Landkreis Roth
„Tag des offenen Ateliers“ im Landkreis Roth: Kreatives aus Treppenhaus und Schweinestall

29.05.2022 | Stand 22.09.2023, 22:48 Uhr

Ganz im Zeichen der Kunst gestanden ist das letzte Maiwochenende im Landkreis Roth. Nach zwei Jahren Zwangspause haben viele Kunstschaffende wieder zum „Tag des offenen Ateliers“ eingeladen. Insgesamt 46 Stationen gab es dabei am Samstag und Sonntag zu entdecken. Dabei gab es sowohl die Gelegenheit, mit den Künstlerinnen und Künstler ins Gespräch zu kommen, als auch die Möglichkeit, die eigene Kreativität zu entdecken oder anzuregen.

Im Hilpoltsteiner Ortsteil Zell hatte zum Beispiel die überaus künstlerisch veranlagte Familie Heindl ihre Atelier-Türen geöffnet. Sowohl Vater Andreas Heindl als auch seine Frau Birgit lassen ihrer kreativen Ader freien Lauf, er mit Öl und Acryl, sie mit filigranen Näharbeiten. Vater Andreas stellte großformatige Ölgemälde aus seiner Reihe „Kultur der Destruktion“ vor. Bis jetzt sind davon zehn Bilder entstanden, die sich um Zerstörung und Vernichtung drehen.

Schon seit 2008 ist er mit diesem Thema beschäftigt, und gerade die Corona-Zeit hat ihm viel zusätzliche Inspiration beschert. Im Treppenhaus hängt dazu das Bild „Zeitloch“, in dem er verlorene Zeit versinnbildlicht, die speziell die Jugend während der Pandemie durchmachen musste. Ein Junge bohrt scheinbar sinnlos Löcher in den Boden, ein anderer daddelt auf dem Handy herum. Aber diese lethargischen Zeiten sind vorerst vorbei, und so freute sich die Familie Heindl bereits am Samstagnachmittag über jede Menge Besucher.

Auch in Heidecker Ortsteil Liebenstadt im Atelier von Reinhard Netter war schon kurz nach der Eröffnung des „Tag des offenen Ateliers“ schon viel los. Netter ist bekannt für seine Drechselarbeiten. Kaum zu glauben, dass sein heller und geräumiger Ausstellungsraum früher einmal ein Schweinestall war. Der gelernte Feinmechaniker hat vor rund zehn Jahren seine Liebe für die Holzbearbeitung entdeckt. „Im Prinzip ist es das gleiche Prinzip wie bei der Metallbearbeitung“, erklärt Netter und zeigt gleich mal seine Arbeitsweise, bei der die Späne nur so fliegen. Eine zusätzliche Drehbank für die Metallbearbeitung hat er auch noch. „Damit stelle ich jetzt das Werkzeug für die Holzbearbeitung her – so schließt sich beruflich der Kreis“, sagt er lachend. Für seine Kunst nutzt er nur frisch geschlagenes Holz aus der Region. Zum Beispiel Nussbaum, Ulme, Eiche, Buche oder die heimischen Obsthölzer. „Wenn mir jemand Holz anbietet, fahre ich in der Regel nicht weiter als 10 Kilometer“, betont Netter, dem der regionale Gedanke sehr wichtig ist. Aus diesem Holz entstehen dann in seiner Werkstatt die unterschiedlichsten Gefäße für den Alltagsgebrauch, aber auch reine Kunstgegenstände. Manche scheinen sogar eine Doppelfunktion zu haben: Ein vasenförmiges Objekt mit blätterartigen Verzierungen würde sich sowohl in einer Vitrine als auch als auffälliger Design-Schirmständer gut machen.

In Georgensgmünd stellte derweil die Malerin Eva Haberkern zusammen mit den Schülerinnen ihres VHS-Acrylmalkurses aus. Schon seit 2006 leitet sie diesen Kurs, bei dem es ihr primär darum geht, Menschen davon zu überzeugen, dass das Malen auf alle eine positive Veränderung bewirkt. Nicht zuletzt deshalb verbindet sie zu vielen ihrer Teilnehmerinnen eine tiefe Freundschaft. „Früher hab ich beim Tag des offenen Ateliers immer alleine ausgestellt, aber ich fand, dass es doch schade ist um die vielen schönen Bilder, die in unseren Kursen entstehen“, so Haberkern. Deshalb stelle man schon seit einigen Jahren gemeinsam aus. Auch hier zeigt sich die große Bandbreite, die der Landkreis in Sachen Kunst zu bieten hat.

HK