Kelheim
Beethovens „Elise“mit bunten Haaren am Karibikstrand

Die Klazz Brothers &Cuba Percussion stecken klassische Werke in moderne Gewänder

24.05.2022 | Stand 22.09.2023, 22:57 Uhr

Ludwig van Beethovens fünfte Sinfonie tranchierten die Klazz Brothers mit Querflöte, Congas, Bongos und Klavier und gaben so feurige Würze darüber. Foto: Erl

Von Lorenz Erl

Kelheim – Da hätte wohl auch Ludwig van Beethoven als Altmeister der Klassik und Musikrevolutionär seiner Zeit nicht still sitzen können, wenn er die Klazz Brothers & Cuba Percussion am Samstagabend im Festsaal des Weißen Brauhauses in Kelheim erlebt hätte. Manche von seinen weltbekannten Werken sind da mit einem neuen und zeitgemäßen Kleid bedacht worden.

Dreimal musste das von Christoph Lickleder organisierte Konzert zu Beethovens 250. Geburtstag verschoben werden. Der vierte Anlauf gipfelte nun in einen fulminant packenden Musikabend. „Es wird ein heißer Abend“, versprach der Kontrabassist Kilian Forster und zog – ebenso wie seine Kollegen – erst mal das Jackett aus. Er hatte an diesem schwül heißen Abend nicht zu viel versprochen. Gleich in ihrer ersten Interpretation der Pathétique-Sonate Beethovens zauberten sie einen Cocktail aus Percussion, rhythmischem Klatschen und wirbelnden Congas samt unterschwellig eingestreuten Klavierakkorden. Die fünf Musiker schüttelten den Cocktail mit atemberaubender Geschicklichkeit und wurden mit spontanem Zwischenapplaus dafür belohnt.

Erst nach diesem Appetithappen schlich sich der ganz in Schwarz gekleidete Saxophonist Volker Holly Schlott mit sanften Tönen und jazzig-gelassen auf die Bühne. Der Tastenmann und Arrangeur am Flügel, Bruno Böhmer Camecho, zeichnete seine Töne nach, bis Schlott mit fetzigen Skalierungen das Tempo anzog und damit Beethovens Kompositionen eine Zündschnur unter die Noten legte. „Wir wollen nachvollziehen, wie der damalige Freigeist die Musik des nächsten Jahrtausends aufgemacht hat“, erläuterte Forster zu den freien Interpretationen und manchmal verrückten Klängen.

Das Klavierstück „Für Elise“ war ein Paradebeispiel dafür. Wenn Beethoven seine Elise noch im luftigen und adretten Sommerkleid zeichnete, war die Dame bei den Klazz Brothers erwachsen geworden. Ihre Elise kam im schrillen Outfit samt knallbunten Haaren und lockerem Hüftschwung an einem Karibikstrand hervor, so wie sie die Musiker mit viel Freiraum in ihren Tönen zeichneten. Auch Beethovens musikalischen Geniestreich „Ta-Ta-Ta-Taaa“ aus seiner fünften Sinfonie tranchierten sie mit Querflöte, Congas, Bongos und Klavier, gaben feurige Würze darüber und bereiteten sie wie einen pikanten Grillspieß über heißen Kohlen zu.

Das Publikum war begeistert, hingerissen und sparte nicht mit Applaus. „Dieser Musikabend ist gigantisch. Die Musiker verbreiten mit ihrer Rhythmik eine wahnsinnige Stimmung. Toll, dass endlich wieder Live-Konzerte stattfinden können und ich habe mir das so erhofft, mal wieder so einen Abend zu erleben“, zeigte sich Birgit Rott aus Langquaid in der Pause fasziniert.

Die fünf Musiker und der Saxophonist Schlott hielten sich aber nicht nur mit Beethoven auf. Sein Kollege Wolfgang Amadeus Mozart und selbst Jazzkomponist George Gershwin erlebten mit unheimlich präzisem und grandios aufeinander abgestimmtem Sound herrliche und mitreißende Neuinterpretationen. Ganz in der Tradition des Jazz durften Elio Rodriguez Luis mit den Congas, Tim Hahn am Schlagzeug und Alexis Herrera Estevez an den Bongas mit farbenprächtigen Soli brillieren. Ein besonderer Ohrenschmaus war „In A Sentimental Mood“ von Duke Ellington, das Schlott auf einem seltenen C-Saxophon in relaxt-sonorem Klang samt modulierten Saitenklängen aus dem Bass von Kilina Forster zum dahinschmelzen schön spielte.

Nach einem zum karibischen Marsch umtitulierten Marsch Alla Turca von Mozart in schwindeliger Resonanz gespielt und über die Klaviertasten vorangepeitscht hielt es die Zuhörer spätestens nach der Zugabe nicht mehr auf den Sitzen. Mit stehenden Ovationen und minutenlangem Applaus wurden die Klazz Brothers und Volker Holly Schlott schließlich von der Bühne verabschiedet.

Christoph Lickleder zeigte sich als Initiator der Festreihe „Kelheim feiert Beethoven“ am Ende des mit 300 Besuchern fast ausverkauften Abends erleichtert. „Wir sind ein sparsamer Verein, wir kommen dank unserer Sponsoren finanziell gut hin“, berichtete der Chef der Musikvereinigung und Ehrenbürger der Stadt. Die persönliche Freude an solchen Konzerten war ihm anzusehen. Zwei Konzerte stehen heuer noch auf dem Programm des Vereins.

DK