Nürnberg
Rückenwind fürs 365-Euro-Ticket

„Das zeigt, was alles möglich ist“ – Vom 9-Euro-Ticket versprechen sich die Befürworter neue Impulse

20.05.2022 | Stand 23.09.2023, 0:58 Uhr

Das 365-Euro-Ticket ist noch nicht Geschichte. Aktuell sammelte die Initiative bereits wieder 7500 Unterschriften. Foto: Pelke

Von Nikolas Pelke

Nürnberg – Strohfeuer oder Dauerzustand: Durch die Debatte rund um das 9-Euro-Ticket bekommt auch die Diskussion um das Nürnberger 365-Euro-Ticket neuen Nährstoff. Während Bund und Länder noch über die Finanzierung des geplanten 9-Euro-Tickets streiten, machen sich Kommunalpolitiker wie SPD-Fraktionschef Thorsten Brehm bereits Gedanken über die Folgen der nationalen Fahrschein-Preisoffensive.

„Sollte das 9-Euro-Ticket sensationell einschlagen, führt das hoffentlich zu einem Umdenken und einer deutlichen Erhöhung der Förderkulisse“, sagt Brehm im Hinblick auf kostspielige Finanzierung von Bussen und Bahnen in Nürnberg. Wenn die Menschen im Sommer in Scharen das supergünstige Ticket nutzen, könnte dies auch Folgen für die Debatte rund um die Einführung des 365-Euro-Jahresticket in Nürnberg haben.

Ursprünglich wollte Nürnberg als „erste große Stadt in Deutschland" schon ab 2023 das 365-Euro-Ticket für alle Bürger einführen. Diesen „historischen Meilenstein“ hatte Oberbürgermeister Marcus König (CSU) im Sommer 2020 vor dem Hintergrund eines drohenden Bürgerbegehrens gemeinsam mit Linken-Stadtrat Titus Schüller als Initiator der 365-Euro-Idee angekündigt. Kürzlich hat König eine Kehrtwende vollzogen, und den versprochenen „Schnäppchen-Fahrschein“ aus Kostengründen wieder kassiert.

Als Reaktion hat Linken-Stadtrat Schüller erneut damit angefangen, Unterschriften in der Frankenmetropole für die Einführung des günstigen Jahrestickets zu sammeln. Durch die geplante Einführung des bundesweiten 9-Euro-Tickets ab Juni für drei Monate fühlt sich Schüller in seinem Vorhaben bestätigt. „Das 9-Euro-Ticket zeigt, was alles möglich ist“, freut er sich und weist daraufhin, dass nach den drei günstigen „9-Euro-Sommermonaten“ die Preise für den Nahverkehr auch in Nürnberger wahrscheinlich wieder regelrecht durch die Decke schießen und die relativ schwindelerregenden Preishöhen schlagartig annehmen würden.

Tatsächlich ist der bevorstehende Preissturz beispielsweise im Verkehrsverbund Großraum Nürnberg (VGN) enorm. Schon für eine Einzelfahrt ab Preisstufe 7 sei der Preis des 9-Euro-Tickets günstiger als ein Einzelticket. Bei einer Hin- und Rückfahrt fahre man schon ab Preisstufe 4 günstiger. Von einer „einmaligen Chance“ hat VGN-Geschäftsführerin Anja Steidl im Hinblick auf das 9-Euro-Ticket gesprochen. „Daher ermutigen wir alle – probieren Sie unser Angebot mit diesem unschlagbar günstigen Schnuppertarif einfach aus“, teilte Steidl kürzlich mit. Über die Möglichkeiten eines 365-Euro-Tickets hatte sich der Verkehrsverbund noch im Winter wesentlich kritischer geäußert. Ein Gutachten war zu dem Schluss gekommen, dass die Einführung der ermäßigten Jahreskarte trotz der hohen Kosten am Volumen und der Qualität des Verkehrsangebots „substanziell nichts ändern“ würde.

Derweil haben Titus Schüller und seine Mitstreiter – wohl von der Debatte um die günstigen Ticketpreise beflügelt – kürzlich vermeldet, dass man mit über 7500 Unterschriften bereits mehr als die Hälfte der benötigten 12000 Unterschriften beisammen habe. „Wir sind überwältigt von dem großen Zuspruch in den letzten Tagen und Wochen”, erklärte Schüller relativ siegessicher.

HK