Riedenburg
Press-Tage sind Stress-Tage

Der Riedenburger Gabriel Schneider hilft während der Obsternte in der Mosterei in Hemau mit

11.10.2022 | Stand 22.09.2023, 4:45 Uhr

Seine knallroten Äpfel befördert das Ehepaar Christine und Gerhard Frank in die Saftpresse. Der Riedenburger Gabriel Schneider hilft beim Betrieb der Anlage in Hemau mit. Fotos: Erl

Hemau/Riedenburg – Der fruchtige Geruch von frisch gepressten Äpfeln umfängt in diesen Herbstmonaten jeden, der in die Nähe der Mosterei in Hemau kommt. Seit Ende August liefern die ersten Gartenbesitzer ihre Früchte dort schon an und noch bis Mitte November pressen Renate und Josef Eichenseer den Saft aus den massenweise angelieferten Äpfeln, Birnen und Quitten.

Trotz des heißen und trockenen Sommers hat sich die Press-Saison nicht verschoben. „Durch die Hitze werden die Äpfel nicht früher reif“, weiß Josef Eichenseer aus langjähriger Erfahrung. Seit 2013 haben sie die Mosterei, die zuvor von vier Hemauer Vereinen betrieben wurde, als eigenen Gewerbebetrieb übernommen.

„Der ideale Zeitpunkt zum Pressen von Apfelsaft ist dann, wenn sich die Äpfel mit einer leichten Drehung von den Zweigen lösen“, weiß Renate Eichenseer. Zu früh geerntete Äpfel ergeben nicht nur einen sauren Apfelsaft, die Fachfrau weiß noch von einem anderen Risiko. „Unreife Äpfel enthalten oft noch sehr viel Pektin, das auch als Geliermittel bekannt ist. Da kann es dann unter Umständen passieren, dass der gepresste Saft in den Beuteln geliert“, erzählt sie. Mit überreifen Birnen habe man in der Presse aber ein noch größeres Problem: „Das wird in der Presse nur noch Brei und da kommt kein Saft mehr heraus.“

Die meisten ihrer Kunden aus weitem Umkreis aber kommen schon seit Jahren und wissen, wie die Rohstoffe zu guten Fruchtsäften beschaffen sein müssen. „Reif und nicht faulig oder schimmelig“, bestätigt Gabriel Schneider. Er ist zwar in Hemau geboren, wohnt aber in Riedenburg und nimmt sich seit ein paar Jahren eigens Urlaub, um in der Mosterei mitzuhelfen. „Ich freue mich dann schon immer, wenn ich Bekannte aus Riedenburg oder dem Gemeindebereich hier treffe“, erzählt er lachend. Schneider bedient die gewaltige Pressmaschine und sortiert am zuführenden Förderband alle die Elemente aus, die den Saft verderben könnten und die bei der Ernte zuvor übersehen worden waren.

Zwar können sich die Leute schon Wochen vor Saisonbeginn digital für einen Presstermin mit Angabe der voraussichtlichen Früchtemenge anmelden. Aber recht oft wird es dennoch eng, weil die Hobbygärtner sich in der Menge um einige Zentner verschätzen oder zu spät zum Termin kommen. Schneider ist der erste, der das dann abbekommt. „Die meisten Leute wissen, dass es schon mal Wartezeiten geben kann. Aber manche Leute – meistens die aus der Stadt – sind recht oft ungeduldig und bestehen auf der Einhaltung ihres Termins“, berichtet er schmunzelnd.

Dabei sind die Press-Tage während der Saison oft Stress-Tage für die Betreiber. Eine halbe Stunde vor dem ersten Termin um 8 Uhr morgens sind sie schon da und wenn gegen 17 Uhr der letzte Kunde bedient ist, müssen sie jeden Tag noch drei Stunden lang die Anlage waschen und reinigen. Denn der Saft und die Fruchtpartikel finden unter dem hohen Pressdruck jede kleinste Ritze. Die ausgepressten Apfelreste werden etwas abseits gelagert, sie sind von den Jägern als Leckereien für Rehe sehr begehrt.

Nach dem Pressen werden die Säfte auf 80 Grad Celsius erhitzt, dadurch sterilisiert und in Zehn-Liter- oder Fünf-Liter-Beutel abgefüllt. „So sind sie mindestens zwei Jahre ohne Qualitätsverlust haltbar“, versichert Eichenseer.

Wer möchte, kann sogar schon einen ersten Schluck des eigenen Apfelsaftes probieren, während die Presse noch läuft. Ein paar Liebhaber veredelter Obstsäfte lassen sich das Pressgut aber auch kalt in Fässer abfüllen, nehmen Reinzuchthefe mit nach Hause und hoffen nach mehrwöchiger Gärung und pfleglicher Behandlung auf einen guten Apfelwein.

Christine und Gerhard Frank aus Pirkach sind noch am Anfang ihrer Saft-Erfahrungen. Sie sind im zweiten Jahr hier und bringen ihre knallroten Äpfel im Kofferraum des Autos mit. „Der Saft von den eigenen Bäumen ist immer noch der Beste. Da ist nichts gespritzt, nichts Fauliges dabei und da weiß man, was man hat“, versichern sie.

erv