Hilpoltstein
Im Schwarzen Roß tanzen die Puppen

Große Volkskunst: Historische Marionetten aus Bayern und Böhmen im Museum zu sehen

16.07.2022 | Stand 22.09.2023, 21:11 Uhr

Klapprige Gesellen auf der ganz großen Bühne: Im Museum Schwarzes Roß werden aktuell Marionetten aus Böhmen gezeigt, manche davon an die 200 Jahre alt. Foto: Tobias Tschapka

Von Tobias Tschapka

Hilpoltstein – Puppen und Marionetten sind längst nichts nur für Kinder. Seit Jahrhunderten haben sie Menschen jeden Alters gleichermaßen fasziniert und unterhalten. Jetzt gibt es im Hilpoltsteiner „Museum Schwarzes Roß“ die Ausstellung „Historische Puppen und Marionetten aus Bayern und Böhmen“ mit rund 150 Exponaten aus einer Privatsammlung zu sehen. Museumsleiter Peter Hagenmaier begrüßte die Besucher der Vernissage zu dieser „ersten Ausstellung nach der Pest“, wie er sagte. Vor rund 15 Jahren habe man im Museum unter dem Motto „Hilpoltstein verbindet“ begonnen, Ausstellungen zu machen, die West und Ost mit der Burgstadt verbinden sollen. Meistens handelte es sich dabei um Themen aus den Ländern Frankreich und Polen, die im Museum gezeigt wurden. Diesmal gehe die Reise ins bayrisch-tschechische Grenzgebiet. Hagenmaier bedankte sich bei dem pensionierten Lehrerehepaar Anita und Hartmut Naefe aus Viechtach im Landkreis Regen, die ihre Puppen und Marionetten samt Requisiten und Bühnen zur Verfügung stellen.

Hartmut Naefe beeilte sich, zu erklären, dass eigentlich seine Frau Anita „schuld“ dran sei, dass sich im Lauf der letzten 22 Jahre rund 1100 Puppen und Marionetten, die überwiegende Mehrheit davon aus Böhmen, bei ihnen zu Hause angesammelt hätten. „Mit einer kleinen Marionette ging es los, die sie von einem Flohmarkthändler für 17 Mark gekauft hat“, erinnerte sich Naefe. „Und am Abend sagte sie: Schau mal, der hat mich angelacht!“. In der Tat konnte der kleine Mann den Mund auf und zu machen. „Das war die Initialzündung für unsere kleine Sucht.“

Es sei schon sehr lange her, dass all diese Puppen und Marionetten prominent in der Öffentlichkeit standen. Sie wurden in Gasthöfen, Schulen und Kindergärten gezeigt, im Privathäusern und auf Marktplätzen. Danach kamen Jahrzehnte der Versenkung auf Dachböden, in Kisten und Kellern. „Doch nun stehen sie wieder im Rampenlicht und bringen den Besuchern dieser Ausstellung hoffentlich den Zauber des Marionettenspiels näher“, wünscht sich Naefe. Viele der Marionetten hätten diese lange Schlummerzeit nicht gut überstanden, andere sehen immer noch blendend aus. Der Ursprung des Figurentheaters mag im Zusammenhang mit uralten Riten zu suchen sein. Es bestünde kein Zweifel, dass sich die Menschen schon im Altertum vor über 2500 Jahren am Puppenspiel erfreuten. Diese bescheidene Volkskunst hat Hungersnöte, Kriege, ganze Zeitumbrüche überdauert. Puppenspielerfamilien pflegten ihre Tradition über Generationen hinweg und zogen von Dorf zu Dorf. „Auf diese Weise erreichten sie mit ihren Stücken ein breites Publikum, spielten in Gastwirtschaften. Der Besuch eines Marionettentheaters gehörte fest zu den Jahrmärkten und Volksfesten in den Städten und auf dem Land“, blickt Naefe weit zurück. In der Ausstellung seien neben historischen Marionetten auch Originalbühnen und Requisiten aus den letzten zwei Jahrhunderten zu sehen. „Diese sollen Ihnen einen Überblick über die Vielseitigkeit der Marionettenkunst bieten, so dass der Zauber vergangener Zeit hier wieder aufscheint.“

Bis Ende Oktober ist die Ausstellung zu den Öffnungszeiten im „Museum Schwarzes Roß“ zu sehen. Das freut nicht zuletzt die „Schuldige“ an der Privatsammlung, Anita Naefe. „Man muss diese Unterhaltungskultur aus der Zeit, als es noch kein Fernsehen gab, unter die Leute bringen.“ Allerdings wünscht sie sich, dass ihre Exponate irgendwann dauerhaft eine neue Heimat finden.

HK