Neuburg
Polizei mischt sich im Fasching nicht ein

01.02.2010 | Stand 03.12.2020, 4:17 Uhr

Diese Puppenszene ist von der Wasserwacht beim Donauschwimmen verboten worden. - Foto: r

Neuburg (r) "Zensur findet nicht statt". Die Aussage des Neuburger Polizeichefs Wolfgang Brandl ist eindeutig. Die Polizei halte sich aus dem Fasching heraus. Ein Einschreiten gebe es nur bei massiven pornografischen Darstellungen. Mit der "Zensur" beim Donauschwimmen hat die Polizei nichts zu tun.

Wie berichtet, hat die Neuburger Wasserwacht als Veranstalter zwei Gruppen Startverbot wegen ihrer Darstellungen der "Kirchensex-Affäre" Rennertshofen gegeben. Später beschwerten sich etliche Teilnehmer über erstmalige "Zensur beim Donauschwimmen". Bei der Siegerehrung gab es kurzzeitig Pfiffe, als das Thema angesprochen wurde.

Die Wasserwachtführung hatte sich bereits im Vorfeld mit dem Vorfall von Rennertshofen befasst. "Wir haben kein generelles Verbot ausgesprochen", erklärte gestern Wasserwachtsvorsitzender Günter Weiß dazu. Es sei ausschließlich um die Art und Weise der Darstellung gegangen. Die beiden aufblasbaren Puppen (mit Kreuz auf einem Floß) habe er als "sehr obszön" empfunden und verbieten lassen, so Weiß. Außerdem hätte einer der Teilnehmer eine Art Polizeiuniform tragen wollen.
   

Die Wasserwacht sei eingebettet ins Bayerische Rote Kreuz, "das muss man berücksichtigen", sagt Mitorganisator Karlheinz Leger. Vereine oder Faschingsgesellschaften hätten da mehr Spielraum.

In der Tat wollen sich für den Faschingsumzug in Rennertshofen (14. Februar) einige Gruppen mit dem Thema "Kirchensex" anmelden. Die Narrengesellschaft "Fidelitas" und das Organisationskomitee als Veranstalter wollen diese Gruppen zulassen und dabei gleichzeitig auf die Form achten. "Wir zensieren nicht", sagt Mitorganisator Ingo Buchmann, "die sollen aber nicht übertreiben und ihre Darstellung im Rahmen halten". Man habe sich schon gedacht, dass das Thema aufgegriffen werde.

"Wir sehen keine Veranlassung, unsere Mannschaft zurückzupfeifen", kündigt Andreas Ottinger aus Bertoldsheim einen "Schlenker" auf den Vorgang von Rennertshofen und den Ortspfarrer an. Die heimische Truppe werde beim Faschingstreiben in "Bernza" (13. Februar) die Sache selbstverständlich vor dem Kirchberg ausspielen. Man achte aber darauf, dass die Form einigermaßen gewahrt bleibe. Von den bisher gemeldeten 40 Gruppen habe bisher keine das Thema angegeben.

Die Staatsanwaltschaft Ingolstadt hängt das Thema nicht so hoch. "Die Meinungs- und Kabarettfreiheit ist bei uns sehr weit gefasst", erklärt Behördenchef Helmut Walter, "da haben auch die Faschingsnarren ihre Rechte". Bei den Umzügen und dem Thema Rennertshofen werde sich die Staatsanwaltschaft zurückhalten: "Wir sind nicht dazu da, den Fasching zu zensieren".

Es gebe allerdings keinen Freibrief. Man vertraue auf das Gespür der Veranstalter. Nur wenn Darstellungen "deutlich über der Toleranzgrenze liegen", werde eingegriffen.

Dass sich über Geschmack streiten lässt, weiß auch der Neuburger Polizeihauptkommissar Wolfgang Brandl. "Jetzt ist Faschingszeit, und da mischen sich unsere Beamten nicht ein", versichert der Inspektionsleiter. Die Polizei könne auch mit den Rennertshofener Darstellungen umgehen. Hochpornografische Darstellungen seien allerdings strafbar.

In der Neuburger Faschingshistorie findet sich in der Tat ein Narrenspektakel, das die Polizei gestoppt hatte. Mitte der 70er Jahre hielt die örtliche Landespolizeiinspektion den – damals noch sehr umfangreichen – Faschingsumzug an. Eine Gruppe hatte einen örtlichen Polizeibeamten als "Führerscheinjäger" dargestellt – mit einem überdimensionalen Hendl als Hinweis auf seinen Namen. Weil zwei Akteure Polizeiuniformen vom Theaterverleih trugen, zog ein Hauptkommissar den kompletten Wagen wegen Amtsmissbrauchs aus dem Verkehr.