Lampertshofen
Geheimnisse einer Kindermumie

Stammtisch mit Vortrag bei den Familien- und Heimatforschen Schrobenhausener Land

27.06.2022 | Stand 22.09.2023, 21:52 Uhr

Der Tod ist sein Leben: Andreas Nerlich ist Professor für Pathologie und Mumienforscher. Er präparierte das „Münchner Mumienschwein“. Foto: Nerlich

Von Norbert Pichler

Lampertshofen – Beim bevorstehenden Stammtisch der Familien- und Heimatforscher aus dem Schrobenhausener Land steht ein spannender Vortrag auf dem Programm: Der Professor für Pathologie und Mumienforscher Andreas Nerlich beleuchtet am kommenden Freitag die Geheimnisse einer bayerischen Kindermumie aus der Zeit von König Max I. Joseph, auch bekannt als die „Prinzessin von Wackerstein“.

Als Leiter des Instituts für Pathologie an den Standorten Bogenhausen und Schwabing der München Klinik GmbH und als Professor für Pathologie der Ludwigs-Maximilians-Universität München hat Nerlich bereits viel Erfahrung in postmortalen Untersuchungen gesammelt. Im Rahmen seiner Arbeiten an Analysen von Mumien und Skeletten aus Gruften und Friedhöfen, entdeckte er hierbei die besagte Kindermumie aus Wackerstein. Deren Vergangenheit mutet einer spannenden Kriminalgeschichte an, bei der die Baron Wilhelm von Jordan, der Flügeladjutant des ersten bayerischen Königs, und Violante von Sandizell, Hofdame der Königin, sowie der König und das mumifizierte Kind selbst die Protagonisten aus höchsten Kreisen darstellen.

Eine heimliche Hochzeit und eine rätselhafte Reise

Alles begann wohl mit verschiedenen, als amourös zu bezeichnenden Affären am Hofe des Königs Max I. Joseph, gefolgt von einer heimlichen Hochzeit und einer genauso rätselhaften wie gefährlichen Reise eines jungen Paares nach Neapel. Dort, am Fuße des Vesuvs, wurde den beiden im Frühling des Jahres 1815 eine Tochter geboren. Doch bereits mit knapp anderthalb Jahren starb das kleine Mädchen und die Eltern brachen unmittelbar danach ihren Aufenthalt ab. Nach allen Regeln der Kunst einbalsamiert reiste das tote Kind mit den Eltern zurück nach Bayern.

200 Jahre später ist das mumifizierte Mädchen Ausgangspunkt umfangreicher interdisziplinärer wissenschaftlicher Untersuchungen des Paläopathologen Nerlich. Diese haben das Ziel, das Schicksal des außergewöhnlich gut erhaltenen Kinderleichnams aufzuklären, welches in der Familiengruft im unweit von Ingolstadt gelegenen Dorf Dötting bei Wackerstein seine letzte Ruhestätte gefunden hatte.

Todesumstände des kleinen Mädchens sind geklärt

Mit historischen Forschungen in zahlreichen Archiven, unter anderem in Zusammenarbeit mit dem thüringischen Staatsarchiv Greiz, konnte Nerlich den ungewöhnlichen und zunächst unerklärlichen Lebensweg des Kindes und seiner Eltern in München, Neapel und Wackerstein ergründen. Mit modernsten naturwissenschaftlich-medizinischen Methoden konnten offene Fragen nach der Elternschaft, aber auch Details des kurzen Lebens und die Todesumstände des kleinen Mädchens geklärt und somit der Fall „Prinzessin Wackerstein“ gelöst werden.

Jeder Interessierte ist zum Vortrag am Freitag, 1. Juli, um 19.30 Uhr ins Gasthaus Felbermaier in Lampertshofen willkommen. Das Forschertreffen beginnt für jedermann bereits um 18 Uhr, wie bislang besteht die Möglichkeit, mitgebrachte Sterbebilder einscannen zu lassen. Der nächste Stammtisch mit einem Vortrag über das Stadtarchiv von Pfaffenhofen folgt bereits vier Wochen später, am Freitag, 29. Juli.

SZ