Pfaffenhofen
Aufklärung im Dienste der Natur

Naturschutzwächter sind ehrenamtliche „Außendienstmitarbeiter“ des Landratsamtes

04.07.2022 | Stand 22.09.2023, 21:37 Uhr

Der junge Bussard, dessen Horstbaum einfach umgesägt wurde, während die Jungen drinsaßen, verdankt sein Überleben Naturschutzwächter Helmut Simek und Willi Holzer von der Eulen- und Greifvogelauffangstation in Freising. Fotos: Zurek, privat

Von Maggie Zurek

Pfaffenhofen – Das Ehrenamt ist nicht nur für das soziale Gesicht einer Gesellschaft prägend, auch Natur- und Artenschutz werden ganz wesentlich vom bürgerschaftlichen Einsatz mitgetragen. Ein Beispiel dafür sind die 13 Männer und Frauen der „Naturschutzwacht“. Was genau sind ihre Aufgaben? Was motiviert sie? Und wo sehen sie akute Probleme? Im Gespräch mit der Heimatzeitung geben zwei Akteure Einblick in einen Aufgabenbereich, der von ihnen umfangreiches Wissen und viel Fingerspitzengefühl verlangt.

Seit fast einem Vierteljahrhundert ist Rudolf Scheibe nun schon als Naturschutzwächter im Landkreis Pfaffenhofen unterwegs. „Anfangs hat so mancher im Landratsamt den Sinn und Zweck unseres Einsatzes in Zweifel gezogen“, erinnert sich der 63-Jährige. Inzwischen habe man den Wert dieser vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt 1977 ins Leben gerufenen Einrichtung jedoch erkannt. Wie der Verwaltungsfachwirt im Ruhestand, der sich seit rund 40 Jahren in unterschiedlichen Vereinen vom Landesbund für Vogelschutz über die BRK-Bereitschaft bis zur Wasserwacht für ökologische Belange seiner Heimat einsetzt, sind auch seine Kollegen im Team meist schon von Kindesbeinen an „viel draußen und begeisterte Naturfreunde“.

Das gilt auch für Helmut Simek, dem es ein „großes Anliegen ist, das Wissen um die Zusammenhänge in der Natur weiter zu geben“. Seit drei Jahren gehört der studierte Biochemiker zur Gruppe. „Nörgeln hilft nicht, nörgeln lähmt“ – so beschreibt Simek seine Motivation. Der 68-Jährige sieht den Naturschutzwächter in einer Doppelrolle: einerseits in der des Praktikers, der zum Beispiel beim Bau von Schutzzäunen für die Gelege von Bodenbrütern oder beim Anlegen von Biotopen mit anpackt, andererseits als verlängerter Arm des Gesetzgebers, der Bürger über Vorschriften informiert und gegebenenfalls Verstöße dokumentiert. Bei alledem ist der Naturschutzwächter gemäß Aufgabenprofil „vorbeugend“ und „aufklärend“ unterwegs. Für ihn heißt das: „Wir müssen zwischen den Interessen von Bürgern, Bauträgern, Forst- und Landwirten einerseits und den Belangen des gesetzlichen Natur- und Artenschutzes andererseits vermitteln.“ Das erfordere Verständnis für beide Seiten, eine fundierte Kenntnis auch der jeweiligen Rechtslage und vor allem viel Fingerspitzengefühl in der Kommunikation, betont er.

Trotz des guten Vorsatzes „platzt einem aber manchmal einfach der Kragen“, gesteht Scheibe, der auch als Berater bei Problemen mit dem Biber oder mit Wespen, Hornissen und Co. tätig ist. Die Liste der Ärgernisse ist lang. Sie beginnt bei giftigem Müll (Zigaretten, bleihaltige Batterien, kontaminierter Bauschutt und vieles mehr), den Helfer tagtäglich in der Landschaft aufklauben. Auch aus Unwissenheit oder Gleichgültigkeit brachial be- oder umgeschnittene Bäume und Hecken, deren Wert „völlig unterschätzt wird“ und der sorglose Umgang mit der Ressource Wasser (Stichwort: illegale Brunnen in Privatgärten und fehlende Gewässerrandstreifen) gehören dazu.

Über alledem steht jedoch die „akute Veränderung der Landschaft“, so Simek, dem es richtig wehtut zu sehen, wie riesige Maschinen durch die Landschaft preschen und den Lebensraum vieler Arten in Feld und Wald platt machen. Da sei es dann ein Trost, wenn er bisweilen Rotmilane über einem gerade bearbeiteten Acker kreisen sieht. „Es ist halt nicht alles schwarz-weiß“, sagt er.

Scheibe und Simek haben Spaß an ihrem Tun und freuen sich über die vielen bereichernden Begegnungen und jeden Erfolg im Sinne der Überzeugung: „Unsere Erde kann gut ohne uns Menschen leben, wir Menschen aber nicht ohne die Erde.“

Nach ihren konkreten Wünschen gefragt, nennen sie eine Baumschutzverordnung und mehr Rückhalt von Seiten der Politik. Letzteren könne man gewinnen, wenn man die Arbeit der Naturschutzwacht als Mittler im Interessensausgleich einmal in jedem Gemeinderat vorstellen dürfe, ist Simek überzeugt. Letztlich müsse die Politik aber begreifen, dass Gesetze ein „stumpfes Schwert“ sind, wenn man ihre Einhaltung – je nach Schwere des Vergehens – nicht mit Bußgeld und gegebenenfalls Strafverfahren ahnde, mahnt Scheibe.

PK