Eichstätt
„Nur die Liebe zählt“

Schwester Karoline berichtete in der Pfarrei Heilige Familie von ihrer Arbeit in Chile, Bolivien und Peru

28.06.2022 | Stand 22.09.2023, 21:47 Uhr

Schwester Karoline erzählt von ihrer Arbeit. Foto: Luff

Von Robert Luff

Eichstätt – Sie strahlt immer noch ungebrochenen Optimismus und eine ungeheure Vitalität aus – trotz ihrer 79 Jahre. Mehr als 50 davon hat Schwester Karoline in Santiago de Chile verbracht, bei den Ärmsten am Rande der Gesellschaft, in illegalen Wohnvierteln auf Müllhalden und in den von ihr gegründeten Häusern des Sozial- und Bildungswerks „Cristo Vive“.

Am Montagabend hat die gebürtige Pietenfelderin das bis auf den letzten Platz gefüllte Pfarrheim Heilige Familie in Eichstätt besucht und gab einen wortgewaltigen Einblick in ihr Leben und in ihren Dienst am Menschen. Dabei kam es auch zum freudigen Wiedersehen mit Verwandten und Freunden sowie Praktikantinnen und Praktikanten, die in Lateinamerika Erfahrungen bei „Cristo Vive“ sammeln konnten.

Pfarrgemeinderätin Agnes Breitenhuber begrüßte die vielfach ausgezeichnete, aber stets bescheiden gebliebene Missionsschwester und stellte ihr die vorbereiteten Fragen, auf die Schwester Karoline bereitwillig und begeistert antwortete – wie immer voller Energie und Tatendrang, kaum einen Augenblick sitzend, immer dem Publikum zugewandt. Das Faszinierende an Menschen wie Schwester Karoline ist ihr Charisma und der Funke der Begeisterung, der sofort überspringt, wenn sie von ihren „Diensten“ erzählt.

Dabei kam sie zunächst auf ihre Berufung als Missionsschwester zu sprechen, die sie bereits mit 14 Jahren tief in ihrem Inneren spürte, denn Gott rief sie zu den Armen und nicht etwa nach St. Walburg, wie ihr Vater vorschlug. Ihr Internats- und anschließender Ordenseintritt führten sie aber nicht wie gewünscht nach Indien, sondern nach Lateinamerika, wo sie noch während der Schiffspassage Spanischunterricht von drei Jesuitenpatern erhielt. Ihr Studium als Universitätskrankenschwester in Santiago fand zunächst im Reichenviertel statt, doch bald schon zog es sie in die Elendsquartiere, wo die Menschen unter unwürdigen Bedingungen lebten und dringend medizinische und soziale Betreuung benötigten.

Systematisch baute Schwester Karoline mit Gleichgesinnten und ohne finanzielle Unterstützung durch den Orden, aus dem sie bald austrat, ihre Dienste in den Elendsquartieren von Santiago auf: zunächst die Suppenküche, dann die Kindergärten, in denen die Kinder nicht nur betreut werden sollten, sondern auch erzogen und beschult.

Immer lernte sie durch „wunderbare Fügungen“ Kindergärtnerinnen und Lehrer kennen, die ihr beim Aufbau ihrer Dienste halfen, die heute noch in den Häusern der „Fundación Cristo Vive“ in Chile, Bolivien und Peru betrieben werden. Zu ihnen gehören auch Ausbildungsstätten für Jugendliche, ein Frauenhaus in Peru, Drogenzentren, ein Behindertenhaus und die ambulante und stationäre Betreuung von Obdachlosen in Chile, unter denen sich mehrheitlich Frauen befinden.

Schwester Karoline betonte die nach wie vor vorhandene Nähe der meisten Priester und Bischöfe zum einfachen Volk. Einige Bischöfe bekannten sich sogar im sogenannten Katakomben-Papier, dessen Wortlaut Karoline als Kopie austeilte, zu einem einfachen Leben ohne Besitz und abseits der Mächtigen.

Freilich erlebt die Kirche auch in Chile gerade eine Krise, weil sich immer weniger Menschen mit ihr identifizieren. Schwester Karoline betonte am Ende, dass eine Erneuerung der Kirche stattfinden muss: „Wir brauchen verheiratete Priester und Frauen im Kirchendienst.“

EK