Pfaffenhofen
Alle Bürger sollen sich beteiligen: Der Arbeitskreis Inklusion will mit einem Aktionsplan Behinderten gerechter werden

Mehr als Barrierefreiheit

07.07.2022 | Stand 25.10.2023, 10:19 Uhr

Für mehr Teilhabe: Anna Helmke und Manfred „Mensch“ Mayer stellen den „Aktionsplan Inklusion“ vor. Foto: Herchenbach

Von Albert Herchenbach

Pfaffenhofen – Natürlich ist es schön, wenn in Pfaffenhofen für Rollstuhlfahrer die Bordsteine abgesenkt werden oder es bei der Polizeiinspektion für sie inzwischen einen Lift gibt, damit sie mit ihrer Aussage nicht mehr in einer Garage abgefertigt werden müssen. Aber reicht das, damit Menschen mit Behinderung so wie alle anderen auch am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können?

Nein, sagt der Pfaffenhofener Arbeitskreis Inklusion. Wo es fehlt und was angepackt werden muss, das soll jetzt mit einem groß angelegten Aktionsplan herausgefunden werden. Jeder Bürger ist aufgerufen, sich daran zu beteiligen.

Anna Helmke, bei Regens Wagner Leiterin der Offenen Hilfen, und GfG-Stadtrat Manfred „Mensch“ Mayer, Mitglied des Arbeitskreises, haben jetzt diesen „Aktionsplan Inklusion“ vorgestellt. Sie beziehen sich auf einen Stadtratsbeschluss vom 27. Juli vor fünf Jahren: Einstimmig wurden in der Pfaffenhofener Nachhaltigkeitserklärung die Agenda 2030 der UN und ihre 17 Entwicklungsziele anerkannt und zur Richtschnur städtischen Handelns erhoben. Die Inklusion wurde als einer der zentralen Schwerpunkte festgelegt.

Was in den vergangenen fünf Jahren auf diesem Gebiet in Pfaffenhofen passiert ist, das wollen Helmke und Mayer nicht kleinreden, im Gegenteil. Die 27000-Einwohner-Stadt hat zum Beispiel, sagt Mayer, 200 Prozent mehr „Toiletten für alle“ als Berlin und Hamburg zusammen.

Diese WCs unterscheiden sich von üblichen Behindertentoiletten dadurch, dass sie zusätzlich mit einer Liege und einem Lifter für Menschen mit besonderem Pflegebedarf ausgestattet sind. Beim Kiosk im Pfaffenhofener Bürgerpark und im Gerolsbad gibt es diese Toiletten – das sind aber die einzigen im Landkreis. Es braucht sie ja nicht an jeder Ecke, meint Mayer. Aber dort, wo sich Touristen umsehen, wären sie sehr wünschenswert, zum Beispiel beim Kloster Scheyern oder im Deutschen Hopfenmuseum in Wolnzach.

Es reicht eben nicht, sagt Anna Helmke, eine Einrichtung „barrierefrei“ auszustatten, so dass Rolli-Fahrer problemlos hineinfahren können. Bei Schwimmbädern braucht es zum Beispiel einen Lift, mit dem sie ins Becken abgelassen werden können.

Helmke weiß, wovon sie redet. Sie hat selbst ein Kind mit Handicap, das auf den Rollstuhl angewiesen ist. „Ausflüge“, sagt sie, „müssen wir exakt planen.“ Unverständlich, warum touristische Ziele nicht mit einem entsprechenden Siegel werben und auf ihrer Homepage die Maßnahmen herausstreichen.

Das wollen die Initiatoren wissen:

Was muss in Schulen, Bildungseinrichtungen, in Kitas oder auf Spielplätze verbessert werden?

Wo fehlt es im Bereich Gesundheit? Braucht es mehr Pflegekräfte, psychologische Beratung und Hilfe?

Wie sieht’s im Arbeitsleben aus? Gibt es überhaupt genug Arbeitsplätze? Wo fehlen da Hilfen?

Ein dickes Brett muss sicher im Bereich Wohnen und Mobilität gebohrt werden. Sind alle Praxen und Sportstätten barrierefrei zu erreichen? Jeder neue Bus, fordert Mayer, sollte barrierefrei ausgestattet sein. Von der Bahn ganz zu schweigen.

Was muss im Bereich Kultur, Sport und Freizeit passieren, damit Behinderte Zugang haben? In den Fragebogen, die die Teilnehmer ausfüllen sollen, sind Handlungsfelder angerissen: Fehlen bei Veranstaltungen Gebärdendolmetscher? Gibt es Bücher in einfacher Sprache?

Im Handlungsfeld Recht, Freiheit und Schutz geht es um Meldestellen für sexuelle Übergriffe oder Anlaufstellen für Diskriminierungsfälle.

Unter der Überschrift „Bürgerbeteiligung und öffentliches Leben“ ahnen die Initiatoren des Aktionsplans, dass es mehr Angebote für eine persönliche Assistenz der Behinderten geben sollte.

Teilnehmer können online unter forms.office.com/r/dA TEzX5ctb einen Fragebogen ausfüllen oder ihre Anregungen per E-Mail bis 31. Juliu an arbeitskreis-inklusion-paf@g mx.de schicken. Die Ergebnisse werden dann zu Handlungsfeldern gebündelt an einem runden Tisch, erklärt Mayer, allen Fachstellen und Beauftragten der Landkreis-Gemeinden vorgelegt.

PK