Neuburg/Konstanza
„Es fühlt sich bedenklich an“

Kommandeur des deutschen Nato-Kontingents in Rumänien blickt mit Sorge auf den Ukraine-Konflikt

24.02.2022 | Stand 24.02.2022, 19:15 Uhr

Im Formationsflug: Deutsche und italienische Eurofighter sichern derzeit gemeinsam den Nato-Luftraum über Rumänien ab. Fotos: Luftwaffe/Schmitt

Herr Jacob, die Kämpfe in der Ukraine sind nur wenige Hundert Kilometer von ihrem Standort in Rumänien entfernt. Macht sich dadurch nicht eine gewisse Unsicherheit unter den Soldaten bemerkbar?

Jacob: Bisher eigentlich nicht. Denn es steht ja derzeit nicht zur Debatte, dass Rumänien oder ein anderes Nato-Land in Gefahr sind. Die Entwicklung fühlt sich allerdings auch für uns hier bedenklich an.

Das Taktische Luftwaffengeschwader 74 aus Neuburg ist regelmäßig im Baltikum im Einsatz. Ist die jetzige Stimmung mit der in Estland nach der Krim-Annexion 2014 vergleichbar?

Jacob: Schon ein bisschen. Wir erleben hier durch die Situation in der Ukraine eine gravierende Änderung in der Weltordnung. Das ist mit der Entwicklung damals durchaus vergleichbar.

Eine Verlängerung der Mission in Rumänien gilt bereits als sicher. Nun folgt die Verlegung weiterer Kampfjets aus Neuburg ans Schwarze Meer. Was bedeutet das konkret?

Jacob: Wir agieren dabei ergebnisoffen und stellen uns derzeit auf jedes Szenario ein. Allerdings sind wir hier ja nur Gast des italienischen Kontingents, gleichzeitig wird Ende März eine andere Nation den Nato-Auftrag übernehmen. Daher ist alles erst koordinierbar, wenn es weitere Entscheidungen gibt.

Wie ist derzeit die Stimmung bei Ihnen und Ihren Kameraden?

Swen Jacob: Die Stimmung ist gut, alle Soldatinnen und Soldaten sind motiviert. Wir haben eine umfangreiche Aufbauphase hinter uns und mussten dabei viel improvisieren. Das ist bei einer solchen Mission aber ganz normal. Jeder kennt Auftrag und Ziel. Wir sind seit Donnerstag außerdem so weit, dass wir gemeinsam mit den italienischen Streitkräften die Nato-Alarmrotte stellen.

Wie wirken sich die Entwicklungen der vergangenen Tage in der Ukraine auf das Kontingent aus?

Jacob: Wir beobachten das natürlich alle voller Sorge. Auf unseren konkreten Auftrag, die Sicherung des Nato-Luftraums in Rumänien, hat das aber noch keine Auswirkungen. Die Frage, die sich uns nun stellt, ist jedoch, ob sich dadurch hier etwas ändert. Das muss jedoch die Politik entscheiden, was sicher passieren wird.

Neben rund 900 deutschen Soldaten in Litauen steht ihr Kontingent nun besonders im Fokus. Was hat sich dadurch verändert?

Jacob: Wirklich geändert hat sich bisher nichts. Wir stehen durch unsere Mission im Baltikum als Geschwader ja immer wieder besonders im Fokus der Öffentlichkeit. Daher kenne ich solche Situationen schon aus den vergangenen Jahren. Allerdings erlebt man diese ungewöhnlichen Zeiten auch nicht alle Tage.

Gibt es bereits Auswirkungen auf den Flugbetrieb?

Jacob: Bisher hat sich nichts verändert, allerdings sind wir ja noch nicht am eigentlichen Missionsgeschehen beteiligt gewesen. Unsere italienischen Partner sind in den vergangenen Tagen allerdings öfter aktiv geworden. Seit Beginn der Mission im Dezember gab es bereits 14 Alpha Scrambles, also Alarmstarts. Zuletzt haben sich solche Vorfälle deutlich gehäuft.

Eigentlich geht es bei Ihrer Mission primär um die Zusammenarbeit mit den italienischen Streitkräften in Rumänien. Wird das nun zur Nebensache?

Jacob: Ich denke, das wird nebenbei einfach weiter mitlaufen. Wir sind ja mit wenig Leuten und möglichst wenig Material hier. Da sind wir natürlich auf die Zusammenarbeit angewiesen. Der Auftrag ist da – nur der Fokus wird sich vielleicht etwas verschieben.

Das Gespräch führteStefan Janda.



ZUR PERSON

Oberstleutnant Swen Jacob (52) ist stellvertretender Kommodore des Taktischen Luftwaffengeschwaders 74 aus Neuburg. Derzeit leitet der erfahrene Eurofighter-Pilot als Kommandeur das deutsche Nato-Kontingent in Rumänien. Jacob hat bereits im Baltikum, im Kosovo und in Afghanistan Erfahrung gesammelt.

Die Mission

Rund 60 Soldatinnen und Soldaten des Taktischen Luftwaffengeschwaders 74 aus Neuburg (Kreis Neuburg-Schrobenhausen) sind seit einigen Tagen im Auftrag der Nato im rumänischen Konstanza. Dort sollen sie mit drei Eurofighter-Kampfjets den Luftraum des Verteidigungsbündnisses sichern – eine Aufgabe, die der Verband in der Heimat für Süddeutschland rund um die Uhr erfüllt. In Rumänien kooperieren die Soldaten erstmals mit einem Geschwader aus Italien. Ziel ist eine bessere Zusammenarbeit. Diesen Ansatz soll die Luftwaffe in den kommenden Jahren weiter verfolgen.

DK