Geisenfeld
Vogel-Exkursion in der Nöttinger Viehweide: Wie Menschen die Artenvielfalt fördern

22.03.2023 | Stand 17.09.2023, 0:38 Uhr

Jede Menge zu entdecken gab es für die Teilnehmer an der Vogel-Exkursion in die Nöttinger Viehweide am vergangenen Wochenende. Foto: Zurek

Der Prophet gilt sprichwörtlich nichts im eigenen Land. Gleiches gilt oft auch für die heimische Natur. Um das zu ändern, lädt die Kreisgruppe des Landesbund für Vogelschutz regelmäßig in die Nöttinger Viehweide ein. Die Teilnehmer der Exkursion am vergangenen Wochenende erlebten die außergewöhnliche Artenvielfalt des Naturschutz-Juwels dank guten Wetters, einer Portion Glück und eines erfahrenen Guides in all ihrer frühlingshaften Schönheit.

25 Naturfreunde aus dem ganzen Landkreis, darunter fünf Nachwuchsforscher im Schulalter, wurden von den Vogelkennern Tobias Rossmann und Joachim Röderer am Wanderparkplatz bei Nötting empfangen. Als erstes stand eine kleine Einweisung in das 1943 ausgewiesene und 1986 auf 150 Hektar erweiterte Naturschutzgebiet auf dem Programm. Einzigartig ist es, weil hier die trockene Heidelandschaft übergeht in feuchte Biotope mit Auwaldcharakter, wodurch auf engem Raum viele verschiedenen Tier- und Pflanzenarten eine Heimat finden.

Wie zum Beweis dafür empfängt eine Sinfonie an Vogelstimmen die Gruppe. Schnell ist der Zilpzalp ausgemacht, der als einziger Vogel außer dem Kuckuck seinen Namen singt. Auch die Singdrossel, die gern drei bis vier Mal die gleiche Strophe flötet, ist leicht zu erkennen. „Die Stimmen auseinanderzuhalten ist gar nicht so schwer wie man denkt“, beteuert Rossmann und führt vor, wie man die Gesänge mit einer Kombination von modernem Hörstift und Buch „wie Vokabeln lernen kann“. Dabei fällt ihm ein Buchfink ins Wort, der schmetternd sein Revier abgrenzt. Etwas weiter weg trommelt ein Buntspecht sein „hier wohne ich“ bevor er keckernd davonfliegt. Das gleitende Auf und Ab ihres Fluges („Bolzenflug“ genannt) entlarvt Bunt- und Grünspecht, Misteldrossel und den kleineren Kernbeißer. Auf einige Distanz lässt sich der seltene Kleinspecht blicken, ein Schwarzspecht und ein „wie eine erwürgte Katze“ greislich singender Mittelspecht sind nur zu hören. „Fünf von den sieben hier heimischen Spechtarten an einem Tag erleben zu können, das ist schon eine kleine Sensation“, weiß ein erfahrener Vogelbeobachter. Überhaupt gibt es viel zu entdecken entlang des Wanderwegs. Hier hoppelt ein Hase zur Lichtung, dort blüht der rare und hochgradig giftige Seidelbast.

Die Heide mit ihren Jahrhunderte alten Hute-Eichen sei ein tolles Beispiel dafür, dass der Mensch durch sein Eingreifen die Artenvielfalt bisweilen fördert, betont Rossmann. Weidende Nutztiere schufen hier eine Offenlandschaft, die seltene Orchideen wachsen lässt. An dieser Stelle nicht willkommen, spiele der wuchernde Faulbaum am Waldrand als Nahrung für die Raupen des Zitronenfalters eine überlebenswichtige Rolle, so der Guide mit Blick auf einen quietschgelben Frühlingsboten.

Mit einem tiefen „Krok“ scheint der vorbeifliegende Kolkrabe das Gesagte unterstreichen zu wollen. „Wow“ tönt es aus den Reihen der Jugendlichen, als sie erfahren, dass sie gerade den größten Singvogel der Welt gesehen haben. Später sollte mit dem Wintergoldhähnchen der kleinste Sänger Europas hinzukommen. Dass die beiden Guides später noch einen Garten- und einen Waldbaumläufer unweit voneinander ausmachen, ist fast schon eine kleine Sensation. „Süüüß“ findet ein Mädchen die Blaumeisen im Gebüsch. Dass sie reichlich aggressiv sind, sieht man ihnen nicht an. „Die hacken sogar auf die Köpfe von Konkurrenten ein“, erfahren die Teilnehmer. Schön anzuschauen sind sie dennoch – was im Übrigen auch für Kohl-, Tannen- und Schwanzmeise gilt, die immer wieder ins Visier der Ferngläser geraten. Akustisch macht ihnen der lautstarke Zaunkönig heftige Konkurrenz.

Wo immer ein Vogel auftaucht, weiß Rossmann eine Geschichte zu erzählen, wie jene vom baumeisterlich geschickten Kleiber, der einen wackligen Nistkasten mit selbst hergestelltem Klebebrei fixieren kann. Gerne antwortet er auf Fragen, erläutert wie sich Zugvögel bei ihrer Orientierung in „Sternengucker“ und „Magnetfeldleser“ unterteilen lassen – und ermuntert nicht nur die Kinder, ihr Wissen mit der Gruppe zu teilen.

Am Ende werden alle noch mit einem Blick auf den Blütenteppich der streng geschützten Märzenbecher belohnt, bevor es wieder zum Parkplatz geht. „Richtig super“ und „total beeindruckend“ lautet das abschließende Urteil der Teilnehmer, die den beiden Begleitern für viele spannende Infos danken. So mancher möchte wieder mit dabei sein, wenn es spätere Gäste wie Schnäpper, Wachtelkönig, Schnepfen, Glühwürmchen oder Amphibien zu entdecken gilt.

GZ