Riedenburg
Ihre Bilder überwinden Barrieren

Vier Frauen aus der Ukraine und aus Riedenburg gestalten eine Ausstellung im Dolina-Gewölbe

30.11.2022 | Stand 18.09.2023, 22:35 Uhr |

Vier Frauen aus der Ukraine und aus Riedenburg, die viele gemeinsame künstlerische, ethische und kulturelle Werte teilen: Lena Feodorenko (von links), Eva Stauber, Inna Savenko und Karin Dachs. Foto: Erl

Riedenburg – Kunst ist eine Art der Kommunikation, die selbst Ländergrenzen und sprachliche Barrieren überwindet. Das haben Eva Stauber und Karin Dachs mit den beiden Ukrainerinnen Inna Savenko und Lina Fedorenko im Selbstversuch erleben dürfen. Mit einer gemeinsamen Ausstellung am 3. und 4. Dezember im ehemaligen Dolina-Gewölbe in der Kelheimer Straße in Riedenburg wollen die vier Künstlerinnen auch andere Menschen an diesem inspirierenden Miteinander teilhaben lassen.

Etwa 50 Werke warten im beheizten Gewölbekeller auf die Besucher. „Wir haben bewusst die Nähe zum Christkindlmarkt gewählt, denn da können die Leute die Ausstellung zu Fuß erreichen und vielleicht finden manche hier noch ein kunstvolles Weihnachtsgeschenk“, lautet die Überlegung von Karin Dachs, der Kulturbeauftragten des Stadtrats.

Mit dem von ihr gegründeten Verein Heart and Art hatte sich Eva Stauber gegenüber dem Goethe-Institut in Kooperation mit der Organisation Artists at Risk bereiterklärt, zwei Künstlerinnen aus dem Kriegsland in Riedenburg aufzunehmen. „Mit diesen beiden Frauen, die uns vermittelt wurden, bestand von Beginn an eine sowohl menschliche als auch künstlerische Seelenverwandtschaft“, berichtet Eva Stauber von dem Projekt, das seit Mitte September praktisch umgesetzt wird.

Die gemeinsame Kommunikationsbasis sei zwar Englisch, aber „manchmal rede ich auf Deutsch weiter und die beiden Frauen auf Ukrainisch und wir wissen am Ende doch, was der andere sagen wollte“, erzählt die aus Riedenburg stammende Lehrerin für Deutsch und mit Magisterabschluss für Kunstgeschichte an der Staatlichen Realschule. Ihre Bilder entstehen als Mix aus verschiedenen Pigmenten auf transparentem Papier und wirken als hinterleuchtete Bild-Licht-Installation beinahe räumlich.

Karin Dachs hat als Kulturbeauftragte mit den vielen Kontakten zu Künstlern wieder zu ihrer eigenen Liebe zur Malerei gefunden. Sie sucht ihre Themen vorzugsweise in der Natur und bringt sie über die Fototechnik mit in ihre Bilder ein.

Die 35-jährige Inna Savenko kommt aus Mykolajiw im Süden der Ukraine. Nachdem im März immer mehr russische Raketen in der Stadt explodierten und öffentliche Gebäude ebenso wie Privathäuser zerstört wurden, zog sie mit ihren Eltern ins Landesinnere. Kurz vor dem russischen Überfall hatte sie noch ihr eigenes Künstlerstudio aufgebaut, musste alles aber zurücklassen. „Ich wollte dort nicht warten, bis sich etwas zum Besseren verändert und einen Ort finden, wo ich als Künstlerin wieder arbeiten kann“, sagt sie im Gespräch mit unserer Zeitung.

Drei Tage lang war Inna Savenko mit dem Zug unterwegs, bis sie am 25. September in Deutschland ankam. Drei Jahre darf sie vorerst bleiben, in dieser Zeit möchte sie Online-Kunstkurse in ukrainischer Sprache geben. Mit ihren Eltern telefoniert sie zwar täglich, aber wegen der Zerstörungen nach den russischen Angriffen auf die zivile Infrastruktur ist momentan kein Kontakt in die Heimat möglich.

Die 49-jährige Lena Feodorenko pendelt zwischen Deutschland und ihrer Heimatstadt Kiew immer wieder hin und her. Der 29-jährige Sohn der Witwe arbeitet zwar in der Hauptstadt als Architekt, darf die Ukraine aber nicht verlassen. Ihre 19-jährige Tochter war schon vor dem Krieg als Austauschstudentin in Frankfurt, wo jetzt auch der 17-jährige jüngere Sohn lebt. Das künstlerische Talent von Lena Feodorenko war bereits als Kind offensichtlich und so besuchte sie eine Kunstschule. Mit 18 Jahren wechselte sie auf die Kunstakademie, studierte zudem Architektur und arbeitete 20 Jahre als Architektin. „Ich war immer begeistert, dass Gott die Welt so schön gemacht hat. Diese Welt ist eine geniale Idee Gottes, die in sich perfekt funktioniert. Das möchte ich in den Bildern zum Ausdruck bringen“, beschreibt sie ihre künstlerische Triebfeder.

Nach Kriegsbeginn waren alle Aufträge für Architekten gestoppt worden und so konzentriert sie sich wieder auf die Kunst. „Ich bin den Menschen hier so dankbar, dass ich hier sein und wieder als Künstlerin arbeiten darf“, sagt sie und glaubt, dass etwas Schönes auch etwas bewegen kann. Über den Krieg in ihrer Heimat hat sie sich eigene Gedanken gemacht. „Das ist auch ein Krieg der Generationen. Dort die alten Männer, die ihre vergangene Macht behalten wollen und hier eine jüngere Generation, die nach vorne schaut“, erläutert sie.

Für alle vier Frauen führt das Beisammensein zur wunderbaren Erkenntnis, dass sie trotz der geographischen und sprachlichen Unterschiede enorm viele gemeinsame künstlerische, ethische und kulturelle Werte besitzen. Die Ausstellung wird mit einer Vernissage am Freitag, 2. Dezember, um 17 Uhr eröffnet und steht am Samstag und Sonntag von jeweils 10 Uhr bis 20 Uhr für die Besucher offen.

erv



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