Neuburg
Handwerker steigen Heilig Geist aufs Dach

2,4 Millionen Euro teure Sanierung der Pfarrkirche läuft am Rosenmontag an - Weiterhin Gottesdienste

12.02.2019 | Stand 23.09.2023, 5:56 Uhr
Banger Blick nach oben: Die anstehende Sanierung der Heilig-Geist-Kirche in Neuburg soll die abgesackte Decke retten. Stellenweise sind bereits Schäden im Stuck entstanden. Das Gotteshaus bekommt außerdem einen neuen Anstrich. −Foto: Janda

Neuburg (DK) In der Heilig-Geist-Kirche in Neuburg spielt in den nächsten Monaten neben dem Glauben auch das Handwerk eine wichtige Rolle. Ab Rosenmontag läuft dort eine umfangreiche Sanierung. Dabei geht es um nicht weniger als die Rettung der wertvollen Kirchendecke. Die Kosten: 2,4 Millionen Euro.

Der Blick geht beinahe schon automatisch nach oben. Dort, an der Decke der Hallenkirche, ist der namensgebende Heilige Geist auf besonders eindrucksvolle Art und Weise zu sehen - in Form des Gemäldes "Die sieben Gaben des heiligen Geistes", das der Donauwörther Maler Matthias Zink geschaffen hat. So prachtvoll die Darstellung auch ist, in jüngster Zeit ist den Verantwortlichen der Pfarrei beim Blick nach oben jedoch gar nicht gut zumute gewesen. Denn im Gemälde sind feine Risse zu sehen, stellenweise sogar kleinere und auch etwas größere Löcher. Die tonnenschwere Decke von Heilig Geist ist abgesackt, um rund 15 Zentimeter. Ohne Einschreiten würde sie in einigen Jahren wohl herabstürzen.

Dieses Risiko will in der Neuburger Pfarreiengemeinschaft freilich niemand eingehen, weshalb die Planungen längst laufen. Mittlerweile sind sie sogar so weit fortgeschritten, dass die Sanierung und damit die Rettung der Decke beginnen kann - und das gerade mal zwei Jahre nach der statischen Untersuchung. "Ein sportliches Tempo", stellt Pfarrer Herbert Kohler zufrieden fest. Am Rosenmontag, also am 4. März, beginnt der Aufbau der Gerüste, bis zum Spätherbst 2020 soll laut den Planungen alles abgeschlossen sein.

Dabei kommt den Handwerkern der Zustand des barocken Dachstuhls durchaus entgegen. Denn anders als in vielen Kirchen aus dem frühen 18. Jahrhundert ist die Balkenkonstruktion in Heilig Geist nach wie vor in einem guten Zustand. Anders sieht das beim eigentlichen Problem, der Aufhängung der Decke, aus. Denn in dem Sakralbau gibt es keinerlei Stützpfeiler - ein Vorteil bei der Sicht auf den Altar, ein Nachteil für die Statik. "Die Aufhängung der Decke ist zu weich ausgelegt", erklärt Kohler. Dadurch gebe der Dachstuhl jede zusätzliche Last, etwa bei starkem Wind, direkt an die Decke weiter - und diese sackt dadurch ab.

Die Lösung sollen nun sogenannte Hängesprengwerke aus Holz und Stahl darstellen, welche die Arbeiter in den Dachstuhl einbauen werden. "Dadurch bekommt die Decke wieder Zug", erklärt der zuständige Architekt Daniel Eggeling. Gleichzeitig würden die Kräfte, die auf den Dachstuhl einwirken auf diese Weise wieder aufgefangen werden. Die Sanierung beinhaltet außerdem einen neuen Anstrich sowie die Ausbesserung von Putz und Blechen.

Der Schaden, der bereits entstanden ist, wird hingegen immer ein Teil der Heilig-Geist-Kirche bleiben. "Wir können den aktuellen Zustand nur einfrieren", sagt Eggeling. Beim Versuch, den schweren Stuck wieder in seine ursprüngliche Position zu bekommen, wären wohl massive Schäden die Folge. Dass das nicht schon ohnehin passiert ist, hat laut Georg Gabriel mit der Bauweise von einst zu tun. "Die Decke ist sehr weich und bewegt sich mit", erklärt der Verwaltungsleiter der Pfarreiengemeinschaft und meint: "Eine moderne Decke wäre wohl längst kaputt."

Ohne das Unglück in Bad Reichenhall, als im Jahr 2006 beim Einsturz des Daches einer Eislaufhalle 15 Menschen ums Leben gekommen sind, wäre der Schaden in der Pfarrkirche wohl nicht so früh entdeckt worden. Doch seit dem tragischen Vorfall gelten für Dächer mit bestimmten Spannweiten besondere statische Vorgaben - und darunter fällt das Neuburger Gotteshaus mit seiner in der Breite 16 Meter umfassenden Decke.

Doch das Absacken ist nicht das einzige Problem in dem Bauwerk. Eggeling nennt auch sogenannte polychlorierte Biphenyle, besser bekannt unter der Abkürzung PCB, sowie den Stoff Lindan. Beide sind lange dazu verwendet worden, um hölzerne Bauteile vor Schädlingen zu schützen, was immerhin gut funktioniert hat. Für Menschen sind sie allerdings als krebserregend eingestuft, weshalb bei den Arbeiten im Dachstuhl und an der Dämmung besondere Sicherheitsvorkehrungen für die Handwerker gelten. Ohne Ganzkörperschutz geht daher gar nichts, gleichzeitig sind spezielle Duschen nötig. Und auch eine besonders intensive Reinigung mit Spezialsaugern, unter anderem um liegenden Staub zu beseitigen, ist nötig.

Trotz all dieser Erschwernisse gibt es auch gute Nachrichten, vor allem für die Gläubigen. Denn die Gottesdienste an den Wochenenden und an Feiertagen sollen weiterhin in Heilig Geist stattfinden, allerdings unter einem schützenden Innengerüst. Bei Beerdigungen wird die Pfarrei nach Möglichkeit in die St.-Augustin-Kirche ausweichen. Entsprechende Gespräche mit der Gemeinschaft der Barmherzigen Brüder hat Kohler bereits geführt. Er betont aber, dass für die Nutzung jedes Mal eine eigene Absprache nötig sein werde. Für Hochzeiten steht unterdessen die Hofkirche zur Verfügung, deren Heizung aktuell zwar nicht in Betrieb ist, die im Sommer dafür aber angenehme Temperaturen bietet.

Für die Kirchenstiftung von Heilig Geist bleibt die Sanierung hingegen ein finanzieller Kraftakt. Zwar wird sich die Diözese Augsburg mit einem stattlichen Zuschuss beteiligen, auch die Stadt und der Bezirk haben bereits Fördermittel zugesagt, weitere Anfragen laufen. Dennoch dürften rund 600000 Euro übrig bleiben. Pfarrer Kohler zeigt sich allerdings hocherfreut über "die großartige Spendenbereitschaft der Menschen" und die vielen Aktionen der Gläubigen zur Unterstützung. Dass die Leute in Zeiten des Eichstätter Finanzskandals Geld für die Kirche geben, ist in seinen Augen alles andere als selbstverständlich.

Stefan Janda