Bäume aufgeschlitzt
Mysteriöser Baum-Attentäter schlägt erneut zu - Nun ermittelt die Polizei

04.07.2022 | Stand 04.07.2022, 20:01 Uhr

Revierförster Simon Windl (li.) und Florian Prücklmeier sind sicher: Nur ein Herbizid kommt als Ursache für derart massive Schäden an den Bäumen in Frage. −Fotos: Hutzler

Von Martina Hutzler

Wieder wird ein Jungwald von Heinrich Prücklmeier schwer beschädigt. Wer dahintersteckt ist unklar. Nun hat Prücklmeier Anzeige bei der Kelheimer Polizei erstattet.



Heinrich Prücklmeier hat buchstäblich rot gesehen, als er am Pfingstsonntag zu seiner kleinen Waldfläche zwischen Staubing und Eining fuhr. Und als langjähriger Land- und Forstwirt weiß er: „Rot ist tot“ bei Bäumen. Nicht zum ersten Mal wurde Prücklmeier Opfer eines bislang unbekannten Baum-Attentäters.

Es ist ein schmaler Wald-Streifen, etwa ein Drittel Hektar groß, den die Prücklmeiers nach massivem Borkenkäfer-Befall vor etwa vier Jahren neu anpflanzen mussten. Fit fürs immer extremere Klima sollte das Wäldchen werden: mit Baumarten wie Ahorn, Tanne, Douglasie, dazu als Naturverjüngung Kiefer, Buche, Eiche und Fichte. Das war so abgesprochen mit dem damals für die privaten Waldbesitzer zuständigen Revierförster vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten (AELF). Das Amt bezuschusste den Waldumbau dann auch.

Mit Zaun geschützt und gut gepflegt, wuchsen die gut 700 Jungbäumchen proper heran – bis vor zwei Jahren: Da hatten auf ein Mal rund 300 Stück eine ringsum aufgeschlitzte Rinde, schildert Heinrich Prücklmeier. Ihm als Jäger war schnell klar: Ein Fegeschaden durch einen Rehbock war das nicht, „bei so vielen Bäumen, und alle so gleichmäßig aufgeschlitzt“. Die betroffenen Bäumchen gingen alle kaputt.

Ersatz war schon mal nötig

Schon damals war der Staubinger sauer, behielt seinen Ärger aber für sich. Und auch die Kosten. Nicht zuletzt aufgrund der staatlichen Förderung musste er die kaputten Bäume allesamt ersetzen.
Wieder wuchs der Waldstreifen heran – bis eben heuer Anfang Juni: Da leuchteten eines unschönen Tages rund 100 Bäumchen – Ahorne, Eichen, Douglasien – bräunlich-rot aus der eingezäunten Schonung hervor.

Der jetzige AELF-Revierförster Simon Windl, den die Prücklmeiers verständigt haben, schließt natürliche Ursachen aus: Frostschäden gab es heuer praktisch nirgendwo; und es gebe auch keine Pflanzenkrankheit, die unterschiedlichste Nadel- und Laubbaum-Arten gleichermaßen befällt, mitsamt den Brombeeren und Himbeeren im Unterwuchs, erklärt Windl. Ein Agrarexperte, der die Fläche auch besichtigte, tippte sofort auf ein Pflanzenschutzmittel. Was den Prücklmeiers beinahe noch zusätzliche Scherereien verursacht hätte.

Denn in staatlich geförderten Anpflanzungen ist die Verwendung von Pestiziden grundsätzlich verboten, erklärt AELF-Forstbereichsleiter Peter Enders. Weil aber im Staubinger Fall nicht Waldbesitzer Prücklmeier verantwortlich ist, ist zumindest die Rückforderung des Zuschusses vom Tisch.

Reicht ja schon, dass, wie es ausschaut, die meisten der gespritzten Bäume eingehen werden. Also wieder neue Pflanzen kaufen und sie einpflanzen, wieder mehrere Jahre lang um die jungen Bäumchen herum ausmähen, den Wildschutzzaun zusätzliche Jahre stehen lassen, zählt Florian Prücklmeier auf. Da läppern sich viel Arbeit und etliche Kosten zusammen; Peter Enders schätzt den Gesamtschaden auf mehrere Tausend Euro.

Anzeige bei der Polizei

Auch deshalb lassen die Prücklmeiers das neuerliche Baum-Attentat nicht auf sich beruhen: Sie haben mittlerweile Anzeige bei der Kelheimer Polizei erstattet. Außerdem will Peter Enders chemisch analysieren lassen, welches Herbizid zum Einsatz kam. Und vielleicht, hoffen die Betroffenen, haben ja Wanderer oder Radler den oder die Täter zufällig beobachtet – die Waldfläche ist vom nahegelegenen Donau-Radweg aus gut einsehbar. Die Spritzaktion auf der dicht bewachsenen Fläche dürfte nämlich schon geraume Zeit in Anspruch genommen haben, schätzen die Prücklmeiers.

Sie machen sich natürlich Gedanken, wer hinter den zwei Attacken stecken könnte. Aber ohne konkrete Beweise halte man sich mit Verdächtigungen zurück, bekräftigen die beiden.

Peter Enders muss weit zurückblicken, um eine vergleichbare Tat zu finden: „Vor 30 Jahren gab’s mal so einen ähnlichen Fall.“ Selbst im Münchner Landwirtschaftsministerium weiß man laut Simon Windl nur von einem weiteren derartigen Vorfall. Heinrich Prücklmeier kann über die Vorgehensweise nur den Kopf schütteln: „Wenn jemand was gegen mich hat, soll er’s mir direkt sagen. Was können denn die Pflanzen dafür?!“