Schrobenhausen
Revolutionäre bajuwarische Bewegungen

Helmut Eikam sprach beim Sonntagsforum zur Beziehung zwischen Bayern und Frankreich – Auftakt zur deutsch-französischen Woche

24.01.2023 | Stand 17.09.2023, 4:50 Uhr

Im Namen des Verkehrsvereins führte Manuela Kreitmair den Städtepartnerschaftsförderer Helmut Eikam als Referent des Sonntagsforums ein. Foto: mbs

Schrobenhausen – Es war etwas zufällig, aber der Termin lag auf die Stunde genau: In Paris traten die Regierungen Frankreichs und Deutschlands zusammen, um den Élysée-Vertrag zu feiern. Im Pavillon der städtischen Musikschule eröffnete der Schrobenhausener Partnerschaftsverein mit einem Referat von Helmut Eikam seine französische Woche.

Diese Woche begann mit ihrem deutsch-französischen Programm in einem Sonntagsforum unter Regie des Verkehrsvereins; Manuela Kreitmair begrüßte an die 40 Zuhörer. Am Ende dankte Hartmut Siegl im Namen des Partnerschaftsvereins dem Referenten, der auf die Städtepartnerschaft zwischen Schrobenhausen und der französischen Stadt Thiers mit ein paar amüsanten Anekdoten anspielte.

Helmut Eikam, seit Jahrzehnten in der Städtepartnerschaft engagiert, beleuchtete die historischen Beziehungen zwischen Frankreich und Bayern. Bayerns Orientierung nach Westen, so erklärte der Jurist und langjährige Kommunalpolitiker, sei schon in Dokumenten aus dem sechsten Jahrhundert nachzulesen. In den mittelalterlichen Jahrhunderten hätten Machtkämpfe immer wieder die Grenzen im Kernbereich Mitteleuropas verändert. Eikam ging in sicherem Kurs durch die Jahrhunderte, erläuterte die Bedeutung der Frankenkönige und der Kaiser, auch die bayerische Eigenkraft der Agilolfinger. Der Einfluss aus dem Westen war bestimmend, bis hin zum Gebrauch der französischen Sprache in der gehobenen Gesellschaft, dort sogar innerhalb der Familien. Im Lauf der Zeiten wandte sich Bayern mehrfach politisch gegen den Zugriff von Osten her; man wollte nicht von Österreich dominiert werden.

Die Illuminatenund das Königreich

Besonders eng wurde Bayerns Beziehung zu Frankreich am Übergang vom 18. ins 19. Jahrhundert. Helmut Eikam beschrieb die Ausläufer der Französischen Revolution und wie die Revolutionsarmee das Land vor den Alpen besetzte. Etwas kurios mutet eine revolutionäre bayerische Bewegung an – auch von den Illuminaten, also von den geheimnisvollen Ingolstädtern betrieben –, die zusammen mit den Franzosen einen Aufbruch im Sinne der ursprünglichen Ideale der Französischen Revolution suchte, um eine Republik herzustellen. Dafür waren die Franzosen unter ihrem General Moreau aber nicht zu gewinnen.

Um diese Zeit trat Napoleon auf den Plan, dieser erklärte, so Eikam, die Revolution für beendet, und im Hin und Her seiner Kriegsbewegungen machte er Bayern 1806 zum Königreich. In der Folge entstand das flächenmäßig größte Bayern, das es je gegeben hat, es reichte von Coburg bis zur Salurner Klause. Allerdings benahmen sich die Bayern unter französischer Hoheit nicht sonderlich gut, dies führt zum Aufstand der Südtiroler unter Andreas Hofer.

In den folgenden Jahren taten sich die Mächte Europas zusammen, um Napoleons Herrschaft zu beenden und in der Völkerschlacht bei Leipzig niederzuringen. Den Bayern sei es nicht leicht gefallen, wie Eikam erklärte, sich vom Gönner Napoleon abzuwenden und sich auf die Seite seiner Gegner zu stellen.

Von Erzfeindenund Entgegenkommen

Napoleons Wirken auf Bayern erwies sich als durchaus förderlich. Helmut Eikam stellte dar, wie der bayerische Staat modern wurde; zum Teil nach französischem Muster wurden sowohl in der Justiz wie in der Verwaltung Reformen umgesetzt, es erfolgte die Befreiung der Bauern, die bislang lediglich Untertanen ihrer Adelsherren gewesen waren, es kam die Gleichstellung der Juden. Auch die Konfessionen standen nun gleichberechtigt nebeneinander, und die Binnenzölle wurden abgeschafft. Auch das Niveau des Bildungswesens wurde deutlich angehoben. Für die Handwerker wurde der Zunftzwang abgeschafft, auf anderer Ebene kam neuer Zwang ins Spiel – die allgemeine Wehrpflicht. In Bayern herrschte nun ein König, der Protagonist vieler Neuerungen aber war der legendäre Graf Montgelas.

In den folgenden Jahrzehnten haben separate bayerisch-französische Beziehungen kaum Bedeutung, und innerhalb des Deutschen Reiches hatten Schulkinder ab 1871 zu lernen, Frankreich sei der Erzfeind. Nach der Katastrophe des Ersten Weltkriegs konnten sich ausgleichende Kräfte nicht durchsetzen, und Hitler schickte noch einmal deutsche Soldaten nach Frankreich. Erst die Initiative von Konrad Adenauer und das Entgegenkommen von Charles de Gaulle führte 1963 auch vertraglich zur Versöhnung.

SZ