gefragt hätte. Für seinen Verteidiger Uwe Steffen aus Ingolstadt bietet der Strafrechtsparagraf allerdings durchaus Ermessenspielraum an. "Vermutlich hätte ich mit meinem Mandanten in der nächsten Instanz eine Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldauflage erreichen können. Aber diesen Stress hält Milan D. nicht aus", sagt der Anwalt in einem Gespräch mit dem unserer Zeitung. Immerhin konnte er erreichen, dass das Strafmaß im Strafbefehl, gegen den der Briefträger Einspruch eingelegt hatte, von 3600 auf 1500 Euro reduziert wurde. Immer noch viel Geld für Milan, der zwei Kinder hat und eine Frau, die nur Teilzeit arbeitet.

Jetzt haben PK-Leser online ihre Hilfe angeboten. Nur ein Problem gab es noch: "Der Zehner ist nicht das Problem. Ich hab nur keine Idee, wie man das abwickeln könnte", fragte ein Leser. Das Problem konnte in einem Gespräch mit Anwalt Uwe Steffen gelöst werden: Er bietet sein Konto für Spenden an, die er dann weiterleitet: Sparkasse Ingolstadt, IBAN: DE72 7215 0000 0053 9359 87, Verwendungszweck: Spende.

PK

Albert Herchenbach