Neuburg
Der Nazi und die Menschenfreundin

Neuburger Mittelschüler sehen das Stück "Elly und Ingo" des Ue-Theaters Regensburg – Rechte Gewalt als Thema

05.12.2012 | Stand 03.12.2020, 0:45 Uhr

Elly und Ingo, verkörpert von den Schauspielern Kirstin Rokita und Daniel Zimpel, bilden gegensätzliche Pole auf der Bühne in der kleinen Parkturnhalle der Mittelschule. - Foto: Schanz

Neuburg (szs) Zwei Schauspieler, zwei Stühle, zwei völlig gegensätzliche Charaktere, ein Thema: rechtsextreme Gewalt. Rund 100 Neunt- und Zehntklässler der Mittelschule Neuburg sahen gestern das Stück „Elly und Ingo“. Gesponsert wurde die Vorstellung des Ue-Theaters Regensburg von der Sinninger Initiative gegen Rechts.

Die Schüler sollten für das Thema sensibilisiert werden, erklärte Anton Degenmeier, der Vorsitzende der Sinninger Initiative. „Wir wollen ihnen einen Anstoß geben, sich mit rechter Gewalt zu befassen.“ Längst nicht jeder Neo-Nazi laufe heutzutage mit Glatze, Bomberjacke und Springerstiefeln herum, sagte Lutz Hollermeier, Degenmeiers Vorgänger. „Man erkennt sie nicht mehr unbedingt auf den ersten Blick.“ Und auch das rechte Gedankengut klinge oftmals eher unterschwellig durch.

Überhaupt nicht unterschwellig, sondern klar in Schwarz-Weiß unterschieden die Charaktere auf der Bühne: Zwei Handlungen, zwei Geschichten in zwei unterschiedliche Epochen teilen sich die Bretter. Rechts der Nazi, links die Menschenfreundin.

Schauspielerin Kirstin Rokita erzählt als Elly Maldaque die Geschichte dieser realen Person, der Volksschullehrerin, die 1930 sterben musste, weil sie an einer linken Veranstaltung teilgenommen hatte. Sie gilt heute als das erste Todesopfer der Nationalsozialisten in Regensburg. Leise und traurig gibt sie auch kurz vor ihrem Tod den Glauben an das Gute im Menschen nicht auf.

Laut, brutal und hasserfüllt brüllt dagegen Schauspieler Daniel Zimpel seine Schimpf-Tiraden von der Bühne. Er spielt Ingo, den Nazi, der mit voller Straßenuniformierung und großdeutschem Liedgut keinen Zweifel an seiner Einstellung lässt und sie in Gewaltorgien gegen Ausländer, Schwarze oder Schwache eskalieren lässt. Regisseur und Autor Kurt Raster hat die Rolle anhand von Berichten von Aussteigern aus der rechten Szene skizziert.

Erst nach und nach offenbart sich, dass auch der harte Ingo nur ein Geschlagener, Getretene ist, der sich in braune Parolen flüchtet. Und immer wieder durchbrechen die Schauspieler die Handlungsebene, unterhalten sich scheinbar außerhalb des Stückes über die Glaubwürdigkeit ihrer Rollen.

Und die Schüler? Die erstarren vor Schreck, als Ingo seine Beschimpfungen von der Bühne schreit. 50 Minuten halten die Schauspieler die Spannung aufrecht. „Ich fand es echt gut, dass sie auch richtig krass gesprochen haben, Jugendsprache benutzt haben“, erzählt der Schüler Mahir Ali nach der Vorstellung.