Energieversorgung
Im Notfall rücken die Tanklaster an

Rund um das Nürnberger Rathaus wird über die drohende Gaskrise im Winter diskutiert

05.07.2022 | Stand 22.09.2023, 21:34 Uhr

Vorkehrungen für den Ernstfall einer Gasmangellage werden bereits getroffen: Aktuell sei die Versorgungssicherheit in Nürnberg und der Region aber noch gewährleistet, teilt Michael Enderlein, Sprecher des Versorgers N-Ergie mit. Foto: Pelke

Von Nikolas Pelke

Nürnberg – Winter ohne Wärme? In Nürnberg wird immer „heißer“ über die Folgen des drohenden Gasengpasses diskutiert. Während die Bevölkerung den Sommer genießt, stellt man sich rund ums Rathaus immer mehr die bange Frage, ob die Menschen in der Stadt in der kalten Jahreszeit aufgrund des Ukraine-Konfliktes frieren müssen.

Die Debatte ins Rollen gebracht hat ein CSU-Antrag bereits vor Wochen. Die stärkste Fraktion im Stadtrat hatte bereits im Mai darauf verwiesen, dass durch den russischen Angriffskrieg die Preise für die Energie- und Wärmeversorgung der Nürnberger Haushalte derzeit „massiv“ ansteigen. „Es besteht dazu die Gefahr, dass die Gasversorgung kurzfristig gestört werden oder sogar zum Erliegen kommen kann“, warnte Otto Heimbucher (CSU) als Antragsteller und forderte vor dem Hintergrund der Kostenexplosion „möglichst rasch“ zu handeln. Neben einer Umstellung auf alternative Energien plädierte Heimbucher für eine Ausweitung des Beratungsangebotes zur Energieeinsparung.

Diesen Vorschlag haben Stadträte wie Jürgen Dörfler (Freie Allianz) postwendend als absolut unzureichend kritisiert. Die Partei von Oberbürgermeister Marcus König (CSU) wolle „Pest und Cholera“ (Krieg) offensichtlich mit „Aspirin“ (Energieberatung) therapieren, so Dörfler süffisant. Anstatt auf „Schaufensteranträge“ zu setzen, müsste sich das Rathaus ernsthaft mit der Energiefrage beschäftigen und beispielsweise die städtischen Kraftwerke unter den veränderten Vorzeichen unter die Lupe nehmen. „Oberbürgermeister und Stadtwerke müssen noch vor der Sommerpause erklären, wie die Nürnberger Bürger im kommenden Winter ihre Wohnungen warmhalten“, mahnt Dörfler zur Eile.

Derweil haben die Nürnberger Stadtwerke die Sicherung der Energieversorgung offensichtlich bereits längst in den Blick genommen. Aktuell sei die Versorgungssicherheit in Nürnberg und der Region noch gewährleistet, teilt Michael Enderlein, Sprecher der N-Ergie, auf Anfrage mit. „Die Situation ist allerdings ernst und es ist nicht auszuschließen, dass sie sich in den kommenden Wochen und Monaten weiter verschlechtert.“ Hinter den Kulissen würden bereits Vorkehrungen für den Ernstfall einer „Gasmangellage“ getroffen.

Sogar für die Fernwärme gibt es bereits einen Plan B: „Die N-Ergie ist für Notfälle gerüstet und kann den Betrieb ihrer Heizkraftwerke, mit denen sie Fernwärme für die Bürger in Nürnberg produziert, von Erdgas auf leichtes Heizöl umstellen.“ Allerdings sei der Betrieb mit Heizöl „lediglich für einen überschaubaren Zeitraum“ und nicht für einen ganzen Winter vorgesehen.

Denn der Aufwand für die Umstellung ist enorm. Alleine für das Herzstück der Fernwärmeversorgung in Nürnberg, das Heizkraftwerk in Sandreuth, müsste eine durchgängige Versorgung via Tanklastwagen aufgebaut werden. Große Tanklaster wären rund um die Uhr im Einsatz, um alle zwei Stunden den benötigten Nachschub liefern. Die volle Leistung des Kraftwerks stünde aber selbst dann nicht zu Verfügung. Ebenso wenig wäre ein Dauerbetrieb mit Heizöl aufgrund von Immissionsschutzauflagen nach aktuellem Stand überhaupt rechtlich zulässig, heißt es vonseiten der Stadtwerke weiter.

Immerhin sind die Haushalte während einer Gaskrise laut N-Ergie im Vergleich zur Industrie relativ gut geschützt. In der sogenannten Notfallstufe sei man als Netzbetreiber in der Lage, auch Krankenhäuser vorrangig mit Gas zu versorgen. Ein Umstieg beispielsweise auf Kohle sei dagegen kurzfristig unmöglich. Die N-Ergie habe den Kohleausstieg bereits vor fast 20 Jahren vollzogen und verfüge dementsprechend über keine Kohlekraftwerke mehr, die ihre Erzeugungskapazitäten aus Erdgas ersetzen könnten. Daher führt wohl kein Weg daran vorbei, in der Krise das Energiesparen zu lernen.

„Erdgas einzusparen, um die Gasspeicher möglichst hoch zu füllen und damit die Versorgung der Bürger zu sichern, ist absolut essenziell“, betonen die Stadtwerke. Aber auch Strom und Heizöl müssten eingespart werden, um einen Beitrag zu einer über den Winter gesicherten Energieversorgung zu leisten. Auf Privathaushalte würde insgesamt etwa ein Drittel des Gasverbrauchs entfallen.

HK