Pferdeglück wie auf den Weiden von Wales

25.09.2009 | Stand 03.12.2020, 4:38 Uhr

Ponyglück auf dem Gestüt Kienberg: Maria Plöckl (links) und ihre Schwester Bettina Kugler züchten mit großem Erfolg Welsh-Ponys. Herbert Kugler brachte die walisische Rasse Ende der 60er Jahre nach Bayern. - Foto: Rein

Kienberg (DK) Nein – eine richtige Pferdenärrin sei sie im Gegensatz zu vielen anderen jungen Mädchen nie gewesen. "Ein bisserl voltigiert hab ich damals halt. Mehr nicht." Bettina Kugler zuckt mit den Schultern. Dass sie mehr als 20 Jahre nach ihren Turnübungen hoch zu Ross zu einer der renommiertesten Ponyzüchterinnen in der Region zählt, hätte sich die heute 36-jährige Mutter dreier Kinder nicht träumen lassen.

Doch als die gebürtige Ehekirchenerin vor zwölf Jahren Thomas Kugler heiratete und auf den Kienberg im Markt Rennertshofen zog, war ihr bereits klar, dass das sprichwörtliche Glück dieser Erde für sie künftig vielleicht nicht auf dem Rücken der Pferde liegt, aber zumindest ziemlich viel damit zu tun haben würde.

Grundstein vor 40 Jahren

Hier, auf den endlos scheinenden hügeligen Magerrasenwiesen werden bereits seit Ende der 60er Jahre Welsh-Ponys gezüchtet. Bettinas Schwiegereltern, Hildegard und Herbert Kugler, haben vor 40 Jahren den Grundstein gelegt für diese Betätigung, als sie den in Holland erworbenen Palominohengst Roman Sentinel und zwei aus England, dem Mutterland der Welsh-Ponys, stammende Stuten gegenseitig vorstellten. "Zu dieser Zeit war die Ponyrasse in Deutschland kaum zu bekommen", erklärt Bettina Kugler, die zusammen mit ihrer Schwester Maria Plöckl inzwischen bei der Ponyzucht die Zügel fest in der Hand hält. Die 23-Jährige Lehramtsanwärterin kann sich nichts Schöneres vorstellen, "als mit Pferden zu arbeiten. Seit ich fünf Jahre alt bin, liebe ich diese Tiere", sagt die junge Frau in der flotten petrolfarbenen Reiterhose und den hochschaftigen Lederstiefeln. Seit Hildegard und Herbert Kugler 1999 ihrem Sohn Thomas die Ponyzucht übergaben, managen die beiden Schwestern die Paarung und Aufzucht der Welsh-Ponys der sogenannten Sektion B. Die müssen laut Züchterkriterien ein Stockmaß zwischen 1,23 und 1,37 Metern haben. Inzwischen ist die Herde – inklusive Zuchthengsten und Zuchtstuten auf 25 Tiere angewachsen.

Der Duft von Freiheit weht über die Weide, auf der die Herde friedlich neben dösenden Schafen grast. Doch sobald Maria Plöckl und Bettina Kugler ihr wohlskandiertes "Komm, komm, Hella" ins Grün rufen, erschallt freudiges Gewieher, laufen die Ponys, den ein oder anderen übermütigen Bocksprung des Entzückens hinlegend, zielstrebig in Richtung der beiden Frauen. Über 40 Hektar erstrecken sich die Weideflächen, "und die Vegetation hier ähnelt sehr der ursprünglichen Heimat der Ponys: Wales."

Schmerzhafte Sekunde

Die Schwestern wissen, dass es bei den meisten Tieren nur eine Partnerschaft auf Zeit ist, ehe die temperamentvollen Ponys, die als besonders robust, zäh, gut reitbar – wobei der Reiter nicht schwerer als 70 Kilogramm sein soll – und ausdauernd bekannt sind, an Interessenten aus ganz Bayern und darüber hinaus verkauft werden. Doch vor diesem Einschnitt haben die Züchterinnen den Erwerb der sozialen Kompetenz gestellt. "Das geht bei Herdenhaltung super." Die Ponys von Kienberg würden nicht eingeritten. Und die Fohlen, die nach rund 340-tägiger Trächtigkeit zur Welt kämen, blieben so lange bei der Mutter, bis diese dem nächsten Tier das Leben schenkt.

Mit drei bis vier Jahren sei der ideale Zeitpunkt gekommen, so ein Pony zu verkaufen, mit vier Jahren könne es gut eingeritten werden. Der züchterische Erfolg gibt den beiden Frauen recht: Welsh-Ponys, die aus dem Rennertshofener Ortsteil stammen, dürfen das Prefix "Kienbergs . . ." tragen. Dieses Attribut ist beim Royal Prefix Register in Großbritannien auf den Züchter Thomas Kugler eingetragen und darf ausschließlich von ihm benutzt werden.

Bereits im zeitigen Frühjahr würden die Anpaarungen geplant und die Herden entsprechend aufgeteilt. Ab April des darauf folgenden Jahres würden die neuen Fohlen bereits sehnsüchtig erwartet. Einige der Stuten, so verkünden die Züchterinnen stolz, dürften mit Lizenz der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) den Titel Elitestute tragen – eine Auszeichnung für besonders gute Zuchtleistung.

In der behüteten Ponykinderstube gebe es für die Jungtiere nur eine einzige schmerzhafte Sekunde: Wenn ein Vertreter des Zuchtverbandes für Deutsche Pferde (ZFDP) im Herbst den Kugler-Hof ansteuer, um die Fohlen zu begutachten und – ihnen das Verbandsbrandzeichen mit glühendem Eisen für immer ins Fell zu prägen. Seit mehreren Jahren zählen Tiere aus Kienberg auch zu den Teilnehmern bei Zuchtschauen in ganz Deutschland. In diesem Jahr habe Kienberg den bayerischen Fohlenchampion auf einer Schau in Finning am Ammersee sowie den Reservesieger der Stuten und der Fohlen auf einer Schau in Holzkirchen gestellt. Eine besondere Auszeichnung, so Bettina Kugler, sei auch die Staatsprämie, die nach Kienberg gegangen sei. Die werde nur verliehen, wenn eine Stute zu den besten 20 Prozent ihres Jahrgangs zähle, erfolgreich die Stutenleistungsprüfung absolviert und ein Fohlen geboren hat.

Schecken verboten

Ein wenig Trennungsschmerz, so geben die Schwestern zu, überkomme sie schon, wenn ein Pony in neue Hände gelangt. Manchmal würden sie das Tier danach auch besuchen. Wer sich eines zulegt, sollte unbedingt wissen, dass Welsh-Ponys bis zu 25 Jahre alt werden können und ihren größeren Artgenossen Pferd damit statistisch toppen. Und: Einen Schecken wird man in der Kugler-Herde vergeblich suchen. Diese Farbgebung untersagt nämlich das Zuchtbuch. Strengstens.