Greding
Situation im Wald wird immer schlimmer

Trockenheit und Hitze wirken sich verheerend aus – Klimatolerante Baumarten im Gredinger Forst nehmen zu

13.10.2022 | Stand 13.10.2022, 17:27 Uhr

Am Galgenberg müssen viele Bäume gefällt werden. Wie Elena Falk (Bildmitte) dem Bauausschuss erklärt, stehen oberhalb der Heinrich-Herold-Straße schon geschädigte Hölzer viel zu nah an der Bebauung. Ein sogenannter Verkehrssicherungshieb sei unabdingbar, man müsse Häuser und Bewohner schützen. Foto: Luff

Von Volker Luff

Greding – „Es geht unseren Bäumen gerade gar nicht gut.“ Was man sich angesichts mehrerer Jahre zuletzt mit großer Trockenheit ohnehin hatte denken können, bestätigte in der jüngsten Sitzung des Gredinger Bau- und Umweltausschusses eine Fachfrau: Elena Falk. Sie ist die Nachfolgerin von Peter Tretter, dem Abteilungsleiter für den Forst am hiesigen Amt für Ernährung. Landwirtschaft und Forsten (AELF) – und in dieser Funktion seit Juni die Chefin des Gredinger Revierförsters Josef Adam. Das Duo gab dem Ausschuss nun Einblick in seine Arbeit; und damit nicht nur eine Zustandsbeschreibung des Waldes im Allgemeinen, sondern auch des Gredinger Stadtwalds im Besonderen. Denn das AELF kümmert sich im Auftrag der Stadt um die mehr als 460 Hektar gemeindeeigenen Waldes, Greding ist der größte kommunale Waldbesitzer im Landkreis Roth.

„Heuer hatten wir – leider wieder – drei Generationen von Borkenkäfern“, bilanzierte Falk. Die heißen Temperaturen im August hätten die Entwicklung des Schädlings befördert, „vielerorts haben wir einen akuten Stehendbefall“. Jetzt stünden Unternehmer bereit, um bei trockenem Wetter in den Wald zu gehen und das Schadholz aufzuarbeiten. In den letzten Jahren sei es immer wieder dasselbe gewesen, haderte Falk: Hitze und Trockenheit setzten den Bäumen zu, schwächten sie. Dann hätten die sogenannten Sekundärschädlinge leichtes Spiel: „Das kann man sich vorstellen wie beim Herpes-Virus“, sagte die Expertin. Sei die Konstitution geschwächt, breche der Herpes aus. Oder eben der Borkenkäfer.

Zwillingsregion in Frankreich im Rhonetal beheimatet

Der befällt Fichten. Doch haben auch andere Baumarten Probleme. Zu beobachten sind Kiefern mit roten Spitzen und Altbuchen, die von oben her trocken werden. Hitze und Trockenheit haben ganze Arbeit geleistet – im negativen Sinn. Der Umbau in einen möglichst klimaresistenten Mischwald erfolge in Greding „bereits seit 30 Jahren“, ergänzte Revierförster Adam. Um diesen Weg weiter und schneller zu beschreiten, blickt man laut Falk längst auch in andere Winkel der Welt. „Was hat Nürnberg mit Valence in Südfrankreich zu tun“, fragte sie in die Runde der Ausschussmitglieder. Richtig, das Gebiet links der Rhone ist eine sogenannte Zwillingsregion: Die Temperaturen im Sommer wie im Winter sowie der Niederschlag im Sommer seien vergleichbar mit der hiesigen Region – allerdings in 20 Jahren.

