Leise, still und heimlich wird der Waldkindergarten Wurzelzwerge zehn Jahre alt. Eigentlich sollte das Jubiläum gefeiert werden, doch der Schneefall am gewählten Tag war zu stark. Alternativ wurde ein Friedensfest geplant, das organisatorischen Hürden zum Opfer fiel. Was aber geklappt hat: Es ist eine kleine Ausstellung am Waldkindergarten entstanden, die in den nächsten Wochen betrachtet werden kann. Kindergartenkinder haben Bilder und Texte zum Thema Frieden gestaltet.
Dass es den Waldkindergarten gibt, liegt an einer einzigen Person: Bianca Möllers, genannt „Bibi“. Sie hat die Idee damals vorangetrieben und bis heute ist sie die Vorsitzende des Trägervereins, der längst nicht mehr nur eine Kita-Gruppe anbietet, sondern seit 2018 auch eine Waldgruppe. Seit einer Weile sind die Wurzis auch Anlaufstelle für Eltern, die eine Kinderbetreuung in den Ferien benötigen; eine Idee, die vor vielen Jahren von Andre Ponndorf ins Leben gerufen wurde, und die nun hier fortgeführt wird. Auch Externe sind willkommen.
Nach wie vor sind die Leute im Team und viele Eltern, wie die Nachfrage belegt, überzeugt, dass Wald- und Naturkindergärten günstige Bedingungen schaffen, damit sich Kinder optimal entwickeln können. Individuelle Begabungen und Möglichkeiten können sich voll entfalten und die Kinder wachsen zu verantwortungsbewussten, gemeinschaftsfähigen, selbstbewussten und selbstständigen Mitgliedern der Gesellschaft heran, so sieht es das Konzept vor, das von einem Team mit einer Pädagogin, mehreren Erzieherinnen und Ergänzungsmitarbeitern umgesetzt wird.
GÄNGIGE KLISCHEES, UND WAS DAS TEAM VOM WALDKINDERGARTEN DAZU SAGT
„Haben Waldkinder nicht das ganze Jahr Rotznasen, weil sie draußen sind, auch wenn es kalt ist?“
Natürlich tropft im Winter auch mal eine Wurzinase. Die Eltern berichten aber, dass die Infekte deutlich zurückgehen und weniger stark ausgeprägt sind, sobald die Kinder regelmäßig in den Wald gehen: Da es dort kein klassisches Spielzeug gibt können Viren darüber nicht weiter gegeben werden. Die frische Luft zusammen mit der Bewegung im Freien stärkt das Immunsystem der Kinder.
„Waldkinder laufen wild rum und können sich bestimmt nicht gut konzentrieren. Wie soll das in der Schule werden?“
Der Wurzitag enthält feste soziale Strukturen wie den Morgenkreis und Essenszeiten. Die Regeln, die im Wald gelten, sind nicht pädagogisch erfunden, sondern haben einen Ernstcharakter. Zum Beispiel ist die Rücksichtnahme aufeinander zwingend notwendig, um Verletzungen vorzubeugen. Das ergibt für die Kinder Sinn und kann deswegen auch besser umgesetzt werden.
„Waldkinder waschen sich nie die Hände. Und wo gehen die aufs Klo?“
Die Kinder benutzen ihr Klohäuschen mit Sägemehlspülung oder unterwegs im Wald die Natur. Händewaschen ist natürlich ein wichtiges Thema nach jedem Klogang und vor dem Essen. Ausreichend Frischwasser wird über die Elterndienste täglich geliefert.
„Immer ohne Spielzeug draußen zu sein ist doch fad! Was machen die da die ganze Zeit?“
Die Kinder spielen fantasievoll zusammen. Alles, was der Wald bietet wird genutzt und zu Spielzeug umgebaut. Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt und die sensorische Entwicklung wird ganz nebenbei gefördert. Wurzis müssen übrigens auch nicht dazu anmimiert werden, sich mehr zu bewegen!
„Kommen Waldkinder im echten Leben zurecht? Wir können doch nicht alles in den Wald bauen!“
Das können und müssen wir nicht. Was wir aber sollten ist eine nachhaltige Lebensart vorleben – und das gelingt im Waldalltag ganz wunderbar. Übrigens brauchen die Wurzis während ihrer gesamten Kindergartenzeit keinen Strom. Neurobiologen haben außerdem erforscht, dass die Gehirne von Kindern, die sich viel draußen bewegen stärker vernetzt sind, was eine gute Vorbereitung für das spätere Leben darstellt.
„Stimmt es, dass Waldeltern alle Veganer sind?“
Allen Kindergartenkindern wird eine Brotzeit mitgegeben, die gesund und ausgewogen sein soll. Viele Kinder haben zum Beispiel eine gute Wurst in der Brotzeitbox.
SZ
Mechthilf Lauerer/mpy
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