Hilpoltstein
Sommerfest krönt dreitägige Feierlichkeiten bei Regens Wagner Zell

27.06.2022 | Stand 22.09.2023, 21:50 Uhr

Von Jürgen Leykamm

Zell – „Endlich wieder Sommerfest bei Regens Wagner Zell“: Hilpoltsteins Bürgermeister Markus Mahl (SPD) sprach schon beim Festgottesdienst im Zelt aus, was die beinahe 600 Besucher dachten. Die erste Feierlichkeit dieser Art nach der Corona-Pause krönte in dem Ortsteil zugleich das lange Festwochenende zum 150-jährigen Jubiläum der Einrichtung für Hörgeschädigte mit Mehrfachbehinderung nach dem Mitarbeiterfest und dem Theaterabend.

Mit Teamgeist und Zusammengehörigkeitsgefühl lässt sich eben so manche Widrigkeit überwinden. Davon kündet beim Gottesdienst auch ein vom Gebärdenchor erfrischend vorgetragenes Lied unter dem Motto „gemeinsam stark“. Kurz darauf erfolgt auch ein laut- und gebärdenstarkes „Jubiläums-Halleluja“, das Pfarrer Rainer Remmele gemeinsam mit den Besuchern und musikalischer Unterstützung anstimmt. Der geistliche Direktor der Regens-Wagner-Stiftungen erinnert an das Feuer der Gründerzeit, das bis heute immer weitergereicht wurde.

Ein Anspiel gedenkt der Anfänge, die in der Idee münden, dass die Gehörlosen in dem alten Zeller Wasserschloss „einen Garten anlegen und Sticken lernen“ könnten. Ein begeistertes „Ja!“ ertönt darauf aus dem Publikum als Antwort. Die rege Bautätigkeit in der Geschichte, in deren Rahmen aus großen Schlafsälen Einzelzimmer und Wohnungen werden, kommt auch zur Sprache. Aber zugleich eher Unrühmliches.

Wie etwa die Tatsache, dass hier einst das Gebärden sogar verboten war, aus heutiger Sicht schier unvorstellbar. Denn die weist in die andere Richtung: „Noch mehr Menschen sollen die Gebärdensprache beherrschen“ – auch außerhalb der Einrichtung. So erhoffen sich einige Bewohner einen großen möglichen Beitrag der Gesellschaft zur Inklusion. Unter den Wünschen, die sie vortragen, sticht einer heraus – nämlich jener nach einer Verbesserung der Personalsituation. Eine Hoffnung, die lauter Beifall unterstreicht. Nach einem „gewunkenen Friedensgruß“ versichert Einrichtungsleiterin Heike Klier, dass die Entwicklung auch nach 150 Jahren immer noch weitergehe: „Wir werden weiterhin modernisieren, bauen und neue Angebote bereithalten. Die Veränderungen können Sie, wenn es soweit ist, selbst live erleben.“ Eine davon sogar direkt im Anschluss an den Gottesdienst, als es gilt, die neuen Außenanlagen der Förderstätte zu segnen. Hier finden sich unter anderem eine Vogelnestschaukel, ein Bodentrampolin und vieles mehr wieder. Ein finanziell aufwendiges Projekt, das der Förderverein dank einer Erbschaft mit 160000 Euro unterstützen konnte.

So zeigte sich der Vorsitzende Friedrich Reiser dankbar, der zugleich auch Sprecher der Angehörigen ist. Auch für diese sei der Jubilar ein echter Segen, betont er. Nicht umsonst „genießt die Einrichtung einen überregional guten Ruf“. Die Mitarbeiter vermittelten den Bewohnern ein „Gefühl von Heimat und Geborgenheit.“ Ein bisschen gelingt das auch Landrat Herbert Eckstein in seinem Grußwort. „Ich sehe einen Blumenstrauß von Menschen“, verkündet er von der Festzeltbühne. „Und der ist deshalb so schön, weil er so vielfältig ist.“ Beim Sommerfest selbst ist dann für jeden was geboten. Schnell gestürmt wird etwa eine eigens aufgebaute Hüpfburg, noch höher hinaus geht es an einem Kletterturm. Es locken weitere Spielaktionen, das Labyrinth der Sinne und die Kunst im Laubengang. Bei einer Arbeitsmitschau lassen sich Einblicke in einzelne Werkstattbereiche erhaschen und bei Glücksrad oder Losbude attraktive Preise gewinnen.

Ob bei Flohmarkt oder Fotobox, Ponyreiten oder Pfraunfelder Blasmusik: Alle kommen auf ihre Kosten. Zu Live-Musik und kulinarischen Spezialitäten genießen die Besucher Gebärdenpoesie und Pantomime. Etliche Verkaufsstände, der Werkstattladen und ein Flohmarkt liefern zahlreiche Anregungen, sich das eigene Leben zu versüßen. Bilderausstellung, Infostände und Führungen runden das Jubiläumssommerfest ab.

HK