Steindl
Ungewöhnliche Leckerei: Biobauer Roland Enzenhöfer stellt Eis aus Ziegenmilch her

20.08.2022 | Stand 22.09.2023, 6:39 Uhr

Von Richard Auer

Steindl – Roland Enzenhöfer (64), Ziegenhalter aus Steindl, hat der Sache zunächst selbst nicht ganz getraut: Lässt sich aus Ziegenmilch tatsächlich Speiseeis herstellen, dem man die Herkunft nicht anmerkt? „Ich habe eigentlich ursprünglich gedacht, dass der Ziegengeschmack schon durchkommt“, sagt er. Aber weit gefehlt: Das Bauernhofeis von der Geiß „bockelt“ nicht einmal ansatzweise. Mehr noch: Im direkten Vergleich mit Eis aus Kuhmilch stellt es sich als der deutlich bessere Geschmacksträger für die diversen Frucht-Zutaten heraus. Kein Wunder, dass Enzenhöfers Eis, seit etwa drei Jahren auf dem Markt, bereits im weiten Umkreis als Geheimtipp gilt. Erst recht, nachdem neulich das Bayerische Fernsehen in der Sendung „Unser Land“ berichtet hat.

Seit 2009 schon halten Lina und Roland Enzenhöfer auf ihrem Bio-Bauernhof (Naturland) eine Ziegenherde der Rasse „Deutsche weiße Edelziege“. Es sind hübsche, neugierige und muntere Tiere: Aktuell leben hier 18 Geißen, die früh und abends gemolken werden und gemeinsam täglich rund 40 Liter Milch geben, dazu tummeln sich im großzügigen Stall noch jede Menge Zicklein und natürlich auch ein Ziegenbock – rund 45 Tiere insgesamt. Auf die Ziegenhaltung nach Öko-Standard kam das Ehepaar, weil der Hof für eine konventionelle Kuhhaltung auf Dauer zu klein war. Während Roland Enzenhöfer als gelernter Maschinenbauer bei Regens Wagner in Zell arbeitete, baute Gattin Lina, Meisterin der ländlichen Hauswirtschaft, schon vor über 30 Jahren eine Hofkäserei auf, zunächst mit Kuhmilch. 2009 stellten sie den Hof auf Biobewirtschaftung um – und auf Ziegen. Verkauft wird direkt am Hof in einem kleinen Laden, viele Kunden kommen wöchentlich. „Wir produzieren nur soviel Milch, wie wir auch ab Hof vermarkten können.“

Vor etwa fünf Jahren kamen die beiden auf die Idee, aus ihrer Ziegenmilch zusätzlich zu den verschiedenen Weichkäsesorten Speiseeis zu machen: Ein Blick ins Internet zeigt, dass so etwas deutschlandweit Seltenheitswert hat. Roland übernahm in Sachen Eis die Federführung.

„Ziege gibt eine ganz andere Milch, das kann man mit Kuh überhaupt nicht vergleichen“, sagt er heute. Ziegenmilch sei viel empfindlicher gegenüber den Umgebungsgerüchen – und für den Menschen sehr verträglich. Die Vorbehalte („Ziegenmilch stinkt!“) kämen aus der älteren Generation, die oft noch mit Ziegen aufgewachsen sei. In den schlecht gelüfteten Ställen habe die Milch sofort den umgebenden Geruch angenommen. Heute, mit gut gelüfteten Räumlichkeiten und der passenden Melkmaschine ohne Fremdluftzufuhr, schmecke die sofort gekühlte Milch hingegen „komplett anders“, sagt Enzenhöfer.

