2700 Kilometer auf der Donau
Ziel: Schwarzes Meer - Schwimmender Professor macht Halt in Neuburg

24.04.2022 | Stand 23.09.2023, 0:52 Uhr
Kraftvoll lief Andreas Fath am Sonntagmittag den Steg zum Donau-Ruderclub in Neuburg hoch. Gut eine halbe Stunde hielt er sich am Ufer auf, dann ging es zurück ins Wasser. −Foto: Stark

Neuburg - Andreas Fath ist am vergangenen Dienstag in Furtwangen, dort wo er lehrt, in die Donau gestiegen - mit dem Ziel, erst 2700 Kilometer weiter flussabwärts seine Reise zu beenden, an der Einmündung ins Schwarze Meer.

Am Sonntagmittag erreichte der schwimmende Professor Neuburg und stieg beim Donau-Ruderclub kurz aus dem Wasser, um seine Mission zu erklären: eine umfangreiche Bestandsaufnahme der Inhaltsstoffe im Wasser und damit einhergehend eine stärkere Sensibilisierung für mehr Gewässerschutz.

Lesen Sie dazu auch:
2700 Kilometer für sauberes Wasser: Professor schwimmt Donau entlang

Verständnis für Verzögerung

Mit mindestens einer halben Stunde Verspätung sei zu rechnen, teilen die Organisatoren von "Cleandanube", Faths Forschungsprojekt, den im Bootshaus Wartenden mit. Dort herrscht vollstes Verständnis. Niemand würde bei dem nasskalten Wetter unbedingt mit Fath tauschen wollen, der seit seinem Start in Donauwörth an diesem Morgen schon wieder mehrere Stunden im Wasser unterwegs ist, begleitet von drei Kanus. Der Professor für Chemie an der Hochschule Furtwangen, der sich für diese Aktion ein Forschungsfreisemester genommen hat, ist ein erfahrener Schwimmer, der früher sogar um deutsche Meisterschaften geschwommen ist. Doch auch er ist nicht vor Hindernissen auf seinem beschwerlichen Weg gefeit. Später wird sich herausstellen, dass er und seine Begleiter wegen der Baustelle an der Staustufe Bittenbrunn zu einem größeren Umweg gezwungen waren.

Lange vor Faths Ankunft haben rund 20 Freiwillige von Lionsclub Neuburg, dem Aueninstitut und dem Green-Office der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt entlang des Donauufers Müll gesammelt - mehrere Säcke sind dabei zusammengekommen, unter anderem auch eine zerbröselte Plexiglasscheibe. Was dem früheren Lions-Club-Präsidenten Bernhard Hildebrandt dabei besonders im Gedächtnis geblieben ist, ist die Begegnung mit einer Familie. Ein Mädchen habe ihre Eltern gefragt, was diese Menschen denn da tun. "Dann haben die Eltern zu ihr gesagt: Die müssen den Müll aufräumen, den andere weggeschmissen haben. " Kurze Zeit später sei das Mädchen zum Aufräumtrupp gestoßen - mit einem Eimer voller Kronkorken, die es am Ufer gesammelt hatte.

Auf einmal sehen die Wartenden drei Kanus um die Kurve am Donaukai biegen und mittendrin einen Schwimmer - Andreas Fath. Er winkt den jubelnden Menschen am Ufer zu, bewegt sich in Richtung Steg und steigt dann unter Applaus aus dem Wasser.

Erst einmal einen Tee für den Professor

"Bin ich zu spät? ", fragt er grinsend - und fügt kurz darauf hinzu: "Hat jemand ein Heißgetränk? " Kurz darauf hält Fath einen Tee in den Händen - das ist auch - trotz doppeltem Neoprenschutz - bei elf bis zwölf Grad kaltem Wasser nötig. Etwa sieben bis acht Stunden ist der Professor pro Tag im Wasser. Einen Kilometer vor jeder Staustufe steigt er aus dem Wasser und joggt, bis er vorbei ist, dann geht es wieder zurück in die Donau. Das Joggen helfe ihm bei der Entspannung der Schultern, sagt Fath. Denn die werden beim Kraulen arg beansprucht. Das merke er in seinem Alter schon, erklärt der 57-Jährige. Generell sei die Zeit im Wasser eine Mischung "zwischen Euphorie und Frustration".

In der Nacht schläft Fath im Trockenen. Mit dabei ist ein mobiles Labor, in dem die aus dem Fluss entnommenen Proben analysiert werden. Bisher ist der wissenschaftliche Begleittross in Autos unterwegs. Ab Kelheim erfolgt dann der Umstieg auf ein Schiff, das immer ganz in der Nähe des Schwimmers sein wird und auf dem er dann nachts schlafen wird.

"Hochachtung" empfindet Neuburgs OB Bernhard Gmehling für das Projekt und überreicht Fath im Namen der Stadt ein alkoholisches Andenken und eine Stadtchronik, verbunden mit einer Einladung zum Schlossfest im kommenden Jahr. "Eine supertolle Aktion", erklärt Vize-Landrätin Rita Schmidt gegenüber dem Professor. Lions-Club-Vorsitzender Mark Friemel überreicht dabei einen symbolischen Scheck in der Höhe von 1000 Euro, um Faths Aktion zu unterstützen.

Kampf gegen Mikroplastik

Bei der Untersuchung der Wasserqualität steht bei dem Professor besonders das Mikroplastik im Fokus, das in großer Menge in Flüssen und Meeren vorkommt. Immerhin wisse man inzwischen, dass diese Kleinstpartikel die Blut-Hirn-Schranke überwinden können und - womöglich angereichert mit anderen Schadstoffen - Entzündungen im Gehirn auslösen könnten. Am meisten Mikroplastik gelange durch Reifenabrieb auf den Straßen in die Flüsse, erklärt Fath. Dazu komme das Plastik im Uferbereich. Doch in den Körper könne Mikroplastik sogar durch den Abrieb von Küchenmaschinen und Plastiksalzstreuern kommen. "Ich bin kein Gegner von Plastik", sagt Fath. "Ich plädiere aber für Sortenreinheit. " Seine Botschaft an die Neuburgerinnen und Neuburger lautet: "Müll reduzieren, Dinge wiederverwenden, recyceln und richtig trennen. "

Dann ist es auch schon wieder Zeit, in die Donau zu steigen. In Ingolstadt wartet schon die nächste Delegation auf ihn. Fath geht den Steg hinunter, ruft "Tschüss, Neuburg! " und taucht dann kopfüber in die Donau ein. Ein letztes Mal hebt er die Faust in Richtung Ufer, dreht sich und schwimmt davon.

DK

Thorsten Stark