Pfaffenhofen
Andrang hält sich trotz Neun-Euro-Tickets in Grenzen

Bahnfahrer freuen sich über Ersparnis – Gedrängel herrscht noch nicht

03.06.2022 | Stand 22.09.2023, 22:37 Uhr

Von einem großen Ansturm wegen des Neun-Euro-Tickets ist auf dem Pfaffenhofener Bahngleis noch nichts zu sehen. Foto: Paul

Von André Paul

Pfaffenhofen – Es ist kurz nach 9 Uhr morgens und der Tag verspricht schwül und warm zu werden. Am Gleis haben sich die wenigen wartenden Fahrgäste in den spärlichen Schatten zurück gezogen: Tag 2 des Neun-Euro-Tickets für den gesamten öffentlichen Nahverkehr in Deutschland – also auch für die Route von Pfaffenhofen nach München.

Spätestens jetzt müsste eigentlich jeder von dem Angebot wissen, auch dank der Medien – aber der Andrang der Menschen im Landkreis hält sich noch in Grenzen. Etwa 15 Personen warten auf den Zug. Beim Parkplatz ist noch viel Platz für weitere Autos.

Sparticket als zusätzlicher Anreiz

„Mein Sohn ist schon vor drei Stunden nach Dachau zur Arbeit gefahren“, sagt eine 69-Jährige aus Pfaffenhofen. Sie hätte auch gleich mit dem Sohn fahren können – wollte aber den morgendlichen Berufsverkehr abwarten. Jetzt, so glaubt die Frau, seien hauptsächlich Ausflügler unterwegs. „Auf gar keinen Fall werde ich am Wochenende fahren“, verkündet die Rentnerin, „meine Freundin hat das im Allgäu gemacht und der Zug war total voll“. In München wolle sie, „einfach nur ein wenig bummeln und vielleicht mal ins Museum gehen“. Sie fahre etwa ein- bis zweimal im Monat genau dafür in die Landeshauptstadt. Das Sparticket sei sozusagen nur ein zusätzlicher Anreiz. „Und mit zwei Fahrten hat man die neun Euro ja schon wieder rein“, freut sich die 69-Jährige, die ihr Ticket am Schalter gekauft hat.Vielleicht könne man sowas auch in den nächsten Jahren über die Sommermonate mal wieder einführen.

Eine Mutter mit einem Kinderwagen sagt sie lächelnd beim Einstieg: „Gottseidank nicht so voll.“ Ihr 18 Monate alter Sohn zieht bereits ein unwilliges Mündchen und macht sich bereit, im nächsten Moment seinen Protest lautstark kundzutun. „Er mag das Bahnfahren nicht so“, berichtet die 33-jährige Mutter aus Pfaffenhofen. Der kleine Mann neige dazu, bei Ruckeln auch mal zu quengeln und zu spucken. Aber heute wolle sie unbedingt mal ihre Freundin in Starnberg besuchen; die habe vor einigen Wochen ebenfalls Nachwuchs bekommen. Bisher habe sie die Fahrt dorthin immer verschoben, „es dauert ja doch etwas länger und ohne BahnCard ist es auch nicht so günstig“.

Vor der Fahrt mit der S-Bahn grause ihr etwas, gesteht die junge Mutter. „Die dürfte voller sein als der Regionalzug.“ Zum Kauf des Tickets habe ihr Mann sie aufgefordert, geordert hat sie es online aufs Smartphone. „Früher hat mein Mann mich immer zu meiner Freundin hingefahren und auch wieder abgeholt. Allein mit dem Baby im Auto traue ich mich nicht. Aber mein Mann meint, das Benzingeld könnten wir uns nun echt sparen.“



Ansturm vielleicht erst in den Ferien


Am Fahrkartenschalter ist zu erfahren, dass sich der Ansturm auf das Ticket noch in Grenzen halte. „Eventuell wird es mehr nachgefragt, wenn erst die Ferien begonnen haben“, meint dazu die DB-Mitarbeiterin. Es seien vor allem die Älteren, die dafür noch persönlich vorbei kommen, „die Jüngeren ordern es wohl meist online“. Die häufigste Frage: Welche Züge man nun genau damit nutzen dürfe. Dass der ICE nicht dabei ist, hätten die meisten Reisenden verstanden. Unklar sei vielen noch, welche IC inkludiert sind und welche nicht. Dass die DB das eventuell verständlicher kommunizieren könnte, das bestreitet auch die Mitarbeiterin nicht.

Ein Mann steht draußen vor dem Automat und möchte das Neun-Euro-Ticket kaufen. Er spricht nur Englisch, stammt aus Malta. Er habe beruflich für einige Zeit in der Region zu tun. Bei ihm daheim auf der kleinen Insel gäbe es gar keine Züge, verrät der 39-Jährige lachend, nur Autos und Busse; insofern sei eine Zugfahrt für ihn immer noch ein Erlebnis. Er kenne gut auch die britische und die französische Eisenbahn – und im Vergleich dazu sei die Deutsche Bahn gar nicht so schlecht; vor allem was die Sauberkeit und ja, auch die Pünktlichkeit betrifft.

Die Freundlichkeit dagegen lasse oft zu wünschen übrig, aber das sei überall hierzulande so. „Und Euer Tarifsystem ist wahrscheinlich das komplizierteste der Welt“, meint der Malteser lachend, „eben typisch deutsch“. Warum das Neun-Euro-Ticket zwar in dem „roten Zug“ von Pfaffenhofen nach München gelte, nicht aber in dem „weißen Zug“ von München nach Ingolstadt, das kapiere er nicht.

Im Zug selbst ist es an diesem Tag nur wenig voller als sonst. Direkt unfreundlich wirkt die Zugbegleiterin nicht, nur etwas gehetzt eilt sie durchs Abteil. Kontrolliert wird nicht – vermutlich in der Annahme, dass sich Schwarzfahren bei 9 Euro für einen Monat ohnehin nicht lohnt.

PK