Es ist in bestem Sinne „literarisches Kabarett“, auch wenn der Begriff schon fast verloren gegangen ist: Die Schauspieler Eleonore Daniel und Jürgen Wegscheider streifen seit Jahren in gemeinsamen Auftritten durch die heiteren Seiten der Literatur.
Eher unbekannte Texte von bekannten Autoren
Das Duo kam nun mit neuem Programm, in dem „man was zu lachen hat“, wieder nach Schrobenhausen. In lockerer Rollenverteilung präsentierten zwei Partner auf Augenhöhe ihre Spielfreude mit meist unbekannten Texten von bekannten Autoren. Mit Material von Ludwig Thoma und Karl Valentin, mit Texten von Ringelnatz und Morgenstern, von Kurt Tucholsky, von Wilhelm Busch und Fred Endrikat lässt sich ein Programm gestalten, das Originalität garantiert und in dem Niveau nicht mühsam gesucht werden muss. Die beiden spielen zwischen Hochdeutsch und viel Mundart, wenn auch Jürgen Wegscheider – an einer Stelle outet er sich – aus seinem Tiroler Idiom nicht immer ganz glatt in den bayerischen Dialekt hinüberwechselt.
So ging es lebhaft durch die munteren Seiten der Dichtkunst. Versteckt unter Autoren wie Ringelnatz und Morgenstern bekommt das Publikum den guten Rat von Frau Rat Goethe, die Zeit in Monaten, Tagen und Stunden so froh wie möglich zu nützen. Und von Ringelnatz kommt ein „Guten Morgen“ an die Pflege in der täglichen Toilette; später von ihm noch sinnend eine kleine Passage zum Übergewicht, das eine Briefwaage tief im Meer aufdeckt. Auch sein berühmter „Briefmark“ kommt zur Sprache.
Das unruhige Leben in der Münchner Tram hat lange vor dem Weiß Ferdl und seiner „Linie 8“ schon Ludwig Thoma beschäftigt. Von Thoma stammte auch die Geschichte vom Jugendfreund, der partout wiedererkannt werden will. Aber hat man diesen aufdringlichen Menschen, der auch noch zur Finanzierung einer Geschäftsidee überreden will, überhaupt schon mal gesehen? Da brauchts am Ende das Unglück mit dem zerstörten Aquarium, um den Aufdringlichen wieder loszuwerden.
Wie kommen die Löcher in den Käse?
Kurt Tucholsky lieferte den Dialog aus einem verqueren Eheleben, von Eifersucht und Untreue, aber alles „nur mal angenommen“. Und Tucholsky geht auch ausführlich der Kinderfrage nach, wie die Löcher in den Käse kommen – die Erwachsenen geraten darüber in Konflikte. Auch Anna und Simmerl, erfunden von Karl Valentin, kommen im Dunkeln nicht ganz klar miteinander; es geht ums Sehen und Nichtsehen und auch ums Hören: „Hast g’hört, wie i nix g’sagt hab…?“ Alles „schon saudumm“, erkennen die zwei übereinstimmend. Und wie verhalten sich zwei Herren, die sich auf der Straße begegnen und eigentlich kennen müssten und keinem fällt der Name des andern ein…?
Die beiden Rezitatoren gehen mit ihrem Spiel auch ins Risiko. Denn der Großteil des Publikums hat sicher die Stimme Karl Valentins im Ohr, in der sich sein Buchbinder Wanninger telefonisch mit der Baufirma Meisel und Company herumschlägt; auch Jürgen Wegscheider als Buchbinder Wanninger und Eleonore Daniel – locker alle anderen Stimmen variierend – kommen nicht durch. Bis zur finalen „Saubande!“ Nicht weniger riskant die Darstellung der launischen Hausschnecke – „Soll ich raus aus mei’m Haus oder soll i nit raus?“ –, wenn man sich an Gert Fröbes szenisch verquere Darbietung erinnert.
Lyrisch-ironisch wird dargestellt, wie’s im Auto auf vollen Straßen in den Urlaub geht, und wie man – lange im Stau – am Ende der Schlange gleich wieder umkehren könnte. Und im Dialog war Theodor Fontanes immer anrührende Ballade des Ribbeck auf Ribbeck im Havelland zu hören, irgendwie eine Geschichte der Menschenliebe.
Danach großer Beifall, Eleonore Daniel hatte an ihrem Heimspiel sichtlich Vergnügen – die Zugabe unumgänglich. Da gings noch mal um Theaterkarten, die man gerne und großzügig weitergeben, respektive loshaben will, doch führt dieser zweifelhaft gute Wille in die Sackgasse. Im Vorspann des Abends hatte Manuela Hirt im Namen der gastgebenden Volkshochschule die gut 70 Zuhörer begrüßt.
SZ
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