Armut, Gewalt und Lepra
Manfred Göbel berichtet in Rundbrief an die Brasilienhilfe über soziale Projekte und die Sorgen im Alltag

03.01.2024 | Stand 03.01.2024, 5:00 Uhr

Dem Einsatz von Pater Nazareno ist es zu verdanken, dass die Urwaldstadt Jauru befriedet wurde. Fotos: Göbel

Der Eichstätter Manfred Göbel (70) lebt seit über 40 Jahren in Brasilien. 1979 war er als Entwicklungshelfer in das südamerikanische Land gereist, um Leprakranke zu unterstützen. Mittlerweile gibt es zahlreiche soziale Projekte, die er betreut. Hilfe bekommt er vom Verein „Brasilienhilfe Manfred Göbel“, den Freunde aus Rebdorfer Realschulzeiten gegründet hatten. In einem Weihnachtsbrief schildert Göbel seinen Alltag in Brasilien. Der Rundbrief aus Cuiaba:

Liebe Freunde!

Mutter Teresa ist ein großes Vorbild für meine Arbeit in Brasilien. Sie hat ihr Leben in den Dienst der Armen, der am Rande lebenden Menschen vor allem auch der Leprakranken gestellt. Trotz der vielen Probleme, Leiden und Sorgen hatte sie die Hoffnung nicht aufgegeben. Ihr Lächeln tröstete viele Menschen. Als einmal zwei reiche Männer sie beim Verbinden eines Leprakranken begleiteten, wurde ihnen übel. Sie meinten, nicht für eine Million Dollar würden sie das tun. Mutter Teresa antwortete ihnen, dass sie das auch nicht tun würde, denn sie macht es aus Liebe. Wahre Liebe, die ihre Kraft im Glauben und Gebet holt, kann Wunden heilen und Frieden stiften. Unsere Welt braucht diese Liebe so notwendig.

Wir befinden uns wieder in der Vorweihnachtszeit. Bei uns ist Frühling und wir gehen in den Sommer. Eine große Hitzewelle peinigt uns die letzten Wochen mit Temperaturen von 40°C bis 49°C. Es ist sehr trocken, hat kaum geregnet in den letzten Monaten. Die Bauern klagen über schlechte Ernten, vor allem Sojabohnen. Mais konnte kaum angebaut werden.

Das Naturschutzgebiet Pantanal brennt, mehr als 20 Prozent hat das Feuer schon zerstört. Freunde in Manaus berichten von einer extremen Trockenheit mit vielen Bränden. Die Flüsse sind teilweise ausgetrocknet. In Südbrasilien toben heftige Unwetter mit schweren Überschwemmungen und Zerstörungen.

Die sozialen Probleme in Brasilien haben sich nicht verändert. Brasilien ist weiterhin eines der Länder mit der größten ungerechten Verteilung des Reichtums. Armut, mangelhafte Trinkwasser- und Abwasserversorgung, Gewalt, Kriminalität und schlechte Gesundheitsversorgung sind für viele der Alltag. Krankheiten wie Lepra und Tuberkulose sind weiterhin ein öffentliches Gesundheitsproblem. Sorge macht die zunehmende Kriminalität.

Zwei große Drogenbanden kontrollieren viele Städte und sind verantwortlich für Gewalt, Drogen und Prostitution. Meine Tochter arbeitet als Leiterin für Marketing in einer Brauerei in Cuiaba, die in einem ärmeren Stadtteil liegt, der von einer Drogenbande kontrolliert wird. Die Bande droht dem Brauereibesitzer alle Angestellten umzulegen, sollte er nicht ein monatliches Schutzgeld von etwa 300000 Euro zahlen. Die Brauerei zahlt das Schutzgeld nicht und hat die Sicherheitskräfte verdoppelt und die Polizei informiert.

Von Mitte April bis Anfang Juni konnte ich wieder nach fünf Jahren meine Heimat besuchen. Der Vorsitzende des Freundeskreises „Brasilienhilfe Manfred Göbel“, Franz-Josef Beringer, organisierte eine Reihe von Vorträgen, Presseterminen, Besuchen von Spendern und Freunden. Ein Klassentreffen der ehemaligen Schulkollegen der Realschule Rebdorf fand statt, wo zugleich das 25- jährige Bestehen des Freundeskreises „Manfred Göbel“ gefeiert wurde. Es ging wieder quer durch Deutschland. Mehr als 42 Vorträge in Schulen, Vereinen, Pfarreien, an der Universität Eichstätt, im Lepramuseum in Münster sowie Pressetermine mit Kirchenzeitung, EICHSTÄTTER KURIER und Katholischem Rundfunk. Viele Besuche bei Spendern und Freunden. Leider war es nicht möglich, alle zu besuchen. Doch das werde ich beim nächsten Besuch, voraussichtlich im Mai 2025, nachholen.

Ein besonderes Ereignis war der Spendenlauf des Scheiner- Gymnasiums in Ingolstadt zu Gunsten unserer Kinderprojekte im Mato Grosso. Seit 15 Jahren unterstützt das Gymnasium unser Kinderprojekt Acamis. Mehr als 600 Schüler nahmen mit großer Begeisterung am Lauf teil – obwohl dichte Wolken Regen ankündigten.

Eine große Überraschung war eine E-Mail, die wir vom Direktor von Sternstunden aus München erhielten. Er sah an einem Sonntag über Mediathek des BR den Film Lebenslinien von mir – „Der verlorene Vater“. Dieser Film hat ihn so beeindruckt, dass er uns die Unterstützung von Sternstunden anbot. Ein Antrag wird von uns vorbereitet.

Vielen Dank für eure Unterstützung, die es möglich machte vielen Menschen Hoffnung und Freude zu geben. Und ich wünsche euch ein frohes, gesegnetes Weihnachten und ein Gutes Neues Jahr.

Euer Manfred Göbel

Cuiaba, Dezember 2023