Aber wie schmeckt jetzt das Bio-Ziegenmilcheis? Enzenhöfer lädt den Besucher zur kleinen Vertestung: Vier Kugeln in einem Schälchen, vier Sorten: Haselnuss, Stracciatella, Schoko und Sanddorn-Banane: Die Konsistenz ist perfekt,

Überhaupt ist er über die Jahre zum Ziegenfan geworden: die reinlichen Tiere hätten viel mehr Persönlichkeit als etwa die Kühe: „Die kommen her, die kann man streicheln, mit denen kann man sich unterhalten. Ich glaube, mit denen könnte ich sogar spazierengehen. Das macht mit denen auf jeden Fall Spaß.“

Mit dem Eismachen befassten sich die die Enzenhöfers das erste Mal vor etwa fünf Jahren bei zwei Kursen – der eine in Stuttgart, der andere in der Schweiz. Und natürlich probierten sie immer wieder – quasi als Testesser – Bio-Eis aus Kuhmilch aus. Richtig begeistert waren sie davon aber nicht. „Ich habe gesagt: Wenn wir schon Eis machen, dann muss das Eisdielen-Qualität haben.“ Und: Es sollte nicht so viel Zucker drin sein. 17 Prozent müssen es wegen der Streichfähigkeit sein, „die meisten gehen aber bis zu 30 Prozent.“

Die Enzenhöfers kauften eine kleine Eismaschine und begannen zu experimentieren. Ziegenmilch haben sie selbst, für Kuhmilcheis kaufen sie die Milch beim befreundeten Biobauernhof Harrer in Lieben-stadt zu – der dieses Bio-Kuhmilcheis dann auch gleich vermarktet. Kuhmilcheis? „Ziegeneismilch ist einfach nicht jedermanns Sache“, räumt Enzenhöfer ein. Die Früchte kommen in zertifizierter Bioqualität von einem Händler, ebenso diverse weitere, unverzichtbare Zutaten. Nach langem Getüftel haben sie es geschafft: ein Eis, das nicht zu süß ist und bei minus 15 Grad optimal streichfähig ist.

Als Sorten gibt es Vanille, Schokolade, Erdbeere, Stracciatella, Haselnuss, Kirsche, Sanddorn-Banane: Letztere ist bei der Kundschaft besonders beliebt und übrigens auch Enzenhöfers Lieblingseis. Abgefüllt ist das Eis in 200- und 400 Milliliter-Pfandgläsern.

„Wenn sie zwei nebeneinander haben, merken Sie vielleicht den Unterschied – ansonsten nicht“, behauptet Roland Enzenhöfer. Er selbst schwört auf die Ziegenmilch: Die sei der bessere „Geschmacksträger“ für die fruchtigen Zutaten.

Na, das wollen wir doch mal sehen. Enzenhöfer lädt den Besucher zur kleinen Verkostung: Vier Kugeln in einem Schälchen, vier Sorten: Haselnuss, Stracciatella, Schoko und Sanddorn-Banane: „Eine Sorte ist aus Kuhmilch“, verrät er. Ob’s der Besucher herausfindet, welche? Die Konsistenz ist jedenfalls bei allen vieren perfekt, der Geschmack rund, die Süße reicht locker aus. Vor allem aber: von Ziege keine Spur. Siehe da: Eine Sorte erscheint, wenn man es sich einbildet, ein wenig „flacher“ als die anderen. In diesem Fall wäre das das Haselnusseis: Ist das die Kuhmilch? Enzenhöfer nickt, und der Gast darf sich insgeheim zu seinen Feinschmeckerqualitäten gratulieren.

Man muss aber gar kein Feinschmecker sein – pure Freude am Eisschlecken reicht gerade in diesen überheißen Sommerwochen vollauf, dass kein Mensch mehr über Ziegen- oder Kuhmilch rätselt. Das zeigte sich neulich bei der Kirchweih in Ruppmannsburg. Da stellte Roland Enzenhöfer eine eben erst angeschaffte Kühltheke voller Eis auf, den Verkauf übernahmen die Ruppmannsburger dann selbst. „Am Ende war alles weg“, erzählt Roland Enzenhöfer zufrieden. „Eis geht immer.“

HK