Franken
Würzburg erobert den Weltraum

Satelliten sind Grundbausteine unserer vernetzten Welt – Im Miniformat sollen sie bald von Unterfranken aus in Serie gehen

17.10.2022 | Stand 22.09.2023, 4:27 Uhr

Im Würzburger Zentrum für Telematik entstehen diese Kleinsatelliten. Foto: Hildenbrandt,dpa

Würzburg – Mit einer Forschungsfabrik für Kleinsatelliten in Würzburg sollen die Grundlagen für eine Serienproduktion von Mini-Satelliten in Deutschland gelegt werden.

Ein am unabhängigen Forschungsinstitut Zentrum für Telematik (ZfT) angesiedeltes Team etwa von Informatikern, Maschinenbauern und Elektronikern soll unter anderem herausfinden, wie in kurzer Zeit große Stückzahlen bereitgestellt werden können. „Hunderte pro Jahr zu produzieren, kann in Europa im Moment keiner“, sagte ZfT-Vorstand Klaus Schilling. „Einige Fertigungsinseln haben wir jetzt schon in Betrieb.“

Im All sollen die kleinen Satelliten als „Schwärme“ bei der Erdbeobachtung helfen. „Wir möchten sehr schnell ablaufende Phänomene erfassen.“ Der Wissenschaftler verwies etwa auf den Ausbruch eines Unterwasservulkans im Südseestaat Tonga vor rund einem Jahr, wo Satelliten bei der Aufklärung unterstützt hätten.

Die Kleinsatelliten sollen in einer niedrigen Umlaufbahn unterwegs sein, etwa 400 Kilometer über der Erde oder weniger. „Wenn sie niedriger fliegen, bekommt man eine bessere Auflösung“, erklärte Schilling. Zudem ermögliche dies geringere Verzögerungen bei der Kommunikation, wichtig etwa für das autonome Fahren oder interaktive Internetanwendungen.

In niedrigen Erdumlaufbahnen sind derzeit unter anderem etwa 2000 Satelliten des Tesla-Gründers Elon Musk unterwegs, die bereits ein weltweites Netzwerk zur Internetversorgung ermöglichen. Auch andere Unternehmen und Länder wie China arbeiten an ähnlichen Missionen.

Ziel in Würzburg ist es zunächst, binnen eines Jahres eine Produktionsstrecke zu bauen, an der unter anderem Roboter arbeiten. „Es wird Hightech-Automatisierungstechnik eingesetzt, um Satelliten aus den einzelnen Bauteilen zusammenzusetzen“, sagte Schilling. Schon jetzt kleben Roboter beispielsweise Solarzellen an den Außenseiten der Satelliten auf.

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) unterstützt mit Bundesmitteln das ZfT beim Aufbau der Forschungsfabrik. Das ZfT ist eine außeruniversitäre Einrichtung. Es finanziert sich durch Aufträge der EU, der Europäischen Weltraumorganisation, des DLR und der Industrie. In Würzburg arbeiten Forscher seit vielen Jahren an Satelliten so groß wie ein Schuhkarton, die in Entwicklung und Transport deutlich günstiger sind als ihre großen Geschwister.

Schilling gilt als Pionier bei der Kleinsatelliten-Forschung - er hatte jahrelange auch den Lehrstuhl „Robotik und Telematik“ an der Universität Würzburg inne. Der erste deutsche Pico-Satellit kam 2005 von Schillings Uni-Team und hieß „Uwe-1“. Seine Mission: via Internet im All Signale zwischen Bodenstationen weiterzuleiten.

dpa