Neuburg
Gewerkschaft fordert mehr Kontrollen

Zollamt ermittelt wegen Verstößen gegen Mindestlohn im Hotel- und Gaststättengewerbe

25.05.2018 | Stand 02.12.2020, 16:21 Uhr
Verstöße gegen den Mindestlohn beklagt die Gewerkschaft NGG besonders im Hotel- und Gaststättengewerbe. Zwar prüft der Zoll die Abrechnungen, die Gewerkschaft kritisiert aber die ihrer Ansicht nach zu geringe Kontrolldichte. −Foto: Foto: NGG

Neuburg (DK) Im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen gibt es weiterhin Unternehmen, die ihren Beschäftigten weniger als die gesetzlich vorgeschriebenen 8,84 Euro pro Stunde zahlen.

Davon geht die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) aus. Die NGG Schwaben verweist dabei auf eine Bilanz der Finanzkontrolle Schwarzarbeit beim zuständigen Hauptzollamt Augsburg. In dessen Bereich leiteten die Beamten im vergangenen Jahr insgesamt 159 Ermittlungsverfahren gegen Arbeitgeber ein, die gegen das Mindestlohngesetz verstoßen haben.

Nach Einschätzung der Gewerkschaft ist das jedoch lediglich die Spitze des Eisbergs. Die Dunkelziffer liege deutlich höher. "Es kann nicht sein, dass im dritten Jahr nach seiner Einführung noch immer viele Menschen unterhalb des gesetzlichen Minimums verdient haben", kritisiert Tim Lubecki, Geschäftsführer der NGG Schwaben. Wie groß das tatsächliche Ausmaß der Mindestlohn-Prellerei sei, zeige eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Danach erhielten im Jahr 2016 bundesweit rund 1,8 Millionen Beschäftigte weniger als den Mindestlohn. Besonders betroffen ist das Hotel- und Gaststättengewerbe: Dort bekamen damals 38 Prozent der Mitarbeiter einen Lohn, der unterhalb des gesetzlichen Minimums lag, so eine Untersuchung der Hans-Böckler-Stiftung.

Gewerkschafter Lubecki beklagt zugleich eine mangelnde Kontrolldichte beim Zoll. Dies zeige gerade der Blick auf das Gastgewerbe. "2017 wurden im gesamten Bereich des Augsburger Zolls 369 Betriebe der Branche geprüft. Allein im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen gibt es nach Angaben der Arbeitsagentur jedoch 133 Hotels, Gaststätten und Restaurants", so Lubecki weiter.

Bei der Zollstatistik beruft sich die NGG Schwaben auf eine Auswertung des Bundesfinanzministeriums für die Bundestagsabgeordnete Beate Müller-Gemmeke (Grüne). Danach prüfte das Hauptzollamt Augsburg im vergangenen Jahr quer über alle Branchen hinweg insgesamt 1864 Arbeitgeber auf Schwarzarbeit, Lohn-Prellerei und Steuerhinterziehung. Für die Verstöße gegen den gesetzlichen Mindestlohn verhängten die Kontrolleure Bußgelder in Höhe von rund 427000 Euro.

"Wir brauchen deutlich mehr Kontrollen, um betrügerischen Chefs das Handwerk zu legen", fordert Lubecki. Dafür müsse die Finanzkontrolle personell kräftig aufgestockt werden. Kein Verständnis hat der Gewerkschafter für die Klagen der Arbeitgeber, die Dokumentationspflichten brächten zu viel Bürokratie. "Das genaue Aufschreiben der Arbeitszeit ist absolut nötig. Darauf schaut der Zoll bei den Kontrollen auch zuerst. Nur wenn die Arbeitszeiten erfasst werden, lässt sich Lohnbetrug verhindern. " Das Mindestlohngesetz sei kein Papiertiger. Es sichere in der Region Tausenden Beschäftigten ein Existenzminimum.

Anfang 2019 Jahres steht die nächste Erhöhung des Mindestlohns an. Die NGG - zugleich Mitglied der Mindestlohnkommission - plädiert für ein deutliches Plus: "Aus 8,84 Euro muss rasch etwas Zweistelliges werden", sagt Lubecki. "Grundsätzlich ist es ein Skandal, dass wir uns bei den Löhnen der Beschäftigten in Hotellerie und Gastronomie überhaupt über den gesetzlichen Mindestlohn unterhalten", so der Gewerkschafter weiter. Nur der "Tarifflucht der Hoteliers und Gastro-Chefs" habe man es zu verdanken, dass viele Beschäftigte im Gastgewerbe überhaupt mit der Lohn-Untergrenze abgespeist würden. In den Tarifverträgen habe die NGG schließlich deutlich höhere Löhne vereinbart. Und die Gewerkschaft kämpfe gerade erneut darum, am Verhandlungstisch mit den Arbeitgebern ein ordentliches Lohn-Plus für die Beschäftigten durchzusetzen.