Langenmosen
Freistaat pumpt Millionen ins Donaumoos

Ministerpräsident Söder verkündet Investitionen für den Erhalt des Niedermoores und für den Klimaschutz

04.05.2021 | Stand 12.09.2022, 15:21 Uhr

Imposante Kulisse: Sowohl die Landschaft als auch die Fahrzeuge der Demonstranten machten Eindruck auf Umweltminister Thorsten Glauber (v.l.), Ministerpräsident Markus Söder und Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber. Foto: Janda

Von Stefan Janda

Langenmosen – Der Freistaat investiert ins Donaumoos – und zwar kräftig. Bei einem Besuch in Langenmosen hat Ministerpräsident Markus Söder am Dienstag ein Investitionspaket über 200 Millionen Euro für die nächsten zehn Jahre verkündet. Das Geld soll in den Erhalt der Landschaft fließen.

Selten zeigt das Donaumoos das eigene Sterben derart eindrucksvoll wie an diesem Tag. Schwarze Wolken ziehen wie dichter Qualm über die Landschaft. Es ist die tiefschwarze Mooserde, aufgewirbelt von den heftigen Sturmböen. Jedes kleine Körnchen des ausgetrockneten Materials setzt ein bisschen des im Moorkörper gespeicherten CO2 frei. Ein Problem, das seit vielen Jahren bekannt ist. Und gegen das der Freistaat nun aktiv vorgehen will. Denn für Markus Söder und sein Kabinett stellt das Donaumoos im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen einen wichtigen Baustein im bayerischen Kampf gegen den Klimawandel dar. „Wir sehen hier eine echte Chance“, sagt der CSU-Politiker und verweist auf die Funktion von gesunden Mooren als CO2-Speicher.

Konkret hat Söder, der mit Landwirtschaftsministerin Michael Kaniber (CSU) und Umweltminister Thorsten Glauber (FW) ins Donaumoos gekommen ist, ein Investitionspaket von 200 Millionen Euro dabei. Diese Summe soll der Freistaat in den kommenden zehn Jahren auf einer Fläche von 2000 Hektar investieren. „Das ist eine Riesennummer“, sagt der Ministerpräsident. Seinen Worten zufolge soll es eine ganze Reihe an Maßnahmen geben, unter anderem zur Moorrenaturierung. Ebenso wie seine beiden Minister und auch LBV-Präsident Norbert Schäffer und BBV-Präsident Walter Heidl sieht er dafür aber ein konstruktives Miteinander mit der Bevölkerung und den betroffenen Landwirten als zwingend erforderlich an.

Lippenbekenntnisse, welche diese wohl auch gerne hören würden. Doch eine rund 80-köpfige Schar Demonstranten darf nicht an der Veranstaltung auf dem Langenmosener Moosberg teilnehmen. Ihrem Unmut darüber und über die Furcht vor Entscheidungen über ihre Köpfe hinweg machen sie daher lautstark mit Hupkonzerten Luft. „Wir sind hier, um auf unsere Existenzgrundlage hinzuweisen, die wir als bedroht ansehen“, sagt Landwirt Max Gottschall im Gespräch mit unserer Zeitung. „Ich will nicht in einem Sumpf leben“, betont ein anderer Teilnehmer. Und Moritz Knöferl aus Karlshuld kritisiert: „Es wird sehr viel über die Leute geredet, aber nicht mit ihnen.“ Genau das, einen Dialog, erwartet sich die Gruppe nun. Eine Ansicht, die sie nach der Abreise der Besucher aus München unter anderem Landrat Peter von der Grün (FW), BBV-Kreisobmann Ludwig Bayer und den beiden Heimatabgeordneten Roland Weigert (FW) und Matthias Enghuber (CSU) mit auf den Weg geben.



