Neuburg
"Zufriedenheit steht jedem zu"

Vertreter der Sozialverbände AWO, Caritas und VdK diskutieren über die Armut in Bayern

20.07.2018 | Stand 23.09.2023, 4:10 Uhr
Patricia Viertbauer
Profis diskutieren im "Herzwerk": Die Vertreter der Caritas, AWO und des VdK über das Thema Armut in Bayern. −Foto: Foto: Viertbauer

Neuburg (DK) Eine Podiumsdiskussion über die Armut in Bayern haben am Donnerstag Vertreter der Sozialverbände unter der Moderation von Heinz Schafferhansgeführt. Hauptziel der Veranstalter war es, bei den Menschen ein Bewusstsein für die allgegenwärtige Armut zu schaffen.

"Arm in einem reichen Land - Armut auch in Bayern" - der Titel des Buches von Thomas Beyer war auch das Thema bei der Podiumsdiskussion im AWO- Kreisverband in Neuburg. Die öffentliche Veranstaltung begann um 19 Uhr, wobei nicht einmal ein Dutzend Interessierte gekommen waren. Dass die angesprochenen Probleme mehr Anklang würdig wären, machten die drei Vertreter von AWO, VdK und der Caritas in ihren Ansprachen und der darauffolgenden Diskussion mit den Gästen deutlich. "Mit Veranstaltungen wie dieser wollen wir bei den Menschen das Bewusstsein schaffen, dass Armut in allen Formen auch in unserer unmittelbaren Nähe besteht", erklärte Heinz Schafferhans, AWO-Ortsvorsitzender und Moderator der Podiumsdiskussion vorab im Gespräch mit unserer Redaktion. Sehr froh sei er darüber, dass zum einen der AWO-Landesvorsitzende Thomas Beyer zugesagt hatte, der ein umfangreiches Wissen zum Thema Armut mitbringt und das er auch schon in seinem Buch thematisierte. Zum anderen freue er sich über den aktuellen Bezug im Landkreis, der durch Hans-Peter Wilk von der Caritas und Bernhard Peterke vom VdK abgedeckt sei.

Dieser ist der Meinung, dass das Thema Armut von der "großen Politik" unterdrückt werde und nicht in dem Maße angegangen, wie es eigentlich nötig wäre. Aufgrund seiner täglichen Arbeit beim VdK sehe Peterke regelmäßig die prekären Verhältnisse vieler Menschen. "Wir sagen so oft, dass es uns doch finanziell gut geht, aber das lässt sich nicht verallgemeinern - vielen in unserem unmittelbaren Umfeld geht es ganz und gar nicht gut", sagte er. Als Beispiel führte er eine 70-jährige Frau an, die aufgrund der Erziehung ihrer beiden Kinder zwar immer gearbeitet hat, aber oft nur in Teilzeit und deswegen ein geringes Einkommen hatte. "Diese Frau bekommt monatlich 689 Euro Rente, wobei man natürlich alle möglichen Abzüge und Leistungen abziehen muss." Der Kreisvorsitzende des VdK Neuburg-Schrobenhausen bezog sich neben den vorliegenden Armuts-Zahlen auch auf die Dunkelziffern, deren Ausmaß nicht einzuschätzen, aber dennoch schwerwiegend seien. Laut Peterke hat jeder, der sein ganzes Leben lang gearbeitet hat, einen Anspruch auf eine anständige Rente. Für ihn sei dieses Thema eine Herzensangelegenheit.

Auch der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Horst Winter, griff das Herz symbolisch auf. Er verkündete, dass der AWO-Kreisverband Neuburg den Beinamen "Herzwerk" bekäme, da die behandelten und diskutierten Themen menschlich eine sehr große Bedeutung hätten. "Lasst doch mal die Profis ran", sagte er. Schließlich sei Armut ein Problem, dessen Ausmaß vielen gar nicht bewusst ist.

Einer der Profis war der Landesvorsitzende der bayerischen Arbeiterwohlfahrt, Thomas Beyer. Dieser konkretisierte das Thema Armut in Bayern mit absoluten Zahlen. So seien insgesamt über 1,7 Millionen Menschen armutsgefährdet, mehr als 550000 davon sind über 65 Jahre alt. 700000 Haushalte mit Kindern fallen in das Schema der Armutsgefährdung, ebenso wie 670000 Alleinlebende.

Die Vertreter der anwesenden Sozialverbände unterteilten die Armut in ihre unterschiedlichen, vielschichtigen Formen, zum Beispiel Alters-, Jugend- und Familienarmut, und wiederholten immer wieder den Handlungsbedarf der Verantwortlichen. Peterke führte einige der konkreten Forderungen aus. "Wer die Altersarmut senken will, muss an den Arbeitsverhältnissen arbeiten", erklärte er. So müsse der Mindestlohn angehoben und die Arbeitsmarktchancen der Langzeitarbeitslosen verbessert werde. Wilk von der Caritas forderte mehr Umgang und Diskussion in der Gesellschaft mit dem Thema Armut. Einen Appell richtete er an die Anwesenden: "Zufriedenheit steht jedem zu, obwohl es staatlich nicht so verordnet ist."

Patricia Viertbauer