Neuburg
Seltene Fundstücke auf der B16-Baustelle

Archäologen entdecken bis zu 6600 Jahre alte Überreste früherer Besiedlung - Oberbürgermeister sieht beste Voraussetzungen für eine Ausstellung

30.04.2019 | Stand 23.09.2023, 6:50 Uhr
Reiche Funde: Unter anderem Keramikscherben, Pfeilspitzen Schmuck und ein Rassiermesser sind bei Grabungen an der B16 entdeckt worden. Neuburgs OB Bernhard Gmehling ließ sich von Grabungsleiterin Rebecca Münds-Lugauer die Ergebnisse erklären. −Foto: Janda

Neuburg (DK) Wo schon bald die Autos über die neue B16-Zufahrt am Neuburger Südpark brausen sollen, hat es in der Jungstein- und in der Bronzezeit Teile einer Siedlung gegeben.

Das haben die archäologischen Untersuchungen der Großbaustelle ergeben. Entdeckt haben die Forscher neben insgesamt 26 Gräbern auch einige alte Vorratsgruben - mit ganz besonderem Inhalt. Vor allem zahlreiche Keramikscherben, die bei den Grabungen im Südwesten der Neuburger Kernstadt aufgetaucht sind, versetzen die Archäologen in Verzückung. Denn dabei stellten die Fachleute Einflüsse der sogenannten Bischheimer Kultur, genauer gesagt der Schulterbandgruppen, fest. "Diese sind südlich von Franken sehr selten und überwiegend im mittel- und westdeutschen Raum zu finden", erklärte Grabungsleiterin Rebecca Münds-Lugauer von der Firma Pro Arch am Dienstag bei der Präsentation der Funde. Im Ingolstädter Raum gibt es ähnliche Entdeckungen ihren Worten zufolge bislang nur aus dem Vohburger Ortsteil Menning. "Für unsere Region ist das deshalb etwas sehr Besonderes. " Die Scherben, die aus der Jungsteinzeit und damit aus den Jahren zwischen 4600 und 4250 vor Christus stammen, lagen massenweise in runden Vorratsgruben. Aus Sicht der Experten dienten diese zeitweise wohl auch als Abfallgruben. "Die Scherben füllen etliche Boxen", erklärte die Grabungsleiterin. Viele Gefäße seien sogar komplett vorhanden, wenn auch allesamt in Bruchstücken. Für die Fachleute steht außer Frage, dass die Gruben vor rund 6600 Jahren Teil einer Siedlung im Neuburger Raum waren. Wo genau die Menschen damals lebten, ist aber völlig offen. Denn Spuren der Wohnstätten selbst sind bei den Grabungen in den vergangenen Monaten nicht aufgetaucht. Daher ist es sehr wohl möglich, dass diese frühe Siedlung gut 3000 Jahre später nicht mehr existiert hat. Klar ist aber, dass auch in den Jahren 1300 bis 1200 vor Christus Menschen im heutigen Neuburg lebten - darauf deuten zahlreiche entdeckte Gräber aus der Bronzezeit hin. Für Stefanie Berg, Referatsleiterin am Landesamt für Denkmalpflege, dürfte es sich dabei um eine höher gelegene Siedlung gehandelt haben, allerdings in Sichtweite des Gräberfelds. Ob daher eine nachgewiesene Anlage am Schlossberg in Frage kommt, ist wegen der Entfernung eher fraglich. "Auf jeden Fall war das hier aber schon immer eine besondere Region", so Berg.

Das Gräberfeld befindet sich - ebenso wie die Gruben - im Bereich der künftigen Zufahrt aus Richtung Ingolstadt sowie am Standort des Verkehrsknotens, der ebenfalls demnächst entsteht. Die Fachleute gehen davon aus, dass der Friedhof noch größer sein könnte. "Es gibt allerdings Hinweise darauf, dass einige Gräber bereits zerstört sind", so Münds-Lugauer. Zum Teil lagen die Funde gerade mal in 56 Zentimetern Tiefe.

Insgesamt haben die Archäologen 26 Gräber entdeckt. Diese stammen aus einer Übergangsphase zwischen der Zeit der Hügelgräber und der Urnenfelderkultur. Beim Großteil handelte es sich um recht einfache Brandgräber, doch elf Stück hatten eine teilweise noch gut erhaltene Steinfassung. Etwas Schmuck, mehrere Pfeilspitzen und auch ein altes Rasiermesser sind darin als Beigaben aufgetaucht. "Die Gräber waren zum Teil alles andere als arm ausgestattet", erklärte die Grabungsleiterin. Darauf ließen auch die Steine schließen, bei denen es sich um Kalkmaterial aus dem Altmühltal handeln könnte. "So etwas gab es häufiger, doch die Steine herzuschaffen, war sicher nicht billig",so die Expertin.

Was genau mit den Fundstücken nach Abschluss der Katalogisierung passiert, ist noch offen. Auch eine Ausstellung in Neuburg ist nicht ausgeschlossen. Das jedenfalls würde sih Oberbürgermeister Bernhard Gmehling (CSU) wünschen. "Wir haben hier eine attraktive Ausgrabung und tolle Exponate", erklärte er und schlug Gespräche mit dem Historischen Verein über eine Präsentation im Archologie-Museum im Schloss vor. "Ich würde sie gerne dort sehen - eventuell im Rahmen einer Sonderausstellung. "

Ein wesentliches Argument für diese Forderung ist sicherlich die Kostenbeteiligung der Stadt an der Baumaßnahme. Rund 43 Prozent der etwa 7,2 Millionen Euro teuren B16-Zufahrt am Südpark bezahlt die Kommune, der Rest kommt vom Bund. Momentan läuft dort die Arbeit an der Umgehungsstrecke, die für de Bau des eigentlichen Verkehrsknotens nötig wird. "Es läuft sehr gut, wir haben keine Probleme ", erklärte Stephan Blauth, Leiter des staatlichen Bauamts in Ingolstadt. Bis Mitte 2021 soll alles fertig sein.

Stefan Janda