Eichstätt
Ökumenische Gedanken zum Sonntag: Von Brüchigkeit und Ewigkeit

18.06.2022 | Stand 22.09.2023, 22:10 Uhr

Der Burgsteinfelsen bei Dollnstein mit dem Gipfelkreuz: Sinnbild für die Brüchigkeit der Welt, aber auch für die unerschütterliche Treue Gottes. Foto: Schuler

Ein unerschütterliches Urgestein, die alte Dame! Mit 90 Jahren nach wie vor robust, freundlich, großzügig, gütig, offen und hilfsbereit gegenüber jedem Menschen. Das muss einem gegeben sein, von Gott, denke ich. Soviel Gnade, die sich in diesem langen Leben immer wieder gezeigt hat. Obwohl Kindheit und Jugend vom Terror des Nationalsozialismus und vom Zweiten Weltkrieg geprägt waren.
All das spiegelt sich in ihrem Konfirmationsspruch: „Es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen, aber meine Gnade soll nicht von dir weichen, und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen, spricht der HERR, dein Erbarmer.“ (Jesaja 54,10) Dieser Vers ist ihr mitten im 2. Weltkrieg zugesprochen worden. In einer Zeit, die von Hass, Gewalt, Zerstörung verunstaltet war, von Menschen verschuldet. Der Konfirmationsspruch entwirft ein deutliches Gegenbild: eine Vision von Gnade, Frieden, Erbarmen, die Gott uns schenken will, wenn wir auf sein Wort hören.
Damals wie heute spricht viel Wahrheit aus diesem Spruch: Es kann viel passieren in einem Menschenleben, was man nie erwartet hätte. Helles und Schönes, aber auch Dunkles und Schwieriges. Über Nacht können eherne Grundsätze, ja ganze Weltordnungen, die man jahrzentelang für „felsenfest“ und „unverrückbar“ gehalten hatte, zu bröckeln beginnen. Wie brüchig gewordene Felsen brechen sie ab, rutschen weg und zeigen uns: Nichts, was wir auf dieser Erde sehen, nicht mal Berge und Hügel sind für die Ewigkeit! Damals wie heute.
Aber das Wohl und Wehe unseres Lebens soll immer wieder um-fangen und auf-gefangen und erfüllt sein von der unaufkündbaren Gnade Gottes, von seiner Treue und Barmherzigkeit, von seinem Erbarmen, von seinem tiefen Frieden, der niemals „hinfallen“ und „weichen“ soll. So verkündet der Prophet Jesaja bereits im 6. Jahrhundert vor Christus, in katastrophalen Zeiten! Den Israeliten hat das damals sehr geholfen, neuen Trost gegeben; und Gott hat ihr Schicksal tatsächlich zum Guten gewendet. Nur darum ist dieser Spruch bis heute überliefert.

„Es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen, aber meine Gnade soll nicht von dir weichen, und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen, spricht der HERR, dein Erbarmer.“ Diese Verheißung gilt auch uns Christen, wann immer wir das Wort Gottes hören. Gott bleibt seinem „Bund“ treu, den er uns in der Taufe gegeben hat, kann man vom Neuen Testament her ergänzen. Auch wenn sonst alles hinfällt und bricht: Gott ist der unerschütterliche Grund, der bestehen bleibt. In Ewigkeit.

Pfarrer Martin Schuler,
evangelisch-lutherische
Kirchengemeinde Eichstätt