Greding
Vom Vergnügungswart zum Vorsitzenden: Josef Schneider übergibt nach 40 Jahren beim Aero-Club

24.05.2022 | Stand 22.09.2023, 22:56 Uhr

Schutzendorf/Kraftsbuch – „Jetzt haben wir ihn.“ Josef Schneider hat den Satz noch gut im Ohr, den seine späteren Fliegerkollegen am Stammtisch in der Gastwirtschaft Krone voller Triumph gesagt haben. Denn lange hatten sie vergeblich versucht, Schneider als Mitglied zu gewinnen. Aber immer vergeblich, denn das Segelfliegen interessierte den Landwirt aus Kraftsbuch nicht – damals zumindest. Als der Verein dann aber im Herbst 1971 seinen ersten Motorsegler kaufte, war auch das Interesse Schneiders geweckt und er unterschrieb Anfang 1972 den Mitgliedsantrag. Damit war aber auch sein Schicksal besiegelt, das ihn seit einem halben Jahrhundert untrennbar mit der Fliegerei verbindet.

„Schon am Jahresende hatte ich den Motorflugschein in der Tasche“, erinnert er sich an die Euphorie zurück, die ihn beflügelte. Mitglied im Aero-Club Greding zu sein, der 1935 als Fliegerkreis Greding gegründet worden war, bedeutete aber nicht nur Höhenflüge, sondern viel Arbeit, um die Voraussetzungen für das Vergnügen zu schaffen. Und gerade in der Anfangszeit gab es viel zu tun, musste sich der Verein, der bis 1969 auf dem Gelände der E-Stelle geflogen war, doch auf dem Schutzendorfer Espan erst eine neue Heimat schaffen.

Halle mit dem Bulldogin Ingolstadt geholt

Den Anfang machte eine Halle aus Oberschleißheim, die als Unterstellhalle für Kanus gedient hatte. „Damals bin ich schon voll im Einsatz gewesen.“ 1975 wurde Josef Schneider zum Vergnügungswart gewählt und legte gleich mit der Organisation des ersten Fliegerfests die Messlatte hoch. 1976 wurde Schneider stellvertretender Vorsitzender, 1982 übernahm er auch die Aufgaben des schwer kranken Vorsitzenden Paul Burkhard. 1983 schließlich übernahm er auch offiziell die Verantwortung für den Verein. Und es wurde weiter gebaut: Eine Halle, die Paul Burkhard von Shell in Ingolstadt organisiert hatte, wurde aufgestellt. „Die habe ich mit dem Bulldog geholt“, sagt Schneider lachend. Diese Halle wurde dann noch erweitert.

Groß war der Schrecken im März 1990, nachdem der Sturm Wiebke gewütet hatte: Eternitplatten vom Dach steckten im Motorsegler, der Rumpf war teilweise zertrümmert. Günstig kam der Verein 1996 zu einem Wasser- und Stromanschluss, weil in der Nähe – nach harten Kämpfen – ein Mobilfunkmast errichtet wurde. Beim Bau der neuen Werkstatt im Jahr 1999 haben die Mitglieder gestöhnt, sie wären doch kein Arbeitsverein, berichtet Schneider grinsend. „Heute sind alle glücklich, dass wir die Werkstatt haben.“ 2015 wurden zwei je 150 Meter lange Streifen asphaltiert und damit der Sicherheitsfaktor erhöht. 2017 und 2018 wurde eine Halle für Transportanhänger gebaut, „die braucht jedes Segelflugzeug für Außenlandungen“. Die Sicherheit, dass sie nicht umsonst viel Arbeit in den Aufbau des Flugplatzes und seiner Infrastruktur gesteckt haben, gibt den Vereinsmitgliedern der Erbpachtvertrag über 60 Jahre, der 1991 geschlossen werden konnte. „Das war gut und wichtig“, sagt Schneider.

Viel Arbeit bedeutete für den Verein auch immer die Ausrichtung des Fliegerfests, eines Highlights im Veranstaltungsprogramm der Region. Für ein attraktives Programm sorgte stets der der überaus gut vernetzte Chef selbst. „Manfred Strößenreuther bin ich auf jedes Fliegerfest nachgefahren“, erzählt Schneider. Und beim Fliegerfest in Neuburg hatte er den amtierenden Weltmeister im Kunstflug so weit: Strößenreuther zeigte zur 50-Jahrfeier des Vereins 1985 in Schutzendorf sein überragendes fliegerisches Können und „das Publikum hat getobt“. Der Weltmeister war von dieser Resonanz begeistert und wollte im nächsten Jahr auf jeden Fall wiederkommen. „Doch er ist drei Wochen vor dem Fliegerfest tödlich verunglückt“, sagt Schneider mit Wehmut in der Stimme. Denn Strößenreuther sei nicht nur ein exzellenter Kunstflieger gewesen, sondern auch ein überaus sympathischer Mann.

Bis 2011 gab es dieses Fest, das Tausende von Besuchern anlockte, jedes Jahr. Dann wurden nach verschiedenen Unglücken bei anderen Flugschauen die Vorschriften so streng, dass das Fest nicht mehr durchzuführen war. Es gab noch zwei Fliegerfeste ohne Kunstflugprogramm, aber 2016 haben die Mitglieder beschlossen, „das tun wir uns nicht mehr an“. Stattdessen gibt es nun kleinere Feste, das Schnupperfliegen und am ersten Wochenende im September weiterhin die Kreiskinderflugtage. Damit macht der Verein immer wieder junge Leute neugierig aufs Fliegen wie die zwei 14-Jährigen, die derzeit in Ausbildung sind. Sechs Flugschüler bildet der Verein insgesamt aus.

Martin Weglehnertritt in die Fußstapfen

Mit Blick auf die Mitgliederzahl, 90 sind es insgesamt, davon 38 Aktive, die Flugzeuge des Vereins und die Infrastruktur, „derzeit stehen keine Maßnahmen an“, konnte Josef Schneider nach 40 Jahren beruhigt aus der ersten Reihe zurücktreten. Ganz so einfach war die Suche nach einem neuen Vorsitzenden aber nicht, schließlich sind die Fußstapfen, die es auszufüllen gilt, groß. Mit Martin Weglehner aus Dixenhausen, einem Prüfer für Luftfahrtgeräte, der dem Verein schon seit 1976 angehört, erklärte sich ein erfahrener Flieger bereit, das Amt zu übernehmen. Als Stellvertreter steht ihm Ronald Ackermann aus Eysölden zur Seite, der die Nachfolge von Bernd Löchl antritt, der dieses Amt elf Jahre ausgeübt hatte. Ein weiteres neues Gesicht im Vorstand ist Claudia Jasper aus Offenbau, die Werner Nestmeier ablöst, der 35 Jahre Kassier des Vereins war.

Auch wenn Josef Schneider nicht mehr als Vorsitzender an der Spitze des Vereins steht, löst sich das enge Band nicht. Nicht nur deswegen, weil ihn die Mitglieder einstimmig zum Ehrenvorsitzenden ernannt haben. Vor allem deshalb, weil der Aero-Club ein Teil seines Lebens ist. „Wenn ich nicht jeden Tag auf dem Flugplatz bin, bin ich nicht zufrieden“, gibt er zu. Und deshalb wird er weiterhin präsent sein, mähen, walzen, schleppen, dank seiner guten Verbindungen in alle Fliegerkreise mitorganisieren und mit seinem Anekdoten aus einem langen Fliegerleben seine Zuhörer unterhalten.

HK