1986: Erschütterndes Familiendrama

01.09.2006 | Stand 03.12.2020, 7:34 Uhr

Geisenfeld (GZ) In fünf Folgen hat die Heimatzeitung in den zurückliegenden Wochen über historische Kriminalfälle in Geisenfeld berichtet. Die Serie wäre freilich unvollständig ohne eine Familientragödie, die Geisenfeld im Februar 1986 deutschlandweit in die Schlagzeilen br achte: Ein 36-jähriger Familienvater erdrosselt in seiner Wohnung s eine Frau und seine fünf Kinder, ehe er sich selbst die Pulsadern öffnet.

Es ist Sonntagabend, kurz nach 21 Uhr. In der Scheuerer Siedlung läutet Giuseppe F. (Name von der Redaktion geändert) an die Wohnungstüre der Familie P.. Maria Agostina, die Frau des Maschinenschlossers Karl Heinz P., ist Giuseppes Schwester. Seit Mittwoch hat der gebürtige Sizilianer, der in Geisenfeld ein Lokal betreibt, die Frau und die fünf Kinder, die er sonst fast jeden Tag zu Gesicht bekommt, nicht mehr gesehen. Als selbst auf heftiges Klopfen nicht geöffnet wird, klettert Giuseppe über den Balkon und wirft einen Blick in die Wohnung. In der Küche sieht er zwei Beine aus einer Nische herausragen. Er verständigt die Polizei. Als diese um 22.10 Uhr die Wohnung gewaltsam öffnen lässt, findet sie sieben Leichen. Die ganze Familie P. ist ausgelöscht.

Teddybären im Arm

Der neunjährige Sascha und die sechs Jahre alten Zwillinge Patricia und Patrick halten ihre Teddybären im Arm. Der zwölfjährige Andreas und seine um zwei Jahre jüngere Schwester Tamara haben die Hände gefaltet. Sie wurden offenbar im Schlaf betäubt und dann getötet. Die Frau liegt im Ehebett des Elternschlafzimmers. Das Mobiliar ist verwüstet. Hier ist es offenbar zu einem Kampf gekommen, bevor die Frau ebenfalls erdrosselt wurde. Der Täter liegt tot in der Küche. Seine Pulsadern an beiden Armen sind mit einer Rasierklinge geöffnet, Blutspuren führen durch die ganze Wohnung.

Die Indizien lassen erkennen, dass sich die Familientragödie n icht erst am Sonntag ereignet hat. Die Leichen der beiden Eltern und ihrer fünf Kinder müssen schon drei oder vier Tage gelegen haben. Die Spurensicherung stellt in der Wohnung eine halb volle Flasche Äther sicher, und nach den Erkenntnissen der gerichtsmedizinischen Untersuchung beim Landgericht München II hat Karl-Heinz P. auch tatsächlich seine Frau und die fünf Kinder mit Äther betäubt, ehe er sie erdrosselte .

Laut Aussage des Bruders der Getöteten war der gelernte Maschinenschlosser, der immer wieder arbeitslos gewesen war, ein gewalttätiger Mensch. Er habe sich kaum um seine Familie gekümmert und für seine Kinder nie etwas übrig gehabt. "Das, was er verdient hat, hat er meistens selber durchgebracht."

Eheliche Probleme

Auch nach Erkenntnissen der Kriminalpolizei dürften finanzielle und eheliche Probleme der Hintergrund der Schreckenstag gewesen sein. Erst ein Jahr zuvor hatte Karl Heinz P. einen Offenbarungseid geleistet, nachdem sich bei dem Versuch, sich selbstständig zu machen, etwa 100 000 Mark Schulden angehäuft hatten. Spekuliert wird auch, ob ein schwerer Autounfall 14 Monate zuvor, bei dem der Schlosser lebensgefährliche Verletzungen erlitten hatte, eine Rolle gespielt haben könnte. Seitdem litt der Mann an Kopfschmerzen und Schwindelgefühlen

Karl Heinz P. hatte seine Frau 1972 in Baar geheiratet. In Geisenfeld lebte die Familie seit November 1982, in die Scheuerer Siedlung war sie erst wenige Monate zuvor gezogen.

Was der konkrete Auslöser für die Bluttat gewesen war – Angst, dass er von seiner Frau verlassen wird, spekulierte die Boulevard-Presse – konnte auch in den folgenden Wochen und Monaten nicht geklärt werden.

Die Mutter und die fünf Kinder werden unter riesiger Anteilnahme der Bevölkerung in Geisenfeld zu Grabe getragen, der Ehemann auf Betreiben der Familie der ermordeten Frau alleine wo anders.