Das Duo im Landtag darf an diesem Tag unterdessen nicht ans Rednerpult. Dabei ist der Termin wohl vor allem den beiden Parlamentariern zu verdanken. In unzähligen Gesprächen haben sie in den vergangenen Jahren Überzeugungsarbeit in München geleistet, um diesen Schritt überhaupt erst zu ermöglichen. „Das ist ein großer Tag für das Donaumoos“, ist Enghuber nun überzeugt. Und Weigert sieht im Versprechen aus der Landeshauptstadt „eine Chance für eine neue Epoche der Donaumoos-Entwicklung“. Für beide ist klar – und das sagen sie auch den aufgebrachten Demonstranten – dass das alles nur in vielen kleinen Schritten und zudem nicht auf eine Art und Weise funktionieren kann. „Wir müssen hier ganz unterschiedliche Ansätze verfolgen“, betont Enghuber.

Wie genau diese aussehen können, darauf liefert der Besuch aus München keine Antwort. Für Michaela Kaniber kann die Landwirtschaft nun ein großer Teil der Lösung sein. „Das geht aber nur im Miteinander“, so die Agrarministerin. „Hier müssen wir Sorgen und Ängste nehmen.“ Gleichzeitig macht Kaniber kein Geheimnis daraus, dass das Rad fürs Donaumoos in großen Teilen erst neu erfunden werden muss. Neue Programme und neue Fördermöglichkeiten sind in ihren Augen der richtige Weg. Also: Alles im Fluss.

Das gilt im Übrigen auch für die von Ministerpräsident Söder anvisierte Fläche. 2000 Hektar im Moor können nicht einmal der Donaumoos-Zweckverband und der Kreis Neuburg-Schrobenhausen gemeinsam aufbringen. Das dürfte auch der Landesvater wissen, der deshalb bewusst die potenziellen Partner mit einbezieht. „Nur im Team bestehen wir diesen Test.“ Das stellt auch Umweltminister Glauber in den Fokus: „Wir wollen eine Partnerschaft mit den Landwirten.“ Der FW-Politiker aus Oberfranken sieht im Donaumoos aber nicht nur einen wichtigen CO2-Speicher. Für ihn ist es auch als Wasserreservoir für den Freistaat von zentraler Bedeutung.

Walter Heidl, Chef des Bayerischen Bauernverbands, stellt unterdessen die Freiwilligkeit als absolutes Muss in den Mittelpunkt. „Sie müssen die Belange der Landwirte ernst nehmen und die Menschen mitnehmen“, appelliert er an die Politiker und verwehrt sich zugleich einem grundsätzlichen Verbot von Ackerbau im Donaumoos. Die Flächen sollen seiner Ansicht nach ganz klar in der Hand der Landwirte bleiben – eine ganz wesentliche Sorge der Demonstranten.

Klar ist aber auch, dass all das nur mit dem Freistaat an der Seite funktionieren kann, wie Landrat Peter von der Grün (FW) betont. „Wir fühlen uns dem Natur- und dem Klimaschutz verpflichtet.“ Doch Landkreis, Bezirk und Gemeinden stießen finanziell und personell längst an ihre Grenzen. „Hier geht es aber um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, so der Kreischef, der sich nach diesem Termin sicher sein kann: In München haben das die Entscheidungsträger kapiert.

Kommentar

Der Grundstein für die Zukunft des Donaumooses ist endlich gelegt. In mühsamer und durchaus zäher Arbeit haben die beiden Abgeordneten Matthias Enghuber und Roland Weigert, flankiert von eindeutigen politischen Willensbekundungen aus dem Landkreis, den Freistaat zu einem stärkeren Engagement im Donaumoos bewegt. Für die Zukunft der gefährdeten Moorlandschaft und die Bemühungen für den Klimaschutz in Bayern ist das ein gewaltiger Erfolg.

Ausruhen darf sich darauf aber niemand, weder die Akteure vor Ort noch die Entscheider in München. Denn die eigentliche Arbeit im Donaumoos hat mit diesem Schritt gerade erst begonnen. Nicht zu Unrecht sprechen kluge Köpfe längst von einer Generationenaufgabe, für die es keine Patentlösung gibt. Stattdessen sind viele kleine Schritte nötig. Gleichzeitig braucht es Lösungen, mit denen auch die Menschen im Moos leben und arbeiten können. Die Bemühungen um den Klimaschutz sind also nur ein Aspekt. Jetzt muss auch der Dialog mit den Bürgern anlaufen – und zwar auf Augenhöhe und mit offenem Visier bei allen Beteiligten.