Pfaffenhofen
Vom harten Gang in die Opposition

Erich Irlstorfer fokussiert sich auf die Gesundheitspolitik – und schätzt seine neuen Kollegen

27.07.2022 | Stand 22.09.2023, 20:39 Uhr

Die Lage der Ilmtalklinik analysiert Erich Irlstorfer. Foto: PK-Archiv

Pfaffenhofen – In eine neue Phase ist Erich Irlstorfer (CSU) eingetreten. War er seit seinem Einzug in den Bundestag 2013 zunächst Einzelkämpfer im Wahlkreis Freising-Pfaffenhofen und durchwegs Teil der Regierung, hat sich 2021 alles verändert. Nach Johannes Huber (fraktionslos) haben ihm die Wähler mit Andreas Mehltretter (SPD) und Leon Eckert (Grüne) weitere Kollegen beschert. Zu den Nachwuchspolitikern der Ampelkoalition pflegt er ein kollegiales Verhältnis. „Wir sprechen uns ab, wenn uns etwas gemeinsam betrifft. Sonst grüßt man sich halt.“ Für den Wahlkreis stuft er die Konstellation als Glücksfall ein. „Wir können zusammen mehr Themen beackern als einer alleine“, meint er. Mehltretter schätzt er für dessen Verbindungen zu Gewerkschaften, Eckert für dessen Einsatz beim Katastrophenschutz.

Der Gang in die Opposition sei für die Union so hart ausgefallen wie befürchtet, ergänzt er. „Konnten wir 2013 vor Kraft kaum gehen, müssen wir uns jetzt hinten anstellen.“ Bei Veranstaltungen nicht als Erster, sondern als Vierter zu reden, kratze am Ego. „Aber auch bei vielen Institutionen werden wir links liegen gelassen.“ Freilich gebe es Unions-nahe Organisationen, die einem treu die Stange halten würden. „Aber die wollen auch was, wenn man wieder was zu sagen hat“, fügt er an. „Da ist es wichtig, Distanz zu wahren. Denn reiner Lobbyist will ich nicht sein, sondern frei entscheiden.“ Ein wenig zahle es sich aus, dass er die Kollegen der früheren Opposition gut behandelt habe. „Die regieren jetzt, aber fragen mich wenigstens um Rat.“

Ansonsten konzentriert sich Irlstorfer auf sein Spezialgebiet, die Gesundheitspolitik. Hier darf er am Grundsatzprogramm der Union mitschreiben. Und er hat viel vor: Verbesserungen für das Pflegepersonal, die pflegenden Angehörigen, in der Pflegeausbildung und beim Medizinstudium erwirken. Auch seltene Krankheiten haben es dem Abgeordneten angetan. Eine Kampagne dazu steht im Wahlkreis kurz vor dem Start.

Dann sind da noch Long Covid, woran der Politiker selbst leidet, und das chronische Fatigue-Syndrom. „Beides kann in Verbindung auftreten“, sagt er. Das sei die schlimmste Long-Covid-Form überhaupt. Generell hat er die Krankheit gut im Griff. „Ich kann alle Termine wahrnehmen – und Dank meiner Mitarbeiter hat die Arbeit nie darunter gelitten“, sagt Irls-torfer. Zur Debatte über Corona-Maßnahmen ab Herbst hält er sich zurück. „Impfen ist für die meisten die einzig Richtige. Aber zur Wahrheit gehört auch, dass es Impfschäden gibt. Und gar nicht so wenige“, sagt er. Harte Einschränkungen wie Lockdowns oder Home-Schooling im Winter kommentiert er nur kurz: „Dazu fehlt mir die Fantasie.“

Entscheiden werden darüber ohnehin andere, ergänzt er. Wie über alles halt. „Eines ist an Opposition schon frustrierend“, räumt er ein. „90 Prozent der Arbeit sind reines Schattenboxen. Das wird so gut wie sicher nicht umgesetzt.“

„Verschlanken und Konzentrieren“

Aus der Ferne und mit Unbehagen blickt Erich Irlstorfer auf die laufenden Prozesse an der Ilmtalklinik. „Die Generalsanierung zu diesen Kosten durchziehen, ist unverantwortlich“, kommentiert er die Pläne. Auch das enorme Defizit dürfe kein Dauerzustand sein. Wer an einem „Allroundladen“ festhalte, riskiere einen großen Knall und irgendwann überhaupt kein kommunales Krankenhaus mehr zu haben. Er stehe Landrat Albert Gürtner (FW) und dem Aufsichtsrat für Gespräche zur Verfügung. „Parteigrenzen sind mir völlig egal“, versichert Irlstorfer. Denn es komme jetzt darauf an, die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Auf diesem Weg hält der Abgeordnete das Regionalgutachten für wegweisend. „Jede Klinik muss sich zukunftssicher aufstellen. Das geht nur durch Verschlanken und Konzentrieren“, sagt er. Zu überlegen, was die Ilmtalklinik besser als andere könne, sei die richtige Herangehensweise. Denn: „Bei der Finanzierung wird bereits nächstes Jahr mehr mit Mindestmengen gearbeitet.“ Soll heißen: Nur wenn an einem Krankenhaus eine Mindestzahl an Operationen der gleichen Art stattfindet, kann es diese abrechnen. Wird die Zahl zu gering, dürfen diese OPs nicht mehr vorgenommen werden. „Das ist wichtig und richtig für die Qualitätssicherung“, sagt er. „Wenn Sie eine schwere Herz-OP vor sich haben – gehen Sie dann in ein Haus, dass diese OP dreimal im Jahr vornimmt oder 300-mal?“ Und er ergänzt: „Wenn’s um die eigene Gesundheit geht, ist es mit der Liebe zur Region ganz schnell vorbei.“

Auch die Pandemie als Ausrede für große Defizite zu nennen, sei nicht ehrlich, fügt er an. „Die leeren Betten wurden gut entschädigt. Nur die verschobenen Operationen sind ein Problem.“

pat