Landkreis Roth
Wasserratten in der Warteschleife: Enormer Andrang auf die Schwimmkurse

06.05.2022 | Stand 06.05.2022, 16:44 Uhr

Endlich Schwimmen lernen: Auf dem Archivbild ist Gerhard Ellinger aus Eckersmühlen in Rother Freibad im Einsatz. In der Pandemie machte er mit kostenlosen Lernvideos auf Youtube Furore. Jetzt zum Start der Freibadsaison ohne Corona-Einschränkungen gibt es bei allen Ausbildern lange Wartelisten. Foto: Tschapka

Von Richard Auer

Hilpoltstein – Wenn an diesem Samstag in Hilpoltstein das Freibad seine Tore öffnet, sind nach zwei ganzen Jahren der Zwangspause endlich auch wieder Schwimmkurse möglich. Unter Corona-Einschränkungen mit eineinhalb Metern Pflichtabstand hatten in der Vergangenheit nur die Familien selbst dem Nachwuchs das Schwimmen beibringen können. Weil das vielfach nicht geschehen ist, kommt auf die Übungsleiter jetzt eine ganze Bugwelle von Nichtschwimmer-Kindern zu.

In Hilpoltstein werden die Schwimmkurse traditionell vom Badpersonal selbst durchgeführt, also von Schwimmmeister Friedrich Taschner und seinen beiden Kollegen Stefan Treiber und Albert Kobras. Termine sind die Pfingstferien und die Großen Ferien. Wie Albert Kobras, Fachangestellter für Bäderbetriebe, sagt, wird es „aufgrund des Rückstaus mehrere Kurse geben“. Üblicherweise lernen im Hilpoltsteiner Bad in der Saison rund 100 Anfänger das Schwimmen – heuer aber dürften es deutlich mehr werden: 200 sind da wohl als Minimum einzuplanen.

40 Anmeldungen schon vor der Baderöffnung

Wie immer liegt an der Badkasse eine Liste auf, in die sich Interessenten eintragen können – da seien bereits jetzt, so Kobras, 40 Anfänger eingetragen. Das ist wohl die Spitze der Bugwelle, denn die meisten Anmeldungen kommen erst nach der Baderöffnung. Ob am Ende alle Kinder in den Kursen mit maximal je zehn Teilnehmern zum Zug kommen werden, muss sich noch zeigen: „Wir versuchen, unser Bestmögliches zu geben.“

Ein kleiner Vorzug für die Ausbilder könnte sein, dass viele der Kids auf der Liste schon ein bisschen älter sind, und damit „körperlich schon besser drauf“, wie Kobras meint. In normalen Zeiten kämen die Kindern nämlich schon mit fünf Jahren – also noch vor der Einschulung.

Aber einige hätten es natürlich schon „mit Mama und Papa gelernt“, als den Ausbildern die Hände gebunden waren. Geholfen hat da bestimmt manchem das Angebot des Schwimmlehrers Gerhard Ellinger (61) aus Eckersmühlen: Er ist Schwimmlehrer im Rother Freibad und hat im vergangenen Juni ein kostenloses Youtube-Online-Tutorial fürs Brustschwimmen-Lernen erstellt. Im heimischen Gartenpool mit den Enkelkindern. Die drei Filme unter dem Titel „Schwimmen lernen – Kinderschwimmen mit Gerhard Ellinger“ sind auf Youtube schon rund 16000 Mal aufgerufen worden „Die Videos sind absolut genial angekommen“, freut sich Ellinger heute. Er habe seitdem schon viele dankbare Anrufe von Eltern bekommen, die berichten, dass Ellingers Prinzip aufgehe: als „vernünftige Vorgehensweise, dass man sich nicht die Nerven aufreibt“. Die Videos werden sich bestimmt auch weiterhin bewähren – auch als solide Einführung für weiterführende Kurse: „Das hilft mir als Schwimmlehrer enorm“, sagt Ellinger, der keinen Hehl daraus macht, dass er vom simplen „Seepferdchen“-Nachweis für Grundkenntnisse nicht sehr viel hält.

Das Unterrichts-Verbot der Corona-Jahre endet auch für die Wasserwacht-Ortsgruppe, die im Hilpoltsteiner Freibad normalerweise den eigenen Verbandsnachwuchs schult. Jetzt freilich geht es wieder richtig los mit der praktischen Aus- und Fortbildung, und endlich können auch die eigenen „Bambinos“ einsteigen.

Einen riesigen Andrang auf Schwimmkurse erlebt in diesen Tagen auch die „Schwimmschule SAM“ von Anja Haas aus Heideck. Haas gibt mit 18 Übungsleitern Unterricht im Hilpoltsteiner Aufhof-Bad, im Förderzentrum Neuendettelsau, im eigenen Schwimmbad in Postbauer-Heng und auch in Regensburg. „Wahnsinn“, sagt sie über die derzeitige Nachfrage von Eltern für ihrer Kinder.

„Auffällig ist, dass sehr vieleältere Kinder dabei sind“

Die Kurse sind mit jeweils maximal sechs Kindern recht klein – die Wartelisten aber riesig. „Pro Kurs haben wir 10 bis 20 Kinder auf der Warteliste“, sagt Haas. „Was sehr auffällt, ist, dass sehr viele ältere Kinder darunter sind.“ Die Schwimmschule unterrichtet Kinder ab vier Jahren, aber jetzt kommen verstärkt Sechs- bis Achtjährige, die dringend einen Platz brauchen, damit sie in diesem Sommer an ihren Schulen beim Sport-Schwimmunterricht auch wirklich mitmachen können. „Die Dringlichkeit ist groß wie noch nie“, sagt Haas.

Viel Arbeit also, auch viel Organisation, aber für Anja Haas und ihre private Schwimmschule kommt das gerade recht: „Monatelang ist ja wegen Corona gar nichts gegangen, wir hatten achteinhalb Monate geschlossen.“ Viele private Einrichtungen wie die ihre hätten das wirtschaftlich nicht überstanden. „Jetzt können wir uns langsam wieder derrappeln – wenn nicht irgendwann wieder der nächste Tiefschlag kommt.“

HK