Die Bayerischen Staatsforsten entwickelten Modelle, wie man den Wald an verschiedene Klimaszenarien anpassen könne, so Falk. Bei dem Szenario RCP 8.5 beträgt der Anstieg der globalen Mitteltemperatur bis zum Jahr 2100 etwa 4,8 Grad im Vergleich mit dem vorindustriellen Zustand oder auch 4 Grad gegenüber dem Zeitraum 1986 bis 2005. Das müsse nicht so kommen, jedoch stehe fest: „Es ist dramatisch.“ Wenigstens könne man Vergleiche zum Rhonetal ziehen und dementsprechende Pflanzungen auch hierzulande vornehmen: „Schwarzkiefer und Flammeiche funktionieren sehr gut.“

Die Forstwirtschaft in unseren Breitengraden werde sich fundamental ändern, sagte Falk. Denn die beliebte Fichte, die schnell wachse und somit auch schnell Holz liefere, werde nur noch ein Schattendasein führen. Die Vogelkirsche sei ein denkbarer Ersatz, auch die Seestrandkiefer wäre es, „das ist fantastisches Bauholz“. Allerdings noch nicht geeignet, dafür stimmen die klimatischen Bedingungen eben doch – noch – nicht: „Sie ist leider stark spätfrostgefährdet.“

Einen Eindruck davon, wie abwechslungsreich der ideale Wald der Zukunft sein kann, bekamen die Mitglieder des Bauausschusses im zweiten Teil der Sitzung, die ins Freie führte. Am Galgenberg, nahe dem Ende der Attenhofener Straße, hat Förster Adam heuer in Kooperation mit der Stadt- und Pfarrbücherei zu deren 40-jährigen Bestehen eine Käferfläche wiederaufgeforstet. Genauer gesagt waren es vor allem Kinder und ihre Eltern, die den Spaten zur Hand nahmen. Vogelbeere, Elsbeere, Spitzahorn, Tanne: Sie alle lassen sich dort entdecken, versehen noch mit Wuchshilfen. „Wir haben keine Fichten gepflanzt“, erklärte Adam. Dennoch gebe es noch viele Triebe. Die allerdings stammten aus der natürlichen Verjüngung, schließlich hätten Fichten bis vor nicht allzu langer Zeit das Areal dominiert. Zuletzt habe er hier sogar die Fichten-Gespinstblattwespe entdeckt, schilderte Adam, „zum ersten Mal seit 30 Jahren“. Die Pflanzaktion mit der Bücherei solle weitergehen, ergänzte Elena Falk. Geplant sei auch, ein Schild zu entwerfen und am viel begangenen Adolf-Hackner-Wanderweg, der hier vorbeiführt, auf die Aktion aufmerksam zu machen.

Umfassende Fällarbeiten am Rand zum Wohngebiet

Wenige hundert Meter weiter, oberhalb der Heinrich-Herold-Straße geht es ums genaue Gegenteil. Hier muss ziemlich tabula rasa gemacht werden, um die Häuser, die unterhalb des Waldes stehen, zu schützen. Denn einige der Eschen und Buchen weisen nicht mehr die nötige Standfestigkeit auf, wenn ein Sturm kommt, könnten sie über kurz oder lang umfallen – und zwar auf eines der Häuser, die nahe am Waldrand stehen. „Die müssen alle raus aus dem Hang“, sagte Falk, „das ist zu gefährlich.“

Die Arbeiten werden kompliziert, erklärte Adam. Da der Baum beim Fällen den Hang hinauf fallen muss, müsse er entsprechend mit großen Maschinen gesichert werden. Größere Zerstörungen im Umfeld stehen zu erwarten. Deshalb solle gleich mehr abgeholzt werden als für die Sicherheit unbedingt notwendig, einen solch großen Eingriff wolle man so schnell nämlich nicht wiederholen müssen. „Es wird heftig ausschauen am Anfang“, bereitete Falk die Ausschussmitglieder auf das vor, was da demnächst kommen wird. Doch hatte sie schon einen Trost parat: „Es gibt hier schon eine ganz tolle Naturverjüngung.“ Zumindest in ein paar Jahren werde von dem großen Eingriff kaum noch etwas zu sehen sein.

HK