Gempfing
Wo einst Mastschweine grunzten

Der Gempfinger Architekt Rainer Wilhelm zeigt, was man aus alten Gebäuden alles machen kann

06.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:13 Uhr

Einst Güllegrube, jetzt Schwimmbad. Architektonische Kreativität machte es möglich. - Fotos: Maier

Gempfing (DK) Der Niedergang der Landwirtschaft brachte leerstehende Ställe und Scheunen mit sich. Was man aus einem Stadel von 1896, der zum Schluss als Mastschweinestall genutzt wurde, machen kann, zeigte Architekt Rainer Wilhelm dem Heimatgeschichtlichen Verein Burgheim.

Betritt man den Gempfinger Hofgärtner-Hof der Schwiegereltern von Rainer Wilhelm, so sieht man auf den ersten Blick einen dreiseitigen Hof mit eher einfachen Gebäuden. Landwirtschaft wird hier in Gempfing nicht mehr betrieben. Rund zehn Jahre "ging es ihm im Kopf um", wie er es selbst ausdrückte, bis Rainer Wilhelm die Lösung für die Nutzung als Architekturbüro, wie auch für privaten Bedarf hatte. An der Hofseite hat Wilhelm kaum etwas verändert, lediglich der Stadeleingang wurde modifiziert. Das Gebäude sollte aus Respekt vor der Vorgängergeneration eine neue Würdigung erhalten. Geschichtsvermischung und Romantisierung waren tabu.

Nicht alltäglich ist die Wärmedämmung über das gesamte Gebäude mit Heuballen, der Speicher ist kalt. Die 40 Zentimeter hohen Heuballen erzielen einen höheren Dämmwert als acht Zentimeter Styropor, nur die Fugendichte werde nicht erreicht. Probleme bereiteten die Brandschutzauflagen, doch auch dazu konnten die nötigen Nachweise erbracht werden. In dem Gebäude sind Räume für ein Architekturbüro eingerichtet, in denen zehn Mitarbeiter arbeiten. Zwei Räume dienen als Lager, die noch nicht fertig sind. An die frühere Nutzung erinnert noch die alte Transmission über die Heuaufzug, Rübenhäcksler und die "Gsotmaschine" angetrieben wurden. Aber auch bei der privaten Nutzung war Rainer Wilhelm kreativ. Der einstige Güllekanal ist das jetzige Weinlager. Auf Knopfdruck kommt das Regal mit den edlen Tropfen aus der Tiefe in den Raum. Geht man aus dem Gebäude, steht man vor dem Schwimmbad, früher war es die Güllegrube.

Im Gebäude erkennt man unschwer, dass Rainer Wilhelm ein großer Fan der Malerei ist. Lithographien aus allen Epochen zieren die Wände. Der Architekt interessiert sich nicht nur für die Werke an sich, sondern auch für die Hintergründe. Als scharfsinniger Betrachter erkennt er oft Parallelen an Bildern, die zeitlich weit auseinander liegen und doch auf das Wesentliche reduziert sind. So mancher Künstler wurde in seiner Zeit dafür verflucht, doch heute sieht man es als hohe Kunst. Das Wechselspiel über Jahrhunderte zwischen Kopf und Bauch, Verstand und Gefühl, Klerus und Kirchenvolk, je nach Anschauungen, fasziniert Rainer Wilhelm. Er ging sogar mit einem Bild zu "Kunst und Krempel", der beliebten Sendung im Bayerischen Fernsehen. Dabei stellte sich heraus, dass die sechsköpfige Apostelgruppe aus einer Nürnberger Altartafel um 1500 stammt. Der Künstler war nicht bekannt, dafür der Schätzpreis sehr angenehm.

Bei Kaffee und Kuchen lauschten und staunten die Burgheimer Hobbyhistoriker den Ausführungen und zeigten sich beeindruckt von architektonischer Kreativität, mit der man Altes für die Neuzeit erhält.