„Mit großer stilistischer Bandbreite“
Musikfest Eichstätt am Wochenende – Gespräch mit Christine Vogel und Joachim Kraus

09.05.2023 | Stand 16.09.2023, 22:29 Uhr
Andreas Resch

Wie immer wird die ehemalige Barockkirche Notre Dame beim Musikfest bespielt. Im Interview sprechen Dramaturgin Christine Vogel und Vereinsvorsitzender Joachim Kraus über Programm und Intention des Festivals. Fotos: Sahlmen, Chloupek, Widera

Das Musikfest Eichstätt, das am zweiten Maiwochenende stattfindet, feiert heuer sein zehnjähriges Bestehen. Veranstaltet vom Verein Alte Musik Eichstätt, lädt es Musikbegeisterte aus nah und fern ins idyllische Altmühltal ein.

Die Dramaturgin Christine Vogel und der Vorsitzende des Vereins, Joachim Kraus, haben mit uns über das Programm und die Besonderheiten des Musikfests gesprochen.

Frau Vogel, welches Instrument oder welche Musikrichtung wird in diesem Jahr beim Musikfest besonders hervorgehoben und aus welchem Grund?
Christine Vogel: Dieses Jahr steht das Musikfest Eichstätt im Zeichen des Consortspiels. Als Consort bezeichnet man ein Ensemble aus meist drei bis sechs gleichartigen Instrumenten verschiedener Größe und Stimmlage, das Musik des 16. und 17. Jahrhunderts interpretiert. Beim Musikfest erklingen unter anderem ein Gambenconsort, ein selten zu hörendes Traversflötenconsort und ein extrem selten zu erlebendes Lautenconsort. Da liegt es nahe, dieses Motto aufzugreifen und unser Publikum mit der Schönheit und dem Frieden, die dieser Musik innewohnen, vertraut zu machen und zu inspirieren.

Nach welchen Kriterien haben Sie das Programm für das Musikfest zusammengestellt und wie sind Sie dabei vorgegangen?
Vogel: Für das Musikfest konnten wir wieder zahlreiche renommierte Alte-Musik-Gruppierungen aus dem In- und Ausland gewinnen. Die Programme wurden passend zu den historischen Spielstätten ausgewählt und bieten mit ihrer großen stilistischen Bandbreite viel Raum für exquisite Klangerlebnisse und neue Lieblingsstücke.

Herr Kraus, wie wichtig ist es, dass das Musikfest Familien mit Kindern anspricht, und wie wird dies in diesem Jahr umgesetzt?
Joachim Kraus: Wie auch in den vergangenen Jahren ist es uns sehr wichtig, ein junges Publikum und eben auch Familien mit Kindern anzusprechen. Eine Gelegenheit, in zwangloser Atmosphäre und inmitten der Natur die Musik zu erleben, ist das Hofgartenkonzert am Samstagnachmittag, bei dem selbstverständlich auch Familien mit Kindern eingeladen sind. Am Sonntagnachmittag findet traditionell das Familienkonzert statt. Unter dem Titel „Verspielt?!“ werden der Schauspieler und Perkussionist Tobias Dutschke und die Geigerin Emmanuelle Bernard mit Regeln, Konventionen und Erwartungen spielen.

Am 13. Mai findet ja das Turmblasen statt. Da denkt man sofort an das Horn von Gondor aus Herr der Ringe. Was hat es mit dieser außergewöhnlichen Tradition auf sich?
Kraus: Das Turmblasen entstand aus der mittelalterlichen Tradition der musikalischen Signale, die vom Stadttürmer geblasen worden. Vor allem in Handelsstädten entwickelte sich die Turmmusik mit Bläsergruppen zur Hochblüte und gab dem städtischen Selbstbewusstsein Ausdruck. Dieser Brauch wurde im 19. und 20. Jahrhundert vielerorts, so auch in Eichstätt, wiederbelebt. Beim Musikfest bietet sich die reizvolle Gelegenheit, historische Instrumente in diesem Rahmen zu hören.
Kurz vor Beginn des Festivals stellt sich dann doch die Frage: Welche Veranstaltung oder welches Programm würden Sie beide denn als Ihr persönliches Highlight oder Ihren Geheimtipp bezeichnen?
Kraus: Als Geheimtipp würde ich das Eröffnungskonzert mit dem Lautenensemble, einer nur selten zu hörenden Besetzung, empfehlen. Ein Höhepunkt wird sicher auch das Abschlusskonzert mit festlicher venezianischer Musik in reicher Instrumentation sein. In der Klosterkirche Rebdorf werden wir das belgische Ensemble Vox Luminis und die Lautten Compagney Berlin unter der Leitung von Johannes Weiß erleben dürfen.
Vogel: Die Gelegenheit, ein Lautenconsort zu erleben, bekommt man wohl so schnell nicht wieder. Die vier Musikerinnen des Casulana Lute Consorts präsentieren im Eröffnungskonzert zahlreiche Kombinationen verschiedener Lauteninstrumente und werden sogar einige Stücke mit Gesang bereichern – definitiv der Geheimtipp dieses Festivals. Ein weiteres Highlight wird der „Kampf der Giganten“ mit den faszinierend tiefen Frequenzen eines Großbasspommers und eines Großbassviolones, die dennoch mit fulminanter Virtuosität agieren. Bei der Fülle an Highlights, die das Programm bereithält, fällt es schwer, bei der Aufzählung einen Punkt zu setzen.

EK