Kösching
Pauli Bekehr, halb Winter hin, halb Winter her

Kunstvolle Darstellungen des heiligen Paulus erinnern in Kösching an den Apostel der Völker

29.01.2023 | Stand 17.09.2023, 4:35 Uhr
Friedrich Lenhardt

Diese Figur des Apostels Paulus ist am Hochaltar der Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt. Im Bauernjahr galt sein Fest der Bekehrung (26. Januar) als ein Lostag. Foto: Lenhardt

Der Ammerbauer Max Mayer schrieb in seinen Erinnerungen an das Bauernjahr seiner Jugend zum Januar: „Am 25. Januar hatte der Bauer in seine Scheune zu schaun, ob seine Vorräte über den Winter reichten. Er sollte etwa noch die Hälfte seiner Wintervorräte zur Fütterung in der Scheune haben. War der Vorrat schon weit geschrumpft, wurde es nun Zeit zum Dazukaufen.“ Dazu überlieferte er den passenden Spruch: „Pauli Bekehr, halb Winter hin, halb Winter her.“

Auch für das offizielle Rechnungsjahr war in alter Zeit Pauli Bekehr ein Lostag, wozu 1722 Pfarrer Kerschl in seinen „göttlichen Dienstpflichten“ erinnerte, übersetzt: „Das Fest Pauli Bekehrung. Es ist ein Fest der lokalen Frömmigkeit und nicht von der Kirche vorgeschrieben, so wird hier weder am Vortag, noch am Folgetag eine Vesper gehalten. Am Festtag selbst ist um 6 Uhr die erste Messe und um 8 Uhr ein Amt ohne Predigt. Im Übrigen muss man das beachten, was man zum Fest des hl. Vitus und des hl. Ulrich vermerkt findet. Nach dem Essen, so gegen 1 Uhr, geht der Pfarrer auf einfache Art zum bürgerlichen Rathaus und kümmert sich um die Bezahlung des Mesners und des Lehrers wozu vorher 2 Räte des Äußeren Rates gerufen wurden.“

Schullehrer war auch Organist – Bezahlung für beides

Pfarrer Kerschl gab damit einen Hinweis auf die Zwitterstellung des Schullehrers und seiner Honorierung fürs Kirchenamt als Organist und Chorregent, später sogar als Mesner. Solches wurde weiter kompliziert, als dem Lehrer seine Naturalbezüge aus Nutzung von Gemeindedienstgründen, Holzbezug und Wohnung im Schulhaus als Gehaltseinkünfte angeschlagen wurden. Auf der anderen Seite wurde ihm als Mesner für das Läuten der Glocken, die im Gemeindebesitz waren, und später für das Aufziehen der ebenfalls gemeindlichen Turmuhr eine magistratische Ergänzungszahlung gewährt. Solches wurde offenbar zu Pauli Bekehr buchhalterisch notiert. Im Jahr 1870 wurden schließlich Schul- und Mesneramt offiziell getrennt. Allerdings wurde der Lehrer nach Fähigkeit und eigener Liebhaberei bis weit ins vergangene Jahrhundert hinein in musikalischen Kirchendiensten gerne dauerhaft sonntags oder auch punktuell für besondere Anlässe eingesetzt. Eine Darstellung der dramatischen Bekehrung des Paulus kurz vor Damaskus gibt es in Kösching nicht.

Drei kunstvolle Darstellung des Apostel Paulus in Kösching

Sehr wohl ist der Apostel der Völker und Missionar Kleinasiens und Europas als Einzelfigur mehrfach zu finden. Paulus steht seit 1720 neben dem andern Kirchenfürsten Petrus Ehrenwache für ihre „Regina coeli“ am Hochaltar der Pfarrkirche. Beide sind machtvolle, riesenhafte Arbeiten der Machalky-Werkstatt. Von eigener Hand des Meisters ist die Figur des Paulus auf der Kanzel, sensibel bis in die Finger- und Bartspitzen hinein geschnitzt. Sie kam 1722 auf der Donau nach Mehring und von dort nach Kösching. Es dauerte allerdings fünf Jahre, bis sie Ihre prachtvolle Fassung bekam, und Kösching ein Spitzenwerk des Barock.

Ein dritter Paulus, eine handwerklich gute Arbeit des 15. Jahrhunderts, steht im Peterskirchlein. Mit einem brüderlichen Andreas gehörte er zu einem gotischen Retabelaltar, dessen Entstehung in die Zeit um 1420 zu setzen ist.

Köschinger Veste als Herzogssitz

Damals war die Köschinger Veste vorübergehend der Regierungssitz des Herzogtums Bayern-Ingolstadt, solange in Ingolstadt am neuen Schloss gebaut wurde. Dazu war eine Vergrößerung der Schlosskapelle, des heutigen Peterskirchleins, nötig. Sie bekam den neuen Altar, das daneben in die Wand eingelassene Sakramentshaus und die Deckenausmalung des Chorraums mit den vier Evangelistensymbolen um das Lamm Gottes herum. Heute assistieren Paulus und Andreas am Hochaltar Petrus dem Papst, der von der Cathedra Petri herab seine Untertanen segnet.

1825 hat die Welt von Pauli Bekehrung Besitz ergriffen und damit die Dienstpflichten der Pfarrers verringert: „An des Hl. Paul Bekehrung Tag wird dermal nichts von einer Andacht in der Kirche gehalten.“