Pfaffenhofen
Lange Schlangen vor drei Denkmälern

Jetzendorfer Schloss, Hohenwarter Marktkirche und Balthasar-Kraft-Haus erweisen sich als echte Besuchermagneten

08.09.2019 | Stand 23.09.2023, 8:28 Uhr
  −Foto: Ostermair, Hofmann, Engl

Pfaffenhofen (PK) Der Tag des offenen Denkmals, eine deutschlandweite Veranstaltung, ist gestern unter dem Motto "Modern(e) - Umbrüche in Kunst und Architektur" gestanden.

Der südliche Landkreis Pfaffenhofen war dabei gleich dreifach vertreten: mit der Hohenwarter Marktkirche, dem Jetzendorfer Schloss und dem Balthasar-Kraft-Haus in Pfaffenhofen. Alle drei Attraktionen zogen zahlreiche Besucher an, was die langen Schlangen bei den Führungen verdeutlichten.

Zum Glück ist man in Hohenwart rechtzeitig fertig geworden - gerade noch rechtzeitig, um genau zu sein, die letzten Handwerker waren noch vergangene Woche da - mit der drei Jahre währenden Sanierung. Und so öffnete die Filialkirche Mariä Verkündigung, besser bekannt als Marktkirche, ihre Pforten. Besuchermäßig stand sie Kirchen in Rom kaum nach. "Ich bin seit 11 Uhr da", sagte Ernst Petz beim Mittagsläuten: "Das ist jetzt die dritte oder vierte Führung, die ich heute mache. "

Petz erzählte, dass der einst gotische Bau 1730 barockisiert wurde. Und dass dieser große Umbau genau 1730 passierte, sei mehrfach historisch belegt: durch eine Analyse der verwendeten Holzbalken, durch eine Prägung in einem dieser Balken und außerdem durch Dokumente, die im Marktarchiv liegen. Petz konnte auch wunderbar erzählen, wie das damals vor 600 Jahren war, als die Menschen unten im Tal ihre erste eigene Kapelle bauten - und sich so langsam von den Leuten oben auf dem Klosterberg zu emanzipieren versuchten.

Einen großen Ansturm erlebte auch das Schloss in Jetzendorf. Die erste der drei Führungen sollte um 10 Uhr beginnen, weil aber schon eine halbe Stunde vorher sich eine große Schlange vor der Schlosspforte bildete, entschied sich Thomas Wenger dafür, eine vierte Führung einzuschieben. Insgesamt waren es mehrere hundert Kunst- und Geschichtshungrige, die Wenger durch dieses mittlerweile zum Teil renovierte Schloss lotste. Vier Familien mit Kindern bewohnen seit rund einem Jahr das Schlossensemble. Wenger kam 2006 als Gutsförster nach Jetzendorf, hat sich aber längst zum Kastellan der Freiherr von Freyberg'schen Gutsverwaltung hochgearbeitet. Schon beim Gang auf das Schloss zu kann man nicht übersehen, dass derzeit der Westflügel ein neues Dach bekommt. Um nicht länger warten zu müssen, wurden eigene Garten-Führungen eingeschoben.

Hier sah man, dass schon viel geschehen ist, aber auch noch eine Menge zum Renovieren ansteht. Wenger betonte, dass er sich dem Ensemble sehr verbunden fühle, aber die Renovierung der Finanzierung wegen eben nur Schritt für Schritt möglich ist. Seit 1812 sind die Freybergs auf Schloss Jetzendorf. Der heutige Schlossherr Sebastian von Freyberg folgte auf seinen Vater, nach dessen Unfalltod im Jahre 2010. Wenger verhehlte nicht, dass es für die kostspielige Renovierung Zuschüsse vom Freistaat Bayern, der Deutschen Stiftung Denkmalschutz sowie dem Landkreis und der Gemeinde gab. Als Vertreter des Landkreises nahm der stellvertretende Landrat Anton Westner (CSU) an einer der Führungen teil.

Auch ihn interessierte, wer hier einst lebte und wirkte und wie weit die Renovierung fortgeschritten ist. Der älteste renovierte Teil ist das Hochschloss, zwei Stockwerke des barocken Baus sind komplett saniert. Auf Schautafeln war der Sanierungsfortschritt klar zu erkennen. Im Spiegelsaal, der "Seele" des Schlosses, ist noch viel zu tun. Karl von Freyberg, der erster Landwirtschaftsminister in Bayern war, hatte sich den Spiegelsaal nach seinen Vorstellungen eingerichtet. Fachleute vermissen aber eine gewisse Einigkeit. Zunächst gehe es um die Sicherung des Saales, um hier wie früher Schlosskonzerte oder auch Hochzeiten feiern zu können. Dass dieser Saal im 17. Jahrhundert eine Länge von 50 Metern hatte, konnten die Besucher kaum fassen. Viele bestaunten das Gemälde vom "Alten Fritz".

Eine immense Anziehungskraft übte auf viele Pfaffenhofener das restaurierte Balthasar-Kraft-Haus aus. Trotz Regen standen die Interessenten Schlange, um an einer der Führungen von Eigentümer Wolfgang Eichenseher teilnehmen zu können. Bereits im Erdgeschoss konnte man die originalen Fliesen und die Haustür "hintenhinaus" bewundern, Dinge, die so manche Kommentare unter den Besuchern hervorriefen: wie "ja genau da samma immer reiganga" oder "des woas I no guat". Die lichten und schon restaurierten Räume konnten den Andrang kaum bewältigen - und das Staunen und die Bewunderung wuchsen im ersten Stock, als Eichenseher Details zum prächtigen Prunk-Erkerzimmer übermittelte. Der Boden ist ebenfalls original in feinster Intarsienarbeit aus 4 verschiedenen Hölzern gefertigt, Arbeiten, die heute nicht mehr jeder Handwerker beherrschen würde oder die kaum bezahlbar wären. Die Wände im Zimmer wurden zwar übertapeziert, doch nach Vorgaben des Denkmalschutzes mit einem Spezialverfahren, welcher den darunterliegenden Zustand nicht verändert. Von der im Bestzustand erhaltenen Decke schauen aus den Ecken die vier Grundtugenden (Gerechtigkeit, Weisheit, Eintracht und Frömmigkeit) auf die Besucher herab. Und auch alle Goldverzierungen sind bestens erhalten. Glücklich die Besucher, welche die Besichtigung und die Vorträge von Stadtarchivar Andreas Sauer miterlebten.

Bernd Hofmann, Erich Engl, Josef Ostermair