Untermässing
Ein Außerirdischer zum Anfassen: Untermässinger Meteorit vor einem Jahrhundert gefunden

09.08.2022 | Stand 09.08.2022, 17:58 Uhr

Ein Meteorit feiert Jubiläum: Die Kolloquiumsteilnehmer mit den Kindern der Finder Hedwig Zech und Gregor Schäfer (hinter der Tafel), Jürgen Höflinger (3.v.l.), Landratsstellvertreterin Hannedore Nowotny und Gabriele Prasser (1.u.4.v.r.). Foto: Schultheiß

Von Eva Schultheiß

Untermässing – Der größte Meteorit Deutschlands fiel etwa einen Kilometer östlich von Untermässing am Hang des Katzenbergs zu Boden. Vor 102 Jahren gruben die beiden Brüder Johann und Georg Schäfer dort Wurzelstöcke als Brennholz aus und stießen in eineinhalb Metern Tiefe auf einen großen Metallbrocken.

Dieser war so schwer, dass sie ihn mit dem Ochsenkarren des Nachbarns hinunter ins Dorf fuhren. Ein Schrotthändler bot ihnen zwei Mark, aber sie schlugen das Angebot aus, da sie überzeugt waren, der Fund sei mehr wert. Der Heimatsammler und -forscher Franz Kerl aus dem nur drei Kilometer entfernten Dixenhausen erkannte, dass es sich um einen Meteoriten handelt und vermittelte ihn an die Naturhistorische Gesellschaft (NHG) Nürnberg, bei der er Mitglied war. Diese kaufte den Findern den Meteoriten ab, der seinen Namen nach dem Fundort bekam: Unter-Mässing.

Das Auffinden jährte sich 2020 zum 100. Mal. Zum Jubiläum organisierte die NHG-Abteilung Geologie ein Meteoriten-Kolloquium, in dessen Umgriff bei einer Exkursion eine Informationstafel in der Nähe des Fundorts enthüllt werden sollte. Wegen der Corona-Beschränkungen wurde alles um zwei Jahre verschoben. Nun war es aber so weit. Nach den Vorträgen am Samstag führte am Sonntag die Exkursion nach Untermässing in die Nähe des Fundorts zur noch verhüllten Info-Tafel. Gekommen waren auch Tochter und Sohn der Finder-Brüder, Hedwig Zech und Gregor Schäfer.

Vor 14000 Jahrenvom Himmel gefallen

Die NHG-Vorsitzende Gabriele Prasser erinnerte an den Kauf des Meteoriten vor gut 100 Jahren. Dieser sei vor etwa 14000 Jahren in der ausgehenden Altsteinzeit vom Himmel gefallen und löste vermutlich Angst und Schrecken bei unseren Vorfahren aus. „Wir sind stolz, dass wir den Unter-Mässing bei uns im naturhistorischen Museum in der Norishalle in Nürnberg zeigen können. Hier kann er in der Sonderausstellung und danach in der Dauerausstellung bewundert werden. Und nicht nur das, er darf sogar angefasst werden.“ Die Berührung eines solch imposant großen Stücks außerirdischen Materials sei etwas ganz Besonderes.

Jürgen Höflinger, der Pfleger der Sammlung, fasste die Ergebnisse der Forschung zum Unter-Mässing zusammen. Ätzt man demnach eine polierte Fläche vorsichtig an, zeigen sich Strukturen dreier Eisen-Nickel-Legierungen. Diese entstünden nur bei extrem langsamer Abkühlung der Metallschmelze: nur um ein Grad pro 100000 bis eine Million Jahre. Beim Eintritt in die Erdatmosphäre besaß er eine Masse von zwei Tonnen. Beim Aufschlag auf der Erde waren es nur noch 80 Kilogramm. Der Meteorit besteht zu 90 Prozent aus Eisen und fast zehn Prozent Nickel. Daher sei er sehr stabil und roste nicht. Weltweit existieren nur noch sieben weitere Meteorite dieser Klasse.

Der Meteorit hat seinen Ursprung wohl im Asteriodengürtel zwischen den Umlaufbahnen von Mars und Jupiter. Immer wieder fallen abgesprengte Teile, die zuerst um die Sonne kreisen, nach Kollisionen mit anderen auf die Erde.

Aus den Anfängendes Sonnensystems

Durch die Analyse der radioaktiven Isotope des Unter-Mässing wisse man nun, dass er 4,55 Milliarden Jahre alt ist und somit aus der Zeit stammt, als sich das Sonnensystem gerade gebildet hatte, erklärte Höflinger. „Nach dem Zusammenstoß umkreiste er 1,4 Milliarden Jahre in elliptischer Bahn die Sonne, bis er am Katzenberg einschlug.“ Auf der Info-Tafel sei neben einer historischen Karte mit dem Fundort, einem Schnitt durch ein Stück des Unter-Mässings, einer Grafik seines Ursprungs im Sonnensystem auch ein großes Foto des Meteoriten zu sehen.

Die Stadt Greding hat ihren Untermässinger Katzenbergweg (Weg Nummer 8) verlegt, damit er möglichst nahe an Fundort und Info-Tafel vorbeiführt. „Der Landkreis Roth übernahm die Kosten für die Tafel“, erläuterte Jörg Ruckriegel die Kooperation von NHG, Stadt Greding und Landkreis. Und als sich heuer durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse ergeben habe, dass der Meteorit nicht – wie bisher angenommen – vor rund 200 Jahren herunterfiel, sondern schon etwa 10 000 Jahre dort lag, habe die Tafel neu gedruckt werden müssen. „Diese Kosten teilten sich dann Landkreis und NHG. So können hier die allerneuesten Erkenntnisse nachgelesen werden.“

Nach einer Stärkung gingen alle hinauf an das Waldstück, in dem die Schäfer-Brüder vor 102 Jahren den Meteoriten entdeckten. Der Vater hatte den Kindern immer wieder die Fundstelle gezeigt. Und auch sie geben das Wissen um den bedeutenden Fund an ihre Nachkommen weiter.

HK