Darauf haben sich die Riedenburger gefreut: Die Dachsanierung des Alten Rathauses ist abgeschlossen und das Gebäude dominiert in altem Glanz den Marktplatz.
Rechtzeitig zum Beginn der Tourismussaison war das Gerüst verschwunden. „Was mich besonders freut, ist, dass das komplette Gerüst so schnell entfernt wurde und nicht, wie zunächst angedacht, nur die dem Marktplatz zugewandte Seite“, sagte Bürgermeister Thomas Zehetbauer (CWG) bei einem Ortstermin mit dem Architektenduo Heinrich Berr und Franz Schindlbeck.
Der Dank an die Damen des Frauenbundes, die den Osterbrunnen liebevoll mit Buchskrone und hunderten Eiern geschmückt haben, ist ihm an dieser Stelle ein besonderes Anliegen, wie er sagt. Der gebürtige Riedenburger Heinrich Berr hält den Riedenburger Osterbrunnen für einen der schönsten in der ganzen Region und mit Blick auf die Fassade des Alten Rathauses sagt er: „Gut, dass die Stadt sich in Sachen Farbgebung durchgesetzt und den Vorschlag des Denkmalamtes abgelehnt hat, sonst hätten wir jetzt eine Grau-Grün-Kombination.“
Dem Alten Rathaus aufs Dach gestiegen
Der warme Terracotta-Ton sei ein vertrauter Anblick, wenngleich wohl nicht die ganz ursprüngliche Fassung. „Aber wichtig ist, dass die Bürger sich mit ihrem Denkmal identifizieren,“ weiß Berr aus Erfahrung. In den zurückliegenden Monaten sind er und sein Team dem Alten Rathaus aufs Dach gestiegen und haben dabei auch ein paar skurrile Entdeckungen gemacht. „Wir haben die Decke zwischen Dachboden und dem darunter liegenden Obergeschoss vernünftig gedämmt und dafür eine Menge Dreck aus dem Fehlboden entfernt. Dabei kam eine mumifizierte Katze ans Tageslicht. „Nicht die erste, die wir bei der Sanierung eines Denkmals gefunden haben,“ meint Berr und erinnert sich an eine Katzenmumie in einem Kelheimer Pfarrhof. Nicht ausgeschlossen, dass es sich bei dem Fund um einen Fall des aus dem Mittelalter überlieferten Brauchs der „Hexenkatze“ handelt und die Tiermumie eine Art Bauopfer war, die den Neubau vor Hexen und anderem Ungemach schützen sollte. „Jedenfalls haben wir den gruseligen Fund gleich entsorgt,“ sagte Berr.
Ein irdener Topf und zwei alte Schuhe indes, stehen noch immer auf einem der handgehauenen Balken des Dachstuhls und wirken wie ein Stillleben aus längst vergangener Zeit. In einem der Schuhe steckt ein tönerner Fuß. Sollte die Katzenmumie ein Abwehrzauber gewesen sein, hat sie ihre Aufgabe über die Jahrhunderte erfolgreich erfüllt, denn mehrfach drohte dem Bauwerk die Spitzhacke. Doch weder der Österreichische Erbfolgekrieg um Schlesien samt österreichischer Besatzung und Plünderungen und Brandschatzungen Riedenburgs durch die Panduren, noch die beiden Weltkriege, konnten dem Rathaus der Riedenburger etwas anhaben.
Argument eklatanter Verkehrsbehinderungen am Marktplatz
Weit gefährlicher wurden ihm die eigenen Bürger, die den Verwaltungsbau, in dem auch Handwerkerläden, die Freibank und die Poststation untergebracht waren, zu verschiedenen Zeiten gerne abgebrochen hätten. So beispielsweise nach dem Umzug des Postamts in die Bahnhofstraße im Jahr 1930. Damals beschloss der Marktrat, das Rathaus aus verkehrstechnischen Gründen dem Abbruch zu unterstellen. Max Halbritters Häuserchronik „Alte Häuser in Riedenburg“ berichtet von der Reaktion des Landesamts für Denkmalpflege, welches das Vorhaben unverblümt als „Schildbürgerstreich“ bezeichnete und auf den architektonischen und städtebaulichen Wert des Bauwerkes hinwies.
Den letzten Vorstoß in Richtung Abriss unternahmen die Riedenburger im Jahr 1962 – wieder mit dem Argument eklatanter Verkehrsbehinderungen am Marktplatz. „Damals hatten Langholzfuhrwerke, die zur Säge nach Hexenagger unterwegs waren, alle Mühe, die Kurve zu kriegen. Die Anwohner entfernten die Blumenkästen von den Fassaden und dann wurde rangiert. Der Abriss des Alten Rathauses hätte für die Fuhrleute sicher seinen Reiz gehabt und ein Anwohner hätte nur zu gerne Parkplätze auf dem Standort gesehen. Doch das Landesamt für Denkmalpflege blieb bei seiner kategorischen Ablehnung und sicherte mit einem Zuschuss für die Renovierung und Rückversetzung in den ursprünglichen Zustand die Zukunft des „ehrwürdigen Hauses“, das heute mit der Tourist Info, dem Polizeibüro und dem historischen Trausaal im Obergeschoss als Schmuckstück den Marktplatz dominiert.
Alle Blecharbeiten erneuert
Berr geht davon aus, dass das die erste grundlegende Sanierung des rund 300 Jahre alten Daches war. Am Turm wurden dabei alle Blecharbeiten erneuert. „Wir haben auch den Kaiserstiel auf Standfestigkeit überprüft“, berichtet der Architekt. Die Turmspitze ziert eine neue Kugel und auch die Turmuhr wurde überarbeitet und zeigt den Riedenburgern mit aufgefrischten Zifferblättern und neu vergoldeten Zeigern, was die Stunde geschlagen hat.
Rund 50 Prozent der Dachstuhlhölzer seien beschädigt gewesen, berichtete Berr. Man habe erhalten, was möglich gewesen sei und an morschen Stellen neue Balkenstücke eingefügt. Eine Hinterlüftung wird in Zukunft dafür sorgen, dass die Balken im Bereich der Fußpfettenauflager nicht mehr durchfeuchtet bleiben und morsch werden können. Vor allem aber wurde die ursprüngliche Legschiefer-Eindeckung aus dem Jahr 1731 abgenommen und durch neue Legschieferplatten ersetzt. Auf den instandgesetzten Dachstuhlhölzern lastet ein Gewicht von 60 Tonnen Legschiefer,das akkurat verlegt in mehreren Schichten auf der 250 Quadratmeter großen Dachfläche ruht. Bei entsprechender Wartung wird das Dach mindestens 80 bis 100 Jahre halten, prognostiziert der Fachmann, der den Handwerkern Respekt für ihre qualitätvolle Arbeit zollt.
DK
Artikel kommentieren