Pfaffenhofen
Üble Nachrede im Internet: Ehemalige AfD-Funktionärin zu Geldstrafe verurteilt

Sie hatte Angela Merkel unter anderem vorgeworfen, Eltern ihre Kinder wegnehmen zu wollen

24.03.2022 | Stand 23.09.2023, 2:14 Uhr

Symbolbild: Schanz

Von Severin Straßer

Pfaffenhofen – Das Internet ist kein rechtsfreier Raum – zumindest nicht ganz. Eine ehemalige AfD-Funktionärin aus Manching darf zum Beispiel in einem Audiobeitrag in den sozialen Medien schon sagen: „Demos, wo man tanzt und singt und springt, bringen überhaupt nichts. Das einzige, was uns retten kann, ist, dieses System zu stürzen.“ Und sie darf auch ein paar Tage später nachlegen: „Ich bin nach wie vor der Meinung, das System muss wackeln.“ Strafrechtlich ist das offenbar nicht relevant. Das Bundeskanzleramt erteilte nach ersten Ermittlungen der Staatsanwaltschaft keine Strafermächtigung, was für eine Anklage wegen Verunglimpfung von Verfassungsorganen nötig gewesen wäre.

Was die 48-Jährige hingegen nicht straffrei behaupten darf, sind Theorien, in denen die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel „verächtlich gemacht“ wird, wie es im Juristendeutsch heißt. Dass Merkel 2019 an einem sogenannten Bilderberg-Treffen teilgenommen haben soll, auf dem angeblich ein Plan zur Bevölkerungsminimierung geschmiedet wurde. Dass sie die Macht an sich reißen will, dass sie die Richter entmachtet hat oder den Eltern in Deutschland die Kinder entziehen will. So sagt es Richterin Nicola Schwend in ihrer Urteilsbegründung am Pfaffenhofener Amtsgericht.

Die angeklagte Manchingerin muss letztlich wegen übler Nachrede gegen Personen des politischen Lebens eine Strafe in Höhe von 90 Tagessätzen à 15 Euro bezahlen. Sie gilt damit – haarscharf – noch nicht als vorbestraft. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig.

Die gelernte Friseurin hatte sich im Freising-Pfaffenhofener Kreisvorstand der AfD engagiert – und dort, so glaubte es ihre Tochter, von den Plänen der Regierung mit den Coronamaßnahmen erfahren. Vom angeblichen Great Reset. Von der Impfung, die dazu diene, die Weltbevölkerung zu reduzieren. Von Eltern, denen die Kinder weggenommen würden. Ein präzises Bild, wie es auf solchen Treffen zugegangen sein mag, zeichnet die Frau vor Gericht nicht. Nur so viel: Manche dieser Dinge habe sie direkt von Bundestagsabgeordneten erfahren.

Auf Bitten ihrer Tochter habe sie im vergangenen April in eine Gruppe im Messenger-Dienst Telegram eine Sprachnachricht hochgeladen, sagt die Frau zur Entstehung der Botschaft. Die Bundeskanzlerin setze die Länder außer Kraft und übernehme das Recht über unser Leben, sagt die 48-Jährige darin. Sie wisse haargenau, dass das stimme. Die Impfung diene nur einem Zweck: Dass die Weltbevölkerung minimiert wird. Und: Die Bundesnotbremse vergleicht sie mit dem Ermächtigungsgesetz, das Adolf Hitler den Weg zum Diktator ebnete. Sie spricht von einem zweiten 1933. „Das System“ sei schlimmer als die DDR.

Kurz darauf ging die Nachricht im Internet viral: Auf Twitter, auf Telegram, auf Youtube war sie zu finden, erreichte auch Leute, die den Coronamaßnahmen nicht so kritisch gegenüberstanden, einige wollten ein strafbares Verhalten entdeckt haben. „Es kam zu Anzeigen von verschiedenen Personen“, sagt der ermittelnde Polizist im Zeugenstand. Die Manchingerin legte ihr AfD-Amt daraufhin schnell nieder. „Um Schaden von der Partei abzuwenden.“

PK