Neuburg
Für die Eisenbahn sprang der Papa ein

Schüler und Pendler warteten Montagmorgen vergeblich - "Empfindliche Auswirkungen"

10.12.2018 | Stand 02.12.2020, 15:04 Uhr
Der Agilis-Zug fährt in den Neuburger Bahnhof ein. Nach der Streikpause der Gewerkschaft lief der Bahnverkehr am Montagvormittag wieder an. −Foto: r

Neuburg (lfs/r) Nichts ging Montagfrüh - Schüler und Pendler warteten vergeblich auf ihre Züge. Der bundesweite Bahnstreik der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hatte auch Betreiber Agilis erfasst. Nach 9 Uhr normalisierte sich der Bahnverkehr wieder, allerdings fielen auch nachmittags einzelne Fahrten aus.

In der Früh füllte sich die Wartehalle des Neuburger Bahnhofs, "einige waren schon sehr verärgert", hat der Imbissverkäufer beobachtet. Etliche der Schüler und Pendler warteten bis nach 9 Uhr auf ihre Züge, einige riefen Taxis. Steffi und ihre Freundinnen aus Rain, Burgheim und Straß standen am Bahnsteig ihrer Heimatorte, aber der Zug kam nicht. Zum Glück gibt es die Papas: Sie chauffierten ihre Töchter samt Freundin ausnahmsweise direkt bis zur Neuburger Wirtschaftsschule. In der Klasse wartete ausgerechnet eine Schulaufgabe in Betriebswirtschaftslehre. "Ich bin gerade rechtzeitig beim Austeilen der Aufgaben gekommen", erzählt Steffi.

Bei Angelika Frommer (60) aus Neuburg klingelt unter der Woche der Wecker bereits um 4 Uhr in der Früh. Sie arbeitet als Sachbearbeiterin in München. Ihre reguläre Abfahrtszeit am Bahnhof in Richtung Ingolstadt wäre um 5.26 Uhr. Das klappte am Montag auch noch einigermaßen pünktlich. Im Zug wurden die Fahrgäste durch die Zugbegleiter bereits gebeten Informationen im Internet einzuholen. Diese Informationen überschlugen sich auf der Fahrt nach Ingolstadt dann im Minutentakt. In Frommers Abteil kam große Unruhe auf. "Eine Mitfahrerin weinte schon, bevor wir angekommen waren", erzählt Frommer. Auf ihre Frage, was denn los sei, bekam sie die Antwort: "Wenn ich mich verspäte, bekomme ich eine Abmahnung und das kann zur Entlassung führen", erklärte ihr die Frau unter Tränen. "Auch bei den anderen Fahrgästen war die Stimmung deutlich am Boden, und das ließen sie sich auch lautstark anmerken", so Frommer.

In Ingolstadt angekommen erhielt Frommer die Information, dass in wenigen Minuten eine Umleitung über Donauwörth möglich wäre. Das Risiko, dann eventuell da festzusitzen, wollte sie aber nicht eingehen. Mit einem Anruf in ihrer Firma klärte sie die Situation für sich. Sie muss jetzt einen Tag Urlaub nehmen. "Unterm Strich verstehe ich die Gewerkschaft, aber heute waren die Auswirkungen schon sehr empfindlich." Von Ingolstadt ließ sich Angelika Frommer dann mit dem Auto abholen.

Anette Lenz (54) aus Sehensand kam schon gar nicht von Neuburg weg. " Bis jetzt rechne ich noch mit drei Stunden Verspätung bis ich an meinem Schreibtisch sitze, aber schauen wir einmal", meinte sie gegen 9.30 Uhr, da noch lächelnd. "Ich habe viel Verständnis für die Streikenden. Ebenfalls halte ich ihre Lohnforderungen für gerechtfertigt. Alles in Allem müssen die Rahmenbedingungen für die Beschäftigten dringend verbessert werden", war die Meinung der Juristin.

Sie hat für sich eine andere Möglichkeit gefunden, um an ihren Arbeitsplatz zu kommen: "Ich warte hier auf zwei Kolleginnen die mich mit dem Auto abholen, dann geht's auf der Autobahn nach München."

Wie die Bahn mitteilt, sollen im Fernverkehr alle für Montag gekauften Tickets bis zum Sonntag, 16. Dezember, gültig bleiben. Für bestimmte Spartickets werde zudem die Zugbindung aufgehoben. Im Fall von Reiseabsagen wegen des Warnstreiks sind Erstattungen von Tickets und Reservierungen geplant.