Einigkeit unter Experten
„Nur die Jagd bewahrt ein artenreiches Ökosystem“

Förster sammeln in den Wäldern um Riedenburg die Daten für das aktuelle Vegetationsgutachten

27.02.2024 | Stand 27.02.2024, 16:44 Uhr

Die Zaunlinie zeigt es deutlich: Geschützt durch den Zaun wachsen viele Baumarten, ungeschützt daneben lässt der Rehwildverbiss keine Waldverjüngung hochkommen. Davon überzeugten sich Alexander Riepl (von links), der Sprecher der Jagdgenossenschaften, Peter Enders, Bereichsleiter Forst beim AELF in Abensberg, und Robert Schöls, Vize-Kreisobmann beim BBV. Foto: Erl

Spaziergänger freuen sich, wenn sie mal ein paar Rehe im Wald sehen, für Waldbauern aber können zu viele Exemplare dieser Wildart ein Zukunftsproblem sein. Denn: „Der Haupteinflussfaktor für das Gelingen einer natürlichen Waldverjüngung ist das Schalenwild“, weiß Peter Enders, Forstwissenschaftler, Stellvertretender Leiter des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Abensberg-Landshut und dortiger Bereichsleiter Forst.

Bereits seit dem Jahr 1986 wird alle drei Jahre bayernweit ein Vegetationsgutachten nach wissenschaftlich entwickelten Standards erhoben, um den Stand der Waldverjüngung an festgelegten Punkten zu ermitteln. Die Bereichsleiter Forst an den jeweiligen AELF erstellen daraus ein Gutachten für die Jagdbehörde am Landratsamt, dem zufolge Abschusszahlen für Schalenwildarten wie Reh- und Rotwild angehoben, beibehalten oder gesenkt werden sollen.

„Staatswald hat einen Anteil von 60 Prozent“

Auch heuer schwärmen die staatlichen Förster wieder aus, um den Wildverbiss an den Jungpflanzen zu ermitteln. „Daraus lässt sich ableiten, welchen Einfluss der Wildverbiss auf Wachstum und künftige Artenvielfalt bei den Waldbäumen hat“, erläutert Enders im Gespräch mit unserer Zeitung. Allerdings beziehen sich diese Aussagen nicht auf einzelne Jagdreviere, sondern nur auf die jeweilige großflächige Hegegemeinschaft als Zusammenschluss vieler Jagdreviere.

Für Waldbesitzer wie Alexander Riepl aus Thann, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Jagden im Kreis Kelheim, und Robert Schöls als Vize-Kreisobmann des Bauernverbandes, reicht diese flächige Analyse nicht. Sie empfehlen den Waldbesitzern, den Jagdgenossen und auch den Jägern, die vom AELF angebotene, kostenlose Möglichkeit der einzelrevierweisen Aussage zu nutzen. „Die flächige Aussage lässt keine Rückschlüsse auf einzelne Reviere zu. In der Hegegemeinschaft Riedenburg beispielsweise hat der Staatswald einen Anteil von 60 Prozent und die waldintensive Bejagung dort verzerrt die Aussage für die privaten Wälder“, argumentiert Riepl.

Alexander Riepl hat selbst den Jagdschein gemacht, er bejagt einen Teil seiner Wälder und kann längst Beispiele für den Waldverjüngungserfolg aus intensiver Bejagung vorweisen. Er weiß aber auch, dass in vielen Revieren seiner Hegegemeinschaft von Revier zu Revier unterschiedlich gejagt wird. Eine einzelrevierweise Aussage zum Vegetationsgutachten, das vom zuständigen staatlichen Förster gutachtlich erstellt wird, geht dann auf die jeweilige Situation vor Ort ein.

Die Vorgabe aus dem Jagdgesetz ist, dass standortgerechte Baumarten auch ohne Schutz hochkommen müssen. Dem zufolge bewertet der staatliche Förster die jeweilige Verbisssituation im Revier und empfiehlt jagdliche Handlungsnotwendigkeiten. „Jeder Grundeigentümer, jeder Jagdvorstand und jeder Revierpächter kann bis spätestens 29. Februar an seinem zuständigen AELF die revierweise Erhebung beantragen. Das entsprechende Antragsformular kann auf der Internetseite des AELF heruntergeladen werden“, weiß Robert Schöls.

„Es geht darum, die Wälder zu erhalten“

Allerdings sollte dabei auch angekreuzt werden, dass ein gemeinsamer Waldbegang gewünscht wird. Idealerweise sollten bei diesem Termin dann neben dem Antragsteller auch alle anderen Beteiligten einschließlich der Jagdpächter mit dabei sein. „Dieser gemeinsame Waldbegang ist besonders sinnvoll, weil man da die jagdlichen Themen vor Ort besprechen kann“, empfiehlt Enders aufgrund langjähriger positiver Erfahrungen.

Auch Alexander Riepl plädiert für das gemeinsame Gespräch vor Ort. „Es ist viel zielführender, miteinander statt übereinander zu reden“, unterstreicht der Sprecher der Jagdgenossenschaften. Als Waldbesitzer und Jäger hat er in seinem Engagement vor allem die großen Zukunftsherausforderungen auch im regionalen Bereich im Blick. „Es geht darum, unsere Wälder zu bewahren. Eine waldorientierte Bejagung ist die einzige Chance, unseren Wald als artenreiches Ökosystem im globalen Klimawandel zu erhalten“, ist er überzeugt. Er empfiehlt daher Waldbesitzern, selbst den Jagdschein zu machen und sich jagdlich zu engagieren. „Jagd ist für mich Teil der waldbaulichen Arbeiten“, bringt er seine Einstellung zur Rehwildbewirtschaftung auf den Punkt